Das Wochenende verspricht Spannung
12.09.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis kann sich dank Hurrikan Ike weiter knapp über der Marke von 100 USD je Barrel halten. Da der Hauptbelastungsfaktor, der US-Dollar, seinen Höhenflug vorerst gestoppt hat, kann sich der Markt auf die anderen Faktoren konzentrieren. Und diese sorgen kurzfristig für Spannung. Ike wird morgen früh nahe der texanischen Großstadt Houston an Land gehen, wo sehr viele Raffinerien beheimatet sind. Das US-Energieministerium warnte vor Auswirkungen auf das Kraftstoffangebot. Derzeit haben bereits 11 Raffinerien den Betrieb eingestellt, womit eine Produktionsmenge von 2,8 Mio. Barrel pro Tag bzw. 16% der US-Kraftstoffproduktion ausfällt. Daraufhin haben die Benzinpreise zuletzt um über 6% angezogen, und wir gehen davon aus, dass diese weiter steigen, zumal die US-Lagerbestände relativ niedrig sind.
Russland will in Zukunft enger mit der OPEC kooperieren. Dies hätte langfristig erhebliche Auswirkungen auf den Ölpreis, weil die OPEC und Russland zusammen mehr als die Hälfte der täglichen Ölproduktion stellen. Das Interesse Russlands an einer engeren Kooperation mit der OPEC dürfte sich sowohl mit dem jüngsten Konflikt mit dem Westen als auch mit der zuletzt rückläufigen Ölproduktion erklären, weil ein deutlicher Rückgang der Ölpreise dadurch doppelt schmerzhaft ist, zumal derzeit ausländisches Kapital massiv aus Russland abgezogen wird. Insofern ist der Wunsch verständlich, eine stärkere Kontrolle über die Preise auszuüben. Dennoch halten wir eine solche Kooperation für recht unwahrscheinlich, weil sich die Zielsetzungen der möglichen Partner zu sehr unterscheiden.
Die OPEC setzt sich nicht das Ziel einer Preiskontrolle, sondern vielmehr des Gleichgewichts am Markt. So kündigte Saudi-Arabien jetzt an, dass man soviel wie nachgefragt produzieren wird und die Ölproduktion ohne eine schwächere Nachfrage nicht zurückführen wird. Damit verliert die angekündigte OPEC-Kürzung von Anfang der Woche deutlich an Schärfe. Die Spannungen bleiben dennoch erhalten: es wurde bekannt, dass die US-Regierung jetzt Schweden zur Ablehnung der Pläne für die Ostee-Pipeline bewegen will. Auch ein weiterer Unruhestifter, Venezuela, sorgt für Spannung. Gestern wies Venezuela den US-Botschafter aus, nachdem Bolivien das Gleiche einen Tag zuvor getan hat.
Edelmetalle
Gold notiert leicht erholt bei 755 USD je Feinunze, nachdem gestern 11-Monatstiefstände von 736 USD verzeichnet wurden.
Die Sorgen um die Stabilität des Finanzsystems halten an und sorgen für Unterstützung für die Edelmetalle. Die Aktien von Lehman Brothers fielen gestern um mehr als 40% und nachbörslich nochmals um 25%. Gerüchten zufolge laufen derzeit Gespräche mit dem US-Finanzminsterium und der US-Notenbank über einen kompletten Verkauf der Bank, welcher an diesem Wochenende abgewickelt werden soll. Lehman ist nach Bear Stearns, Fannie Mae und Freddie Mac bereits der vierte Beinahe-Kollaps eines großen Finanzinstituts innerhalb eines halben Jahres. Insgesamt sind bereits in diesem Jahr 11 US-Banken zusammengebrochen.
Platin und Palladium konnten nun wieder stark zulegen, nachdem die beiden Metalle seit Anfang September um über 20% fielen. Die Erholung dürfte aus unserer Sicht anhalten.
Industriemetalle
Gestern war ein eher guter Tag für die Industriemetalle und die leichte Erholung setzt sich heute morgen fort. Zwei Faktoren halfen Kupfer zurück über die Marke von 7000 USD je Tonne: zum einem wurde gemeldet, dass die Kupferproduktion Chinas im August um 3% gegenüber Vormonat gefallen ist. Zum anderen hat sich die Preisdifferenz zwischen Shanghai und London zuletzt so stark ausgeweitet, dass dies zu Arbitragekäufen an der LME geführt haben sollte.
Ausschlaggebend für die starken Preisaufschlag in Shanghai dürften die dort auf einen historischen Tiefstand gefallenen Lagerbestände sein, während die LME Lagerbestände den Hochpunkt des letzten zyklischen Lageraufbaus im Januar dieses Jahres bereits überschritten haben. Außerdem meldete Freeport-McMoRan eine Explosion auf der größten Mine der Welt, Grasberg in Indonesien. Zwar soll dabei nur die Straße beschädigt worden sein. Dennoch dürfte bei dem vorhandenen extremen Pessimismus am Markt auch eine solche Meldung zum kurzfristigen Anstieg beitragen. Wir erwarten, dass die Preise nach einem kurzen Intermezzo in den kommenden Monaten wieder unter 7000 USD fallen wird.
Das chinesische Research Büro meldete für August eine Ausweitung der Produktion von Aluminium im August um 4% im Vergleich zum Vormonat. Dies ist umso überraschender, weil nicht nur einige Schmelzen im Zuge der Olympischen Spiele geschlossen wurden, sondern sich auch die zwanzig größten Produzenten auf Produktionskürzungen um bis zu 10% im Juli geeinigt haben. Damit bleibt das Problem der Überproduktion kurzfristig bestehen, wobei wir mittelfristig weiterhin ein Ende der Produktionsausweitungen sehen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis kann sich dank Hurrikan Ike weiter knapp über der Marke von 100 USD je Barrel halten. Da der Hauptbelastungsfaktor, der US-Dollar, seinen Höhenflug vorerst gestoppt hat, kann sich der Markt auf die anderen Faktoren konzentrieren. Und diese sorgen kurzfristig für Spannung. Ike wird morgen früh nahe der texanischen Großstadt Houston an Land gehen, wo sehr viele Raffinerien beheimatet sind. Das US-Energieministerium warnte vor Auswirkungen auf das Kraftstoffangebot. Derzeit haben bereits 11 Raffinerien den Betrieb eingestellt, womit eine Produktionsmenge von 2,8 Mio. Barrel pro Tag bzw. 16% der US-Kraftstoffproduktion ausfällt. Daraufhin haben die Benzinpreise zuletzt um über 6% angezogen, und wir gehen davon aus, dass diese weiter steigen, zumal die US-Lagerbestände relativ niedrig sind.
Russland will in Zukunft enger mit der OPEC kooperieren. Dies hätte langfristig erhebliche Auswirkungen auf den Ölpreis, weil die OPEC und Russland zusammen mehr als die Hälfte der täglichen Ölproduktion stellen. Das Interesse Russlands an einer engeren Kooperation mit der OPEC dürfte sich sowohl mit dem jüngsten Konflikt mit dem Westen als auch mit der zuletzt rückläufigen Ölproduktion erklären, weil ein deutlicher Rückgang der Ölpreise dadurch doppelt schmerzhaft ist, zumal derzeit ausländisches Kapital massiv aus Russland abgezogen wird. Insofern ist der Wunsch verständlich, eine stärkere Kontrolle über die Preise auszuüben. Dennoch halten wir eine solche Kooperation für recht unwahrscheinlich, weil sich die Zielsetzungen der möglichen Partner zu sehr unterscheiden.
Die OPEC setzt sich nicht das Ziel einer Preiskontrolle, sondern vielmehr des Gleichgewichts am Markt. So kündigte Saudi-Arabien jetzt an, dass man soviel wie nachgefragt produzieren wird und die Ölproduktion ohne eine schwächere Nachfrage nicht zurückführen wird. Damit verliert die angekündigte OPEC-Kürzung von Anfang der Woche deutlich an Schärfe. Die Spannungen bleiben dennoch erhalten: es wurde bekannt, dass die US-Regierung jetzt Schweden zur Ablehnung der Pläne für die Ostee-Pipeline bewegen will. Auch ein weiterer Unruhestifter, Venezuela, sorgt für Spannung. Gestern wies Venezuela den US-Botschafter aus, nachdem Bolivien das Gleiche einen Tag zuvor getan hat.
Edelmetalle
Gold notiert leicht erholt bei 755 USD je Feinunze, nachdem gestern 11-Monatstiefstände von 736 USD verzeichnet wurden.
Die Sorgen um die Stabilität des Finanzsystems halten an und sorgen für Unterstützung für die Edelmetalle. Die Aktien von Lehman Brothers fielen gestern um mehr als 40% und nachbörslich nochmals um 25%. Gerüchten zufolge laufen derzeit Gespräche mit dem US-Finanzminsterium und der US-Notenbank über einen kompletten Verkauf der Bank, welcher an diesem Wochenende abgewickelt werden soll. Lehman ist nach Bear Stearns, Fannie Mae und Freddie Mac bereits der vierte Beinahe-Kollaps eines großen Finanzinstituts innerhalb eines halben Jahres. Insgesamt sind bereits in diesem Jahr 11 US-Banken zusammengebrochen.
Platin und Palladium konnten nun wieder stark zulegen, nachdem die beiden Metalle seit Anfang September um über 20% fielen. Die Erholung dürfte aus unserer Sicht anhalten.
Industriemetalle
Gestern war ein eher guter Tag für die Industriemetalle und die leichte Erholung setzt sich heute morgen fort. Zwei Faktoren halfen Kupfer zurück über die Marke von 7000 USD je Tonne: zum einem wurde gemeldet, dass die Kupferproduktion Chinas im August um 3% gegenüber Vormonat gefallen ist. Zum anderen hat sich die Preisdifferenz zwischen Shanghai und London zuletzt so stark ausgeweitet, dass dies zu Arbitragekäufen an der LME geführt haben sollte.
Ausschlaggebend für die starken Preisaufschlag in Shanghai dürften die dort auf einen historischen Tiefstand gefallenen Lagerbestände sein, während die LME Lagerbestände den Hochpunkt des letzten zyklischen Lageraufbaus im Januar dieses Jahres bereits überschritten haben. Außerdem meldete Freeport-McMoRan eine Explosion auf der größten Mine der Welt, Grasberg in Indonesien. Zwar soll dabei nur die Straße beschädigt worden sein. Dennoch dürfte bei dem vorhandenen extremen Pessimismus am Markt auch eine solche Meldung zum kurzfristigen Anstieg beitragen. Wir erwarten, dass die Preise nach einem kurzen Intermezzo in den kommenden Monaten wieder unter 7000 USD fallen wird.
Das chinesische Research Büro meldete für August eine Ausweitung der Produktion von Aluminium im August um 4% im Vergleich zum Vormonat. Dies ist umso überraschender, weil nicht nur einige Schmelzen im Zuge der Olympischen Spiele geschlossen wurden, sondern sich auch die zwanzig größten Produzenten auf Produktionskürzungen um bis zu 10% im Juli geeinigt haben. Damit bleibt das Problem der Überproduktion kurzfristig bestehen, wobei wir mittelfristig weiterhin ein Ende der Produktionsausweitungen sehen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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