Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Alles auf Gold!

18.09.2008  |  Eugen Weinberg
Als wir jüngst unsere Kurzstudie "Gold: vor einem Anstieg" veröffentlicht haben, haben wir nicht damit gerechnet, dass der Goldpreis nur zwei Tage später 15% bzw. 120 USD höher liegen wird. Der stärkste absolute Preisanstieg bei Gold und Silber seit 1980 bzw. 1979 ist ein deutliches Indiz dafür, dass die Anleger derzeit nach Sicherheit um jeden Preis suchen. Der älteste US-Geldmarktfonds, Reserve Primary Fund, musste nach der Abschreibung der Lehman-Papiere einen Verlust melden. Daraufhin haben die Anleger 60% der Anlagen von insgesamt rund 65$ Milliarden abgezogen, worauf die Zahlungen für eine Woche eingestellt wurden. Somit hat sich die Auswahl der sicheren Anlagen weiter eingeschränkt.


Energie

Der WTI-Ölpreis konnte seine Erholung fortsetzen und bis auf 98 USD je Barrel steigen. Die Sorge um die Konjunktur wird derzeit von zunehmenden Angebotsrisiken und einer Flucht in Sachwerte überlagert. Die Investoren entdecken wie bereits vor einem Jahr Rohöl als sicheren Hafen wieder, auch wenn die negativen Effekte auf der Nachfrageseite den Preisanstieg stark begrenzen sollten. Als preisunterstützend erwiesen sich gestern die Daten zu den US-Lagerbeständen. Die Rohöllagerbestände fielen in der vergangenen Woche um 6,3 Mio. Barrel und gingen damit stärker zurück als erwartet. Maßgeblich hierfür waren Produktionsausfälle aufgrund von Hurrikan Ike, welcher die Ölförderung im Golf von Mexiko über mehrere Tage vollständig lahmlegte. Die Rohöllagerbestände liegen damit 2,6% unter dem 5-Jahresdurchschnitt.

Die Benzinlagerbestände fielen um 3,3 Mio Barrel auf ein Rekordtief, die Lagerbestände bei den Destillaten fielen um 835 Tsd Barrel. Die US-Regierung erwägt daraufhin, bei der IEA um die Anzapfung der Notfallreserven für Benzin und Diesel nachzusuchen. Denn noch immer sind 96% der Ölproduktion im Golf von Mexiko und 17% der Raffineriekapazitäten an der Golfküste außer Betrieb.

MEND, die nigerianische Rebellenorganisation, hat unterdessen die Ausweitung der Anschläge auf Ölfördereinrichtungen im Nigerdelta und angrenzender Gebiete angekündigt, nachdem die Anschläge bereits zu Produktionsausfällen von 280 Tsd Barrel pro Tag führten. MEND hält zudem 27 Ölarbeiter als Geiseln. Aus unserer Sicht sprechen die erhöhten Risiken weiterer Produktionsausfälle in Russland, Nigeria, Venezuela, Iran oder dem Golf von Mexiko wegen geopolitischer, klimatischer und anderer Risiken für eine Fortsetzung der Erholung beim Ölpreis, zumal der Pessimismus nach wie vor sehr groß ist. Mittelfristig gehen wir jedoch von fallenden Ölpreisen aus und rechnen mit einem Rückgang bis zu 80 USD je Barrel.


Edelmetalle

Der Goldpreis stieg heute bis auf 892 USD je Feinunze und lag damit mehr als 100 USD höher als noch am gestrigen Morgen. Die Aktienmärkte sind gestern aufgrund der Verschärfung der Vertrauenskrise im Finanzsektor erneut unter Druck geraten. Die steigende Risikoaversion lässt sich auch an den steigenden Sätzen für den Interbanken-handel ablesen. Der 1-Monats-USD-LIBOR stieg in den vergangenen zwei Tagen um mehr als 50 Basispunkte. Die derzeitige Konstellation kann als perfekte Ausgangssituation für das Krisenmetall Gold bezeichnet werden. Die starke physische Nachfrage fällt zusammen mit der dramatischen Zuspitzung der Finanzkrise, welche mit einem Vertrauensverlust in alle herkömmlichen Anlageklassen einhergeht.

Die Investmentnachfrage dürfte jetzt wieder deutlich anziehen. Dies kann auch erklären, dass der gestrige massive Preisanstieg bei Gold weitestgehend unabhängig vom US-Dollar erfolgte. Angesichts der Nachrichtenlage sollte der Goldpreis weiter steigen. Dazu passt auch, dass die europäischen Zentralbanken laut World Gold Council bis Ende September nur 365 Tonnen Gold verkauft haben werden und damit deutlich weniger als die im CBGA-Goldabkommen vereinbarten 500 Tonnen.

Open in new window


Industriemetalle

Die Angst vor einem starken Abschwung der Weltkonjunktur dominiert derzeit das Geschehen bei Basismetallen, so dass diese weniger als Sachwerte und mehr als zyklische Wirtschaftsgüter angesehen werden. Kupfer fällt zurück 6700 Dollar je Tonne. Die gestern veröffentlichten Hausbaubeginne in den USA, die im August mit 895 Tsd. p.a. deutlich unter den Erwartungen lagen, verstärkten die Angst vor weiterer Abschwächung der Nachfrage, wobei der Bausektor der wichtigste Anwendungsbereich für Kupfer ist.

Der Vorsitzende des chinesischen Stahlproduzenten Baosteel Group berichtet von fallenden Auftragseingängen. Dagegen äußerte sich der weltgrößte Stahlkonzern ArcelorMittal, der für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres noch einen kräftigen Gewinnsprung melden konnte, noch vergleichsweise optimistisch, wies aber zugleich auf die Bereitschaft hin, die Produktion bis um 15% zu kürzen, um die Preise zu verteidigen. Der Streit zwischen dem brasilianischen Eisenerzproduzenten und den chinesischen Kunden geht unterdessen weiter. Es wird berichtet, dass Vale die Verschiffung von Eisenerz aus Brasilien vorerst eingestellt habe. Zuvor hatten die Stahlhersteller Chinas nicht der Preiserhöhung zugestimmt, die Vale trotz Vertrags durchsetzen wollte.


Open in new window


© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"