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Gustav nicht nach unserem Gusto

01.09.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Trotz Hurrikan Gustav notiert der WTI-Ölpreis am Morgen wenig verändert bei 117 USD je Barrel. Gustav dürfte im Laufe des heutigen Tages auf die Küste von Louisiana treffen. Mittlerweile sind 96% der Ölförderung und 82% der Gasförderung im Golf von Mexiko geschlossen. Umso überraschender ist, dass der Ölpreis von den Sorgen um mögliche Produktionsunterbrechungen nicht stärker profitieren konnte. Dies deutet auf eine weiterhin schlechte Stimmung am Ölmarkt hin, obgleich die Netto-Long-Positionen der Großanleger an der NYMEX in der vergangenen Woche um 8,5 Tsd. auf rund 20,2 Tsd. Kontrakte vor allem wegen Eindeckungen von Leerverkäufen gestiegen sind.

Eine weitere Erklärung könnte sein, dass sich Hurrikan Gustav auf Kategorie 3 abgeschwächt hat und damit nicht ganz so kräftig zu werden scheint, wie zunächst befürchtet. Dazu notiert der US-Dollar nach einem überraschend starken Chicago Einkaufsmanagerindex knapp ein Prozent fester als am Freitag, was den Ölpreisanstieg bremst. Der Effekt des Hurrikans auf den Ölpreis ist jedoch schwer einzuschätzen, weil nicht nur die Förderung von Rohöl und Erdgas, sondern auch die Raffinerienkapazitäten bedroht sind. Nach Raffinerieschließungen sind mittlerweile bereits 15% der gesamten US-Kapazitäten außer Betrieb.

Zur Erinnerung: Auch Hurrikan Katrina hatte sich Ende August auf Kategorie 3 abgeschwächt, als er die Küste von Louisiana erreichte und danach war die Verarbeitung teilweise noch stärker betroffen als die Produktion. Daraufhin sind die Ölpreise gefallen, weil das zur Verfügung stehende Ölangebot nicht verarbeitet werden konnte, während die Benzinpreise im August-September 2005 um 30% angezogen sind. Noch haben die Preise für Ölprodukte kaum reagiert. Wir rechnen jedoch damit, dass falls die Raffinerien signifikant beschädigt werden, die Preise für Benzin, Diesel und Flugbenzin stärker zulegen als der Ölpreis, zumal auch die Belieferung der Raffinerien mit Rohöl aufgrund der Schließung von Schifffahrtswegen derzeit beeinträchtigt ist. Auch sollte der Gaspreis in den kommenden Tagen durchaus stärker zulegen.

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Heute findet der EU-Sondergipfel über den Konflikt zwischen Russland und Georgien statt. Am Freitag waren Gerüchte aufgekommen, Russland könnte im Falle von Sanktionen die Öllieferungen nach Europa kürzen. Auch wenn diese Gerüchte von russischer Seite umgehend dementiert wurden, kann abhängig vom Ausgang des Gipfels eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu Russland nicht ausgeschlossen werden, was sich unterstützend auf den Ölpreis auswirken sollte.


Edelmetalle

Gold kann sich angesichts des festeren US-Dollar recht gut behaupten und handelt weiterhin oberhalb von 830 USD je Feinunze. Aufgrund eines Feiertages in den USA sollte der Handel heute in erster Linie auf die Entwicklungen beim US-Dollar und Öl reagieren. Die Goldproduktion in Australien, dem weltweit drittgrößten Goldproduzenten, fiel im zweiten Quartal um 13% gegenüber dem Vorjahr. Eine stagnierende Produktion gepaart mit einer anziehenden Nachfrage dürfte den Goldpreisanstieg mittel- bis langfristig unterstützen. Auch spricht der nachlassende Optimismus der Marktteilnehmer für ein kurzfristiges Preispotenzial. Die Netto-Long-Positionen der Großanleger an der COMEX sanken in der Vorwoche auf 105,279 Kontrakte, den niedrigsten Stand seit einem Jahr.


Industriemetalle

Der August war mit Ausnahme von Nickel kein guter Monat für Industriemetalle: die stärksten Verluste erlitt Blei mit einem Minus von 10,5%, aber auch Aluminium und Zink gaben rund 9% ab. Kupfer verlor bedingt durch stark steigende LME-Lagerbestände - sie stiegen mittlerweile auf ein Sechs-Monatshoch - per saldo knapp 7%. Die jüngsten Daten der International Copper Study Group (ICSG) weisen für Mai noch ein Marktdefizit von 21 Tsd. Tonnen aus. Insgesamt übertraf die Nachfrage in den ersten fünf Monaten das Angebot um 155 Tsd. Tonnen. Damit war das Defizit aber trotz gefallener Minenproduktion spürbar niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (-238 Tsd. Tonnen). Wir halten an unserer Einschätzung fest, dass eine sich abzeichnende starke Ausweitung der Minenproduktion und eine gleichzeitige Nachfrageabschwächung zu einer Verbesserung der Marktbilanz führen und die Kupferpreise unter Druck setzen werden.

Hurrikan Gustav könnte auch seine Spuren am Zinkmarkt hinterlassen, denn knapp 40% der LME-Lagerbestände liegen in New Orleans. Nach Hurrikan Katrina war die Hälfte der dortigen Lagerbestände für Monate unzugänglich. Auch wenn die Lagerstätten heute wohl besser geschützt sind als noch vor drei Jahren, könnten die Auswirkungen größer sein: denn aktuell sind die LME-Lagerbestände für Zink 70% geringer als im September 2005.

Im Südwesten Chinas gab es am Wochenende erneut ein Erdbeben; mit einer Stärke von 6,1 laut der Nachrichtenagentur Xinhua waren die Ausmaße spürbar geringer als im Mai.


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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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