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Sicherer Hafen gesucht!

16.09.2008  |  Eugen Weinberg
Nicht alles, was glänzt, ist Gold! Dies kann sowohl in direktem als auch in indirektem Sinn verstanden werden. Nicht nur Gold, das als Kapitalschutz angesehen wird und auch vor geopolitischen und Finanzmarktrisiken schützen sollte, sondern auch Agrarrohstoffe, Tropengüter und Fleisch & Vieh konnten sich gestern vom allgemeinen negativen Trend absetzen. Dies bestätigt unsere These, dass Rohstoffe keine homogene Anlageklasse sind und zeigt außerdem deutlich, dass sich Qualität auch in einem Bärenmarkt durchsetzen kann.

Agrarrohstoffe sind weniger anfällig für Konjunkturrisiken, weil der Nahrungsbedarf weitestgehend konjunkturunabhängig ist. Ein weitaus wichtigerer Sinn der Redewendung wird erst beim zweiten Blick auf die gestrigen Ereignisse klar. Die strukturierten Rohstoff-Produkte stellen kein Sondervermögen dar und sind nicht frei vom Bonitätsrisiko. So sind z.B. auch die populären Rohstoff-ETCs von ETF Securities, außer denen auf Edelmetalle und Energieträger, durch Terminmarktgeschäfte mit AIG abgesichert; ein Risiko, wie es die jüngsten Turbulenzen um den weltweit größten Versicherer AIG deutlich machen.


Energie

Der WTI-Ölpreis hat seine dramatische Talfahrt weiter fortgesetzt und bei 91,50 USD ein 78-Monatstief verzeichnet. Seit Jahresbeginn liegt der Ölpreis damit bereits 4% im Minus. Auch wenn eine Gegenbewegung mittlerweile überfällig ist, kann die Talfahrt durchaus noch weitergehen. Durch die Verschärfung der Bankenkrise in den USA haben die Befürchtungen vor einem weltweiten konjunkturellen Abschwung weiter zugenommen. Dies dürfte nicht nur eine niedrigere physische Nachfrage zur Folge haben, sondern auch ein geringeres Interesse seitens der Anleger.

Insofern könnten Marktteilnehmer bei Rohöl ihre Long-Positionen schliessen und gleichzeitig weitere Shortpositionen aufbauen. Auch wenn Hurrikan Ike die Ölinfrastruktur im Golf von Mexiko nur geringfügig beschädigt hat, kann es bis zu zwei Wochen dauern, bis der normale Betrieb auf den Ölplattformen und in den Raffinerien wieder hergestellt ist. Dies spielt derzeit aber ebenso keine Rolle wie die neue Eskalation der Gewalt im wichtigen Ölförderland Nigeria. China hat im August deutlich weniger Benzin und Diesel importiert als im Juli. Allerdings liegen die Einfuhren mit 382.151 Tonnen bei Benzin und 880.000 Tonnen bei Diesel immer noch vergleichsweise hoch. China bleibt damit ein stabilisierender Faktor auf der Nachfrageseite. Allerdings sollten die Impulse auch hier nachlassen. So fielen die Autoverkaufszahlen im August um 6,34% gegenüber dem Vorjahr, der erste Rückgang seit Anfang 2005. In den ersten sechs Monaten stiegen die Neuzulassungen noch um 17% im Vergleich zum Vorjahr.


Edelmetalle

Gold konnte gestern als einer der wenigen Rohstoffe dem Abverkauf bei Energieträgern und Industriemetallen trotzen. Jetzt zeigen sich wieder die Qualitäten von Gold als "sicherer Hafen". Die Situation ist in vielerlei Hinsicht mit der vor einem Jahr vergleichbar: auch damals hat Gold nicht sofort auf den Ausbruch der Kreditkrise reagiert, dafür aber in den darauf folgenden Monaten knapp 50% zugelegt. Auch ist die Marktkonstellation mit damals gut vergleichbar: so niedrig wie jetzt waren die Netto-Long Positionen der Marktteilnehmer an der COMEX nämlich auch zuletzt vor gut einem Jahr.

Im Juli ist die Goldproduktion in Südafrika um 16,4% im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Die Produktion der anderen Mineralien, zu denen auch Platinmetalle gehören, fiel um 12%. Im 2. Quartal ging die Goldproduktion laut der Minenkammer Südafrikas um 10% zurück, im 1. Quartal sogar um 17%. Die gegenwärtige Angebotsverknappung dürfte Gold unterstützen.


Industriemetalle

Ein schwarzer Tag für Industriemetalle: Kupfer fiel gestern um 2,7%, Blei um 4,6%, Nickel um 5,9% und Zink sogar um 6,6%. Heute geht der Abverkauf weiter, wobei in Shanghai Aluminium und Kupfer den größten erlaubten Tagesrückgang von 4% verzeichnet haben. Die Risiken einer sich stark abkühlenden Konjunktur weltweit sowie die Schliessungen riskanter Positionen bei LME-Metallen trugen zu diesem dramatischen Rückgang bei. Durch die Insolvenz von Lehman, das ein Partnermitglied der Kategorie 2 an der LME war und gestern vom elektronischen Handel an der LME und ICE suspendiert wurde, dürfte sich aktuell viele Rohstoff-Termingeschäfte in der Insolvenzmasse befinden.

Im August sind die Exporte Chinas für Stahlprodukte laut der Zollbehörde um 470,000 Tonnen bzw. 43% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Gleichzeitig sind die Importe von Stahlprodukten weiter zurückgegangen, sodass die Netto-Exporte im August erstmals über 6 Mio. Tonnen lagen. Noch haben die chinesischen Stahlhersteller nicht auf den Rückgang der Stahlpreise in China reagiert und die Produktion nicht gedrosselt. Dies bekräftigt unsere Meinung, dass sich nun auch die Preise in Europa und den USA begünstigt durch diese Produktionsausweitungen und eine starke Konjunkturabkühlung abschwächen werden.

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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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