Fannie und Freddie retten den Tag
08.09.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis eröffnet die neue Handelswoche zwei US-Dollar fester bei 108 USD je Barrel. Hurrikan Ike dürfte den Golf von Mexiko den Prognosen der US-Behörden zufolge morgen erreichen und dabei Hurrikanstärke 4 aufweisen und damit mindestens so stark werden wie Gustav. Die USA fördern im Golf von Mexiko täglich 1,3 Mio. Barrel Rohöl und 7,4 Mrd. Kubikfuß Erdgas, was 25% bzw. 15% der gesamten Produktion entspricht. Die Ölgesellschaften haben erneut damit begonnen, Arbeiter von den Plattformen zu evakuieren bzw. die Wiederinbetriebnahme der Einrichtungen gestoppt. Derzeit sind nach Angaben der US-Behörden 80% der Öl- und 70% der Gasförderung im Golf von Mexiko geschlossen.
Ein anderer Aspekt, welcher die Preise beflügelt, ist die vorübergehende Übernahme der US-Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac durch den Staat. Dadurch geriet zum einen der US-Dollar unter Druck, weil die immensen Kosten der Staatshilfen für Fannie und Freddie von bis zu 100 Mrd. USD den US-Staatshaushalt weiter belasten werden. Außerdem keimen damit wieder Hoffnungen auf, dass mit Hilfe der Rettungsmaßnahmen die Finanzmarktkrise schneller überwunden werden kann und die Konjunktur bald wieder an Dynamik gewinnt.
Ein weiterer Faktor, welcher die Ölpreise derzeit stützt, ist die morgige OPEC-Sitzung. Es wird erwartet, dass sich die OPEC auf eine Rückführung der Überproduktion von derzeit knapp 800 Tsd. Barrel pro Tag verständigt, die Produktionsquoten jedoch unverändert belässt. Angesichts der geschilderten Einflussfaktoren und eines nach wie vor extremen Pessimismus überwiegen beim Ölpreis kurzfristig die Aufwärtsrisiken, so dass ein Anstieg über 110 USD wahrscheinlich ist. Die Netto-Long-Positionen der spekulativen Anleger an der NYMEX sind in der Woche zum 2. September um 6 Tsd. auf 14.331 Kontrakte gesunken, nachdem Hurrikan Gustav weniger Schaden für die Ölförderung angerichtet hat als zunächst befürchtet.
Völlig untergetaucht in den Medien ist eine offensichtliche grundsätzliche Veränderung der Haltung von Aserbaidschan bzgl. der künftigen Nabucco-Gas-Pipeline. Die Pipeline, die Russland umgehen sollte und deren Bau für das Jahr 2010 geplant war, sollte künftig einen wichtigen Beitrag zur europäischen Energieversorgungssicherheit leisten und Erdgas aus der kaspischen Region nach Europa transportieren. Medienberichten zufolge schaffte es US-Vizepräsident Cheney während seines Besuchs in Baku letzte Woche nicht, die Unterstützung des aserbaidschanischen Präsidenten Aliev für die Pipeline zu gewinnen. Dies führen wir vor allem auf den jüngsten Konflikt im benachbarten Georgien zurück.
Edelmetalle
Die US-Regierung hat am Wochenende die Kontrolle über die beiden großen US-Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac übernommen. Das US-Finanzministerium kauft für 5 Mrd. USD hypothekenbesicherte Anleihen beider Häuser und dehnt die Kreditlinie für beide Institute bis Ende nächsten Jahres aus. Dafür erhält es vorrangige Vorzugsaktien im Wert von jeweils 1 Mrd USD mit der Option, bei Bedarf bis zu 100 Mrd. USD dieser Aktien zu erwerben. In einer ersten Reaktion sind die Aktienbörsen in Asien und Europa kräftig gestiegen. Somit gibt es für Gold zwei entgegengesetzt wirkende Faktoren. Der schwächere US-Dollar, welcher Gold unterstützt und die steigenden Aktienmärkte, welche Gold belasten. Diese beiden Faktoren dürften dafür sorgen, dass Gold vorerst in einer engen Spanne um den aktuellen Kurs von 810 USD je Feinunze verharrt.
Mittelfristiges Aufwärtspotenzial ergibt sich nicht nur aufgrund der robusten Nachfrage aus Indien und dem Nahen Osten, sondern auch aufgrund des nachlassenden Optimismus der spekulativen Marktteilnehmer. Die Netto-Long-Positionen auf Gold an der COMEX sind in der Woche zum 2. September um 12 Tsd auf 93.191 Kontrakte gesunken, den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr.
Industriemetalle
Die Industriemetalle dürften ebenfalls von der angekündigten staatlichen Rettungsmassnahmen profitieren, weil steigende Aktienmärkte in erster Linie wichtige Konjunkturindikatoren sind. Der Anstieg der US-Arbeitslosenquote auf ein 5-Jahreshoch gibt hier jedoch ebenso wenig Anlass für Optimismus wie die Konjunkturdaten aus der Eurozone. So fiel die Industrieproduktion in Deutschland erstmals seit fünf Jahren im Vorjahresvergleich. Die zuletzt stark steigenden LME-Lagerbestände deuten ebenfalls auf eine Überproduktion hin.
Insbesondere bei Kupfer, zu dem wie weiterhin skeptisch gestimmt sind, haben die Lagerbestände zuletzt massiv angezogen. Allein am Freitag wurde ein Anstieg von um knapp 19 Tsd. Tonnen bzw. 10% auf den höchsten Stand seit Januar gemeldet. Daraufhin fiel der Kupferpreis um knapp 5% unter 6900 USD je Tonne, wobei wir mittelfristig mit einer Fortsetzung der Korrektur bei Kupfer rechnen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis eröffnet die neue Handelswoche zwei US-Dollar fester bei 108 USD je Barrel. Hurrikan Ike dürfte den Golf von Mexiko den Prognosen der US-Behörden zufolge morgen erreichen und dabei Hurrikanstärke 4 aufweisen und damit mindestens so stark werden wie Gustav. Die USA fördern im Golf von Mexiko täglich 1,3 Mio. Barrel Rohöl und 7,4 Mrd. Kubikfuß Erdgas, was 25% bzw. 15% der gesamten Produktion entspricht. Die Ölgesellschaften haben erneut damit begonnen, Arbeiter von den Plattformen zu evakuieren bzw. die Wiederinbetriebnahme der Einrichtungen gestoppt. Derzeit sind nach Angaben der US-Behörden 80% der Öl- und 70% der Gasförderung im Golf von Mexiko geschlossen.
Ein anderer Aspekt, welcher die Preise beflügelt, ist die vorübergehende Übernahme der US-Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac durch den Staat. Dadurch geriet zum einen der US-Dollar unter Druck, weil die immensen Kosten der Staatshilfen für Fannie und Freddie von bis zu 100 Mrd. USD den US-Staatshaushalt weiter belasten werden. Außerdem keimen damit wieder Hoffnungen auf, dass mit Hilfe der Rettungsmaßnahmen die Finanzmarktkrise schneller überwunden werden kann und die Konjunktur bald wieder an Dynamik gewinnt.
Ein weiterer Faktor, welcher die Ölpreise derzeit stützt, ist die morgige OPEC-Sitzung. Es wird erwartet, dass sich die OPEC auf eine Rückführung der Überproduktion von derzeit knapp 800 Tsd. Barrel pro Tag verständigt, die Produktionsquoten jedoch unverändert belässt. Angesichts der geschilderten Einflussfaktoren und eines nach wie vor extremen Pessimismus überwiegen beim Ölpreis kurzfristig die Aufwärtsrisiken, so dass ein Anstieg über 110 USD wahrscheinlich ist. Die Netto-Long-Positionen der spekulativen Anleger an der NYMEX sind in der Woche zum 2. September um 6 Tsd. auf 14.331 Kontrakte gesunken, nachdem Hurrikan Gustav weniger Schaden für die Ölförderung angerichtet hat als zunächst befürchtet.
Völlig untergetaucht in den Medien ist eine offensichtliche grundsätzliche Veränderung der Haltung von Aserbaidschan bzgl. der künftigen Nabucco-Gas-Pipeline. Die Pipeline, die Russland umgehen sollte und deren Bau für das Jahr 2010 geplant war, sollte künftig einen wichtigen Beitrag zur europäischen Energieversorgungssicherheit leisten und Erdgas aus der kaspischen Region nach Europa transportieren. Medienberichten zufolge schaffte es US-Vizepräsident Cheney während seines Besuchs in Baku letzte Woche nicht, die Unterstützung des aserbaidschanischen Präsidenten Aliev für die Pipeline zu gewinnen. Dies führen wir vor allem auf den jüngsten Konflikt im benachbarten Georgien zurück.
Edelmetalle
Die US-Regierung hat am Wochenende die Kontrolle über die beiden großen US-Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac übernommen. Das US-Finanzministerium kauft für 5 Mrd. USD hypothekenbesicherte Anleihen beider Häuser und dehnt die Kreditlinie für beide Institute bis Ende nächsten Jahres aus. Dafür erhält es vorrangige Vorzugsaktien im Wert von jeweils 1 Mrd USD mit der Option, bei Bedarf bis zu 100 Mrd. USD dieser Aktien zu erwerben. In einer ersten Reaktion sind die Aktienbörsen in Asien und Europa kräftig gestiegen. Somit gibt es für Gold zwei entgegengesetzt wirkende Faktoren. Der schwächere US-Dollar, welcher Gold unterstützt und die steigenden Aktienmärkte, welche Gold belasten. Diese beiden Faktoren dürften dafür sorgen, dass Gold vorerst in einer engen Spanne um den aktuellen Kurs von 810 USD je Feinunze verharrt.
Mittelfristiges Aufwärtspotenzial ergibt sich nicht nur aufgrund der robusten Nachfrage aus Indien und dem Nahen Osten, sondern auch aufgrund des nachlassenden Optimismus der spekulativen Marktteilnehmer. Die Netto-Long-Positionen auf Gold an der COMEX sind in der Woche zum 2. September um 12 Tsd auf 93.191 Kontrakte gesunken, den niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr.
Industriemetalle
Die Industriemetalle dürften ebenfalls von der angekündigten staatlichen Rettungsmassnahmen profitieren, weil steigende Aktienmärkte in erster Linie wichtige Konjunkturindikatoren sind. Der Anstieg der US-Arbeitslosenquote auf ein 5-Jahreshoch gibt hier jedoch ebenso wenig Anlass für Optimismus wie die Konjunkturdaten aus der Eurozone. So fiel die Industrieproduktion in Deutschland erstmals seit fünf Jahren im Vorjahresvergleich. Die zuletzt stark steigenden LME-Lagerbestände deuten ebenfalls auf eine Überproduktion hin.
Insbesondere bei Kupfer, zu dem wie weiterhin skeptisch gestimmt sind, haben die Lagerbestände zuletzt massiv angezogen. Allein am Freitag wurde ein Anstieg von um knapp 19 Tsd. Tonnen bzw. 10% auf den höchsten Stand seit Januar gemeldet. Daraufhin fiel der Kupferpreis um knapp 5% unter 6900 USD je Tonne, wobei wir mittelfristig mit einer Fortsetzung der Korrektur bei Kupfer rechnen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.