Volatile Zeiten bei Rohöl
23.09.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Aufgrund des Verfalls des Oktober-Kontrakts hat der WTI-Ölpreis gestern den größten Anstieg aller Zeiten verzeichnet, wobei der Preis zwischenzeitlich um 25% bis auf 130 USD je Barrel anzog. Marktteilnehmer, welche auf einen Ölpreisrückgang spekuliert hatten, waren gezwungen, ihre Shortpositionen wieder einzudecken, was den Oktober-Kontrakt nach oben katapultierte. Nach erfolgter Umstellung auf den November-Kontrakt notiert WTI-Rohöl am Morgen wieder bei 108 USD je Barrel. Seit Tagen gehen wir von einer starken technischen Erholung aus, dessen Ausmaß schwer einzuschätzen ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich der volatile Verlauf mit einer eher aufwärtsgerichteten Tendenz noch weiter fortsetzt. So schwächte sich der US-Dollar weiter ab und notiert gegenüber dem Euro auf dem tiefsten Niveau seit einem Monat.
Dazu kommen ein extremer Pessimismus, welcher jetzt korrigiert wird, und die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung durch das milliardenschwere Rettungspaket für den US-Finanzsektor. Nicht zu vergessen sind die preisstützenden Angebotsrisiken. Gestern waren noch immer 77% der US-Ölproduktion im Golf von Mexiko und 13% der US-Raffineriekapazitäten geschlossen, was sich in weiter fallenden Lagerbeständen niederschlagen sollte. Die Ölproduktion in Mexiko ist im August um 3% gegenüber dem Vorjahr auf 2,76 Mio. Barrel pro Tag gesunken, den niedrigsten Stand seit fast 13 Jahren. In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres beläuft sich der Rückgang auf mehr als 9% gegenüber dem Vorjahr.
Saudi-Arabien scheint zudem im Einklang mit den Beschlüssen der OPEC seit Anfang September die Öllieferungen an seine Hauptabnehmer zu drosseln. Im August lag die implizite Ölnachfrage Chinas um 7% höher als im Vorjahr. Noch fehlt es somit an klaren Hinweisen, dass sich die Ölnachfrage in China nachhaltig abzuschwächen beginnt. Die randvoll gefüllten Lager und das Ende der Olympischen Spiele sollten aber in den kommenden Monaten dafür sorgen. Deshalb dürfte der Ölpreis mittelfristig wieder unter Druck geraten.
Edelmetalle
Der Goldpreis konnte gestern wieder auf 900 USD je Feinunze steigen. Preistreibend wirkte sich vor allem der fallende US-Dollar aus, welcher gestern gegenüber einem Korb von sechs Währungen um 2% fiel. Die immensen Kosten des geplanten Rettungspakets dürften zu einer massiven Ausweitung des US-Haushaltsdefizits führen. Unsere Währungsexperten gehen allerdings davon aus, dass die derzeitige Dollarabschwächung nur vorübergehend ist. Dennoch sollte Gold weiter steigen. Auch die anhaltende Risikoaversion, welche sich auch im gestrigen Rückgang der Aktienmärkte widerspiegelte, sollte den Goldpreis weiterhin stützen. Der rapide Ölpreisanstieg macht zudem Gold als Absicherung gegen Inflation wieder attraktiv.
Ghana, nach Südafrika zweitgrößter Goldproduzent Afrikas, hat seine Goldproduktion im ersten Halbjahr um 3% auf 1,27 Mio. Unzen steigern können. Gleichzeitig stiegen die durchschnittlichen Produktionskosten auf 602 USD je Feinunze, was den Goldpreis nach unten gut absichern sollte.
Industriemetalle
Die Industriemetalle konnten gestern mehrheitlich ihre Erholung fortsetzen. Kupfer profitiert am stärksten von einem durch das Rettungspaket aufgehellten Konjunkturszenario sowie von einem schwächeren Dollar und notiert mit rund 7200 je Tonne rund 500 Dollar höher als am Freitag. Dabei sind die spezifischen Marktdaten eher belastend: die International Copper Study Group stellt für Juni erstmals im laufenden Jahr einen Angebotsüberschuss von 15 Tsd. Tonnen bzw. saisonbereinigt 43 Tsd. Tonnen fest. Die Nachfrage in den USA und der EU15 sei rückläufig verglichen mit dem Vorjahr, aber auch in China würde die implizite Nachfrage (Produktion+Nettoimporte-Lagerveränderung) merklich schwächer zunehmen als im Vorjahr, wobei diese wegen unvollständiger Zahlen zu den Lagerbestände schwierig zu erfassen sind. Nicht zuletzt angesichts dieser Zahlen rechnen wir mit einer Fortsetzung der Korrektur am Kupfermarkt.
Aluminium kann an der allgemeinen Erholung kaum partizipieren. Wie das International Aluminium Institute berichtet, ist die weltweite Produktion im August im Vormonatsvergleich abermals um 0,7% gestiegen. Insgesamt lag damit die Aluminiumproduktion in den ersten 8 Monaten gut 6,5% über dem Vorjahr. Die angekündigten Produktionskürzungen in China zeigen noch keine Wirkung; angesichts des deutlichen Preisverfalls arbeiten aber bereits einige Hütten an ihrer Kostengrenze, so dass weitere Kürzungen wahrscheinlich sind.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Aufgrund des Verfalls des Oktober-Kontrakts hat der WTI-Ölpreis gestern den größten Anstieg aller Zeiten verzeichnet, wobei der Preis zwischenzeitlich um 25% bis auf 130 USD je Barrel anzog. Marktteilnehmer, welche auf einen Ölpreisrückgang spekuliert hatten, waren gezwungen, ihre Shortpositionen wieder einzudecken, was den Oktober-Kontrakt nach oben katapultierte. Nach erfolgter Umstellung auf den November-Kontrakt notiert WTI-Rohöl am Morgen wieder bei 108 USD je Barrel. Seit Tagen gehen wir von einer starken technischen Erholung aus, dessen Ausmaß schwer einzuschätzen ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich der volatile Verlauf mit einer eher aufwärtsgerichteten Tendenz noch weiter fortsetzt. So schwächte sich der US-Dollar weiter ab und notiert gegenüber dem Euro auf dem tiefsten Niveau seit einem Monat.
Dazu kommen ein extremer Pessimismus, welcher jetzt korrigiert wird, und die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung durch das milliardenschwere Rettungspaket für den US-Finanzsektor. Nicht zu vergessen sind die preisstützenden Angebotsrisiken. Gestern waren noch immer 77% der US-Ölproduktion im Golf von Mexiko und 13% der US-Raffineriekapazitäten geschlossen, was sich in weiter fallenden Lagerbeständen niederschlagen sollte. Die Ölproduktion in Mexiko ist im August um 3% gegenüber dem Vorjahr auf 2,76 Mio. Barrel pro Tag gesunken, den niedrigsten Stand seit fast 13 Jahren. In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres beläuft sich der Rückgang auf mehr als 9% gegenüber dem Vorjahr.
Saudi-Arabien scheint zudem im Einklang mit den Beschlüssen der OPEC seit Anfang September die Öllieferungen an seine Hauptabnehmer zu drosseln. Im August lag die implizite Ölnachfrage Chinas um 7% höher als im Vorjahr. Noch fehlt es somit an klaren Hinweisen, dass sich die Ölnachfrage in China nachhaltig abzuschwächen beginnt. Die randvoll gefüllten Lager und das Ende der Olympischen Spiele sollten aber in den kommenden Monaten dafür sorgen. Deshalb dürfte der Ölpreis mittelfristig wieder unter Druck geraten.
Edelmetalle
Der Goldpreis konnte gestern wieder auf 900 USD je Feinunze steigen. Preistreibend wirkte sich vor allem der fallende US-Dollar aus, welcher gestern gegenüber einem Korb von sechs Währungen um 2% fiel. Die immensen Kosten des geplanten Rettungspakets dürften zu einer massiven Ausweitung des US-Haushaltsdefizits führen. Unsere Währungsexperten gehen allerdings davon aus, dass die derzeitige Dollarabschwächung nur vorübergehend ist. Dennoch sollte Gold weiter steigen. Auch die anhaltende Risikoaversion, welche sich auch im gestrigen Rückgang der Aktienmärkte widerspiegelte, sollte den Goldpreis weiterhin stützen. Der rapide Ölpreisanstieg macht zudem Gold als Absicherung gegen Inflation wieder attraktiv.
Ghana, nach Südafrika zweitgrößter Goldproduzent Afrikas, hat seine Goldproduktion im ersten Halbjahr um 3% auf 1,27 Mio. Unzen steigern können. Gleichzeitig stiegen die durchschnittlichen Produktionskosten auf 602 USD je Feinunze, was den Goldpreis nach unten gut absichern sollte.
Industriemetalle
Die Industriemetalle konnten gestern mehrheitlich ihre Erholung fortsetzen. Kupfer profitiert am stärksten von einem durch das Rettungspaket aufgehellten Konjunkturszenario sowie von einem schwächeren Dollar und notiert mit rund 7200 je Tonne rund 500 Dollar höher als am Freitag. Dabei sind die spezifischen Marktdaten eher belastend: die International Copper Study Group stellt für Juni erstmals im laufenden Jahr einen Angebotsüberschuss von 15 Tsd. Tonnen bzw. saisonbereinigt 43 Tsd. Tonnen fest. Die Nachfrage in den USA und der EU15 sei rückläufig verglichen mit dem Vorjahr, aber auch in China würde die implizite Nachfrage (Produktion+Nettoimporte-Lagerveränderung) merklich schwächer zunehmen als im Vorjahr, wobei diese wegen unvollständiger Zahlen zu den Lagerbestände schwierig zu erfassen sind. Nicht zuletzt angesichts dieser Zahlen rechnen wir mit einer Fortsetzung der Korrektur am Kupfermarkt.
Aluminium kann an der allgemeinen Erholung kaum partizipieren. Wie das International Aluminium Institute berichtet, ist die weltweite Produktion im August im Vormonatsvergleich abermals um 0,7% gestiegen. Insgesamt lag damit die Aluminiumproduktion in den ersten 8 Monaten gut 6,5% über dem Vorjahr. Die angekündigten Produktionskürzungen in China zeigen noch keine Wirkung; angesichts des deutlichen Preisverfalls arbeiten aber bereits einige Hütten an ihrer Kostengrenze, so dass weitere Kürzungen wahrscheinlich sind.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.