Orientierungslos
19.09.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Die Stimmung bleibt auch am Rohölmarkt nervös: nachdem Öl der Sorte WTI gestern zunächst seine Erholung fortsetzte, die psychologisch wichtige Marke von 100 Dollar je Barrel durchbrach und im Hoch bei 102 Dollar je Barrel notierte, gab es im Nachmittagshandel nahezu alle Gewinne wieder ab und fiel zwischenzeitlich auf 94 Dollar je Barrel zurück. Vor allem ein festerer Dollar belastete, weil dieser die Attraktivität von Rohöl als "sicheren Hafen" schmälert. Dabei bleiben die Angebotssorgen bestehen: zwar wurden die Häfen im Golf von Mexiko für den Schiffsverkehr wieder geöffnet, aber zum einen meldet der mexikanische Ölkonzern Pemex, drittgrößter Lieferant der USA, Lieferverzögerungen. Zum anderen waren gestern noch immer mindestens 10 Raffinerien geschlossen. Darüber hinaus hat die nigerianische Rebellenorganisition MEND nach eigenen Angaben eine Pipeline von Shell zerstört. Bereits davor waren Produktionsausfälle von 280 Tsd. Barrel pro Tag zu verbuchen.
Russland wird die Steuer auf Erdölexporte ab dem 1. Oktober um 23% auf 372 US-Dollar pro Tonne (52 USD je Barrel) reduzieren. Russland reagiert damit auf den dramatischen Verfall der Rohölpreise in den vergangenen Wochen, denn zunächst war nur eine Senkung der Exportsteuer um 2% auf knapp 70 USD je Barrel vorgesehen. Bei einem derartigen Steuerniveau wäre der Export für die russischen Produzenten wenig lukrativ gewesen und hätte einen verstärkten Inlandsabsatz zur Folge gehabt. Die Exportsteuer wird alle zwei Monate auf Basis der Preise für die russische Marke Ural Blend festgelegt. Die Entwicklung am Rohölmarkt dürfte trotz des sich abzeichnenden Rettungsplans der Bush-Regierung auf kurze Sicht volatil bleiben, zumal heute dreifacher Hexensabbat ist (großer Verfallstag für Termingeschäfte). Mittelfristig werden die verschlechterten Aussichten für die Weltkonjunktur und damit für die Ölnachfrage den Ölpreis weiter Richtung 80 Dollar je Barrel drücken.
Gas der Sorte Henry Hub folgt tendenziell dem Verlauf an den Rohölmärkten, wobei die Veröffentlichung der Lagersbestandsdaten die Preise gestern zusätzlich unter Druck brachte. Die Lagerbestände stiegen mit 67 Mrd. Kubikfuß stärker als erwartet. Gas fiel daraufhin um 80 Cents je MMBtu.
Kasachstan, drittgrößtes Minenförderland von Uran, möchte zusammen mit großen Unternehmen der Branche einen Uran-Fonds über 1 Mrd.USD auflegen, um den Uranpreis zu stabilisieren. Kasachstan sieht neue Investitionen nach der dramatischen Korrektur des Uranpreises um 54% gefährdet. Wir denken, dass der Uranpreis mittelfristig aufgrund einer Renaissance der Atomenergie und des knappen Minenangebots steigen wird.
Edelmetalle
Die Edelmetalle gaben gestern im späten Handel einen Teil der kräftigen Gewinne wieder ab. Gold fällt knapp unter 850 Dollar je Unze zurück. Angesichts der kräftigen Kurserholung an den Aktienmärkten infolge des sich abzeichnenden Rettungspakets haben sich die Edelmetalle Gold und Silber aber gut gehalten. Bemerkenswert ist in den letzten Tagen die kräftige Erholung der Silberpreise. Silber hatte seit Mitte Juli mit rund 45% fast doppelt so stark abgegeben wie Gold, weil es wegen der stärkeren Verwendung für industrielle Zwecke durch die verschlechterten konjunkturellen Perspektiven stärker belastet wurde. Im Zuge dessen ist das Gold/Silber Verhältnis von 50 auf 70 gestiegen. Mit der Entwicklung der letzten Tage ist das Gold/Silber Verhältnis aber am oberen Ende des langfristigen Abwärtskanals abgeprallt.
Industriemetalle
An den Basismetallmärkten ist es vergleichsweise ruhig. Nickel gibt gestern weiter nach und fällt mit 17 Tsd. Dollar je Tonne unter das Tief von Anfang August. Die International Nickel Study Group berichtete, dass sich der Angebotsüberschuss den dritten Monat in Folge ausgeweitet hat. Der Überschuss lag im Juli bei 9900 Tonnen, verglichen mit noch 7700 Tonnen einen Monat zuvor. Der Senior Economist von Norilsk Nickel zeigte sich gleichwohl optimistisch, dass sich die Nachfrage zum Jahresende wieder beleben werde. Gleichzeitig wachse das Angebot langsamer; Anbieter mit hohen Grenzkosten verlassen den Markt. Wir sind deshalb der Meinung, dass sich die Preise mittelfristig erholen werden.
Das australische Minenunternehmens OZ Minerals will im kommenden Jahr die Förderung von Zink in der Golden Grove Mine um rund 35% reduzieren, während gleichzeitig die Produktion von Kupfer ausgeweitet wird. Diese Meldung bestätigt unsere Einschätzung, dass Produktionskürzungen von Zink infolge der niedrigen Preise mittelfristig preisstützend wirken, während die Ausweitung der Kupferförderung nach wie vor sehr lukrativ ist.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Die Stimmung bleibt auch am Rohölmarkt nervös: nachdem Öl der Sorte WTI gestern zunächst seine Erholung fortsetzte, die psychologisch wichtige Marke von 100 Dollar je Barrel durchbrach und im Hoch bei 102 Dollar je Barrel notierte, gab es im Nachmittagshandel nahezu alle Gewinne wieder ab und fiel zwischenzeitlich auf 94 Dollar je Barrel zurück. Vor allem ein festerer Dollar belastete, weil dieser die Attraktivität von Rohöl als "sicheren Hafen" schmälert. Dabei bleiben die Angebotssorgen bestehen: zwar wurden die Häfen im Golf von Mexiko für den Schiffsverkehr wieder geöffnet, aber zum einen meldet der mexikanische Ölkonzern Pemex, drittgrößter Lieferant der USA, Lieferverzögerungen. Zum anderen waren gestern noch immer mindestens 10 Raffinerien geschlossen. Darüber hinaus hat die nigerianische Rebellenorganisition MEND nach eigenen Angaben eine Pipeline von Shell zerstört. Bereits davor waren Produktionsausfälle von 280 Tsd. Barrel pro Tag zu verbuchen.
Russland wird die Steuer auf Erdölexporte ab dem 1. Oktober um 23% auf 372 US-Dollar pro Tonne (52 USD je Barrel) reduzieren. Russland reagiert damit auf den dramatischen Verfall der Rohölpreise in den vergangenen Wochen, denn zunächst war nur eine Senkung der Exportsteuer um 2% auf knapp 70 USD je Barrel vorgesehen. Bei einem derartigen Steuerniveau wäre der Export für die russischen Produzenten wenig lukrativ gewesen und hätte einen verstärkten Inlandsabsatz zur Folge gehabt. Die Exportsteuer wird alle zwei Monate auf Basis der Preise für die russische Marke Ural Blend festgelegt. Die Entwicklung am Rohölmarkt dürfte trotz des sich abzeichnenden Rettungsplans der Bush-Regierung auf kurze Sicht volatil bleiben, zumal heute dreifacher Hexensabbat ist (großer Verfallstag für Termingeschäfte). Mittelfristig werden die verschlechterten Aussichten für die Weltkonjunktur und damit für die Ölnachfrage den Ölpreis weiter Richtung 80 Dollar je Barrel drücken.
Gas der Sorte Henry Hub folgt tendenziell dem Verlauf an den Rohölmärkten, wobei die Veröffentlichung der Lagersbestandsdaten die Preise gestern zusätzlich unter Druck brachte. Die Lagerbestände stiegen mit 67 Mrd. Kubikfuß stärker als erwartet. Gas fiel daraufhin um 80 Cents je MMBtu.
Kasachstan, drittgrößtes Minenförderland von Uran, möchte zusammen mit großen Unternehmen der Branche einen Uran-Fonds über 1 Mrd.USD auflegen, um den Uranpreis zu stabilisieren. Kasachstan sieht neue Investitionen nach der dramatischen Korrektur des Uranpreises um 54% gefährdet. Wir denken, dass der Uranpreis mittelfristig aufgrund einer Renaissance der Atomenergie und des knappen Minenangebots steigen wird.
Edelmetalle
Die Edelmetalle gaben gestern im späten Handel einen Teil der kräftigen Gewinne wieder ab. Gold fällt knapp unter 850 Dollar je Unze zurück. Angesichts der kräftigen Kurserholung an den Aktienmärkten infolge des sich abzeichnenden Rettungspakets haben sich die Edelmetalle Gold und Silber aber gut gehalten. Bemerkenswert ist in den letzten Tagen die kräftige Erholung der Silberpreise. Silber hatte seit Mitte Juli mit rund 45% fast doppelt so stark abgegeben wie Gold, weil es wegen der stärkeren Verwendung für industrielle Zwecke durch die verschlechterten konjunkturellen Perspektiven stärker belastet wurde. Im Zuge dessen ist das Gold/Silber Verhältnis von 50 auf 70 gestiegen. Mit der Entwicklung der letzten Tage ist das Gold/Silber Verhältnis aber am oberen Ende des langfristigen Abwärtskanals abgeprallt.
Industriemetalle
An den Basismetallmärkten ist es vergleichsweise ruhig. Nickel gibt gestern weiter nach und fällt mit 17 Tsd. Dollar je Tonne unter das Tief von Anfang August. Die International Nickel Study Group berichtete, dass sich der Angebotsüberschuss den dritten Monat in Folge ausgeweitet hat. Der Überschuss lag im Juli bei 9900 Tonnen, verglichen mit noch 7700 Tonnen einen Monat zuvor. Der Senior Economist von Norilsk Nickel zeigte sich gleichwohl optimistisch, dass sich die Nachfrage zum Jahresende wieder beleben werde. Gleichzeitig wachse das Angebot langsamer; Anbieter mit hohen Grenzkosten verlassen den Markt. Wir sind deshalb der Meinung, dass sich die Preise mittelfristig erholen werden.
Das australische Minenunternehmens OZ Minerals will im kommenden Jahr die Förderung von Zink in der Golden Grove Mine um rund 35% reduzieren, während gleichzeitig die Produktion von Kupfer ausgeweitet wird. Diese Meldung bestätigt unsere Einschätzung, dass Produktionskürzungen von Zink infolge der niedrigen Preise mittelfristig preisstützend wirken, während die Ausweitung der Kupferförderung nach wie vor sehr lukrativ ist.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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