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Rohöl: Ausstiegsoperation Short?

03.09.2008  |  Ronald Gehrt
- Seite 2 -
Rein charttechnisch läge das nächste Kursziel, sofern diese Zone um 110 Dollar nicht sofort zurückerobert wird, im Bereich 98-101 Dollar im Brent-Öl. Nach Tagestiefs von (Stand 14 Uhr) 104,25 Dollar fehlt dazu nicht mehr viel. Aber das sollte das Ende dieses kapitalen Kurseinbruchs sein, sofern nicht neue, wirklich bearishe Aspekte hinzukommen! Bislang sehen wir folgendes:

Der Hurrikan Gustav scheint keine wirklich wichtigen Ölförderanlagen, Raffinerien, Pipelines und Verladestationen beschädigt zu haben. Wir stehen also von den Rahmenbedingungen her dort, wo wir ca. von zehn Tagen standen, als "Gustav" noch kein Thema war ... zumindest vorausgesetzt, dass die nun herannahenden Hurrikans "Hannah" und "Ike" ebenso glimpflich ablaufen werden. Hannah wird bereits am Freitag an der US-Kurse erwartet, der genaue Zeitpunkt ist ebenso wie der Ort, wo der Hurrikan auf Land trifft, aber noch nicht berechenbar, da bei der momentanen Entfernung von gut fast 1.000 Meilen jede kleine, jederzeit mögliche Richtungsänderung eine große Auswirkung haben kann.

Die Hurrikansaison reicht bis Ende Oktober. Und zugleich beginnt die Heizsaison mit wieder steigender Nachfrage, weshalb September und Oktober oft Monate mit steigenden Ölpreisen gewesen sind. Dem steht eine sinkende Gesamtnachfrage gegenüber, die mit Blick auf die weiterhin problematische Konjunkturlage weltweit auch noch deutlicher ausfallen kann. Aber nicht so extrem, dass wir auf einmal wieder Ölpreise unter 80 Dollar als "normal" erwarten dürfen. 150 waren Quatsch und reine Spekulation. Kurse unter 80 wären es aber auch. Denn auch, wenn es in Asien nun nicht mehr so rapide vorangeht wie vor einem Jahr, so wird die Nachfrage dort dennoch zumindest so steigen, dass sie einen Gutteil des schwindenden Verbrauchs in USA und Europa auffangen kann.

Warum aber dieser heutige Einbruch der Kurse? Das Argument, dass nun diejenigen aussteigen, die im Vorfeld des Hurrikans "Gustav" auf eine Rallye gesetzt hatten und nun, da nichts passiert war, wieder aussteigen, ist schwer nachvollziehbar, wenn die Ölpreise vorher zwischen 111 und 116 pendelten. Es wäre logischer gewesen, wenn die Kurse vorher von 111 auf 125 gestiegen und nun wieder auf 111 zurück gefallen wären. Sind sie aber nicht. Das kann man aber dennoch erklären, und zwar mit folgendem Szenario:


Operation Short-Ausstieg

Während Akteure in der Vorwoche auf eine Ölpreis-Rallye setzten und massiv Long gingen, war der Druck derer, die dem abwärts weisenden Momentum folgend immer weiter stur Short gingen, immer noch hoch. Dadurch haben diese spekulativen "Hurrikan-Käufe" den Kurs zwar in der Abwärtsbewegung gestoppt, aber nicht nennenswert anheben können, weil eben dieser Gegendruck noch da war. Jetzt will, nachdem "Gustav" über die Bühne ist und "Hannah" und "Ike" noch ewig weit entfernt (72 Stunden sind für die Futures-Zocker durchaus eine Ewigkeit), keiner ausgerechnet jetzt Long gehen ... die enttäuschten Trader mit ihren „Hurrikan-Long-Positionen“ aber unbedingt aussteigen. Aber: Niemand fängt jetzt diese Verkäufe auf ... der Kurs fällt unter den 200 Tage-Durchschnitt ... Stop-Loss-Verkäufe werden ausgelöst ... Daytrader springen auf der Short-Seite auf ... und da stehen wir nun. Aber:

Wie es weitergeht, ist damit noch nicht geklärt. Natürlich ist dieses beschriebene Szenario nur kurzfristiger Natur. Und auch, wenn dadurch eine mittelfristig wichtige Chartmarke verletzt wurde - es bleibt sogar dann ein bislang nur kurzfristig relevantes Bild, wenn der erste Schritt anders verlaufen ist als oben als Möglichkeit beschrieben. Und zwar dann, wenn dieser Bruch der Zone um 110 Dollar ganz bewusst durch eine Short-Attacke vollzogen wurde, um eben diese Verwundbarkeit der Bullen nach den ausgebliebenen Problemen durch Hurrikan "Gustav" auszunutzen. Welche der beiden Möglichkeiten zutrifft, ist momentan nicht einzuschätzen, denn an den Trades hängt kein Zettel, wer da Short ging und warum. Und Kurseinbrüche von drei Dollar binnen zwei, drei Minuten können ebenso gut ein bewusster Short-Angriff, Stop-Loss-Verkäufe oder beides zusammen gewesen sein.

Im Augenblick aber vermute ich eher, dass diese 110er-Marke im Öl ganz gezielt "plattgemacht" wurde. Vor zwei Wochen hatte ich in meinem Artikel "Gold, Öl und Euro vor der Wende" im Absatz "Trendbrüche als gezieltes Ausstiegmittel" ja beschrieben, was hinter solchen Aktionen steckt ... und dass wir damit jederzeit rechnen müssen. Hinweise darauf liefert momentan der "Rest" der Sektoren. Seit dem letzten Tief der Aktienmärkte läuft bei den großen Adressen mit spekulativem Hintergrund (Hedge Funds aber auch andere) die Nummer "Aktien rauf, Rohstoffe runter", also das genaue Gegenteil dessen, was vorher gespielt wurde. Dabei war dieser große Richtungswechsel nur möglich, weil durch gezielte Propaganda der große Aktiencrash einerseits und Öl bei 200, Gold bei 1.500 Dollar andererseits in die Köpfe der Anleger zementiert wurden. Das führte dazu, dass diese großen Adressen ihre Aktien-Short- und Rohstoff-Long-Positionen zu Höchstkursen an die normalen Anleger loswurden, die diesen Sprüchen glauben schenkten. Und, wenn man ehrlich ist: Fällt es nicht auch sehr leicht, an Öl unter 80 Dollar zu glauben, nachdem es gerade binnen 24 Stunden 11 Dollar nach unten ging und mittelfristig wichtige Unterstützungen gerade gebrochen wurden?

Oh ja, sogar sehr leicht! Und genau deswegen vermute ich, dass dies eine absolut bewusst provozierte Situation ist, um die Shortpositionen der großen Adressen in fallende Kurse hinein einzudecken und somit zu ermöglichen, die Gewinne dieser Shortpositionen mit maximalem Gewinn an andere weiterzugeben und sogar Long-Positionen aufzubauen. Beides, ohne dadurch die Kurse zu früh selbst nach oben zu ziehen. Überlegen Sie mal: Wir waren gerade an einer wichtigen Chartmarke in einer Bodenbildung. Ein Richtungswechsel von Short auf Long, ja selbst nennenswerte Eindeckungen, wären da in derart riesigen Futures-Positionen, wie sie diese großen Adressen halten, nicht möglich gewesen. Jetzt schon. Schau an.


Achtung: Euro/Dollar

Vergessen wir nicht, das wir dieses Spielchen nicht nur auf der Hausse-Seite im Juli schon mal gesehen haben. Denken Sie an den Silber-Crash vor drei Wochen. Genau das selbe Spiel! Über Nacht wurde in Asien - weil da die Umsätze im Future kleiner sind und es so billiger kommt - die markante, von vielen als Stop-Loss gesetzte 14 Dollar-Marke pulverisiert.





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