Verschnaufpause an den Rohstoffmärkten
25.09.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis ist am Morgen unter die Marke von 105 USD je Barrel gefallen. US-Präsident Bush warnte in einer TV-Ansprache vor einer "langen und schmerzhaften Rezession" und drängte den Kongress, das 700-Mrd.-Dollar-Rettungspaket schnell zu verabschieden. Zudem berichtete das US-Energieministerium, dass die Ölnachfrage in den USA in den vergangenen vier Wochen um 5,3% niedriger lag als im Vorjahreszeitraum. Die negative Grundstimmung und die bei 112 USD verlaufende 200-Tagelinie verhindern ebenfalls, dass der Ölpreis von den zunehmenden angebotsseitigen Risiken profitieren kann.
Die Rohöllagerbestände fielen in der vergangenen Woche um 1,5 Mio. Barrel. Der Lagerabbau fiel damit zwar etwas geringer aus als erwartet, was in erster Linie aber daran lag, dass die US-Raffinerien 1,7 Mio. Barrel weniger Rohöl verarbeiteten. Die Raffinerieauslastung fiel in der vergangenen Woche um 10,7 Prozentpunkte auf 66,7%. Sie liegt damit sogar knapp 2 Prozentpunkte niedriger als im September 2005, dem bisherigen Rekordtief nach den verheerenden Wirbelstürmen Katrina und Rita. Die Benzinvorräte gingen deshalb um 5,9 Mio. Barrel zurück, was deutlich mehr war als erwartet. Sie liegen damit auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 40 Jahren.
Ebenfalls angespannt ist die Lagersituation bei den Destillaten, welche um 4,2 Mio. Barrel zurückgingen und wenige Wochen vor dem Beginn der Heizsaison unterhalb des 5-Jahreskorridors liegen. Immer deutlicher wird, dass die Produktionsausfälle durch Hurrikan Ike unterschätzt worden sind. Die Lage verbessert sich nur sehr schleppend. Derzeit sind noch immer gut 60% der US-Ölproduktion im Golf von Mexiko geschlossen und der staatliche mexikanische Ölkonzern Pemex hat die Ölförderung wegen der anhaltenden Probleme in den US-Raffinerien um 250 Tsd. Barrel pro Tag reduzieren müssen. All dies sollte sich unterstützend vor allem auf die Preise für die Ölprodukte auswirken. Zudem berichtet Petrologistics, dass das Rohölangebot der OPEC im September um 800 Tsd Barrel pro Tag niedriger ausfallen wird als im August, was vor allem auf niedrigere Lieferungen aus dem Iran zurückzuführen ist. Der Rest des Rückgangs verteilt sich auf Saudi-Arabien, Nigeria und den Irak.
Für den Ölmarkt wird wichtig sein, ob es im Rahmen des Rettungspaketes zu einer stärkeren Regulierung des spekulativen Rohstoffhandels kommt. Dies hätte langfristig negative Auswirkungen auf den Ölpreis, weil in diesem Falle das Anlegerinteresse nachlassen würde.
Edelmetalle
Gold handelt wenig verändert bei 890 USD je Feinunze. Impulse von der Währungsseite fehlten gestern, weil der Dollar nicht weiter unter Druck geraten ist. Die Gold-ETFs verzeichnen zwar derzeit aufgrund der großen Marktunsicherheit massive Zuflüsse. Gleichzeitig scheint aber die physische Nachfrage auf dem aktuell höheren Preisniveau nachzulassen. Die massiven Liquiditätsspritzen der Zentralbanken und das im Raum stehende US-Rettungspaket sollten dem Goldpreis aber weiter Unterstützung geben. So zeichneten Fed-Chairman Bernanke und US-Präsident Bush ein sehr pessimistisches Bild für die US-Wirtschaft, um für das Rettungspaket zu werben. Die heutigen US-Konjunkturdaten zum Arbeitsmarkt, den Auftragseingängen und zum Immobilienmarkt dürften dieses Bild bestätigen. Folglich dürften Zinssenkungsspekulationen anhalten und der US-Dollar in der Defensive bleiben. Dies spricht für steigende Goldpreise.
Industriemetalle
Gestern traten auch die Industriemetalle mehr oder weniger auf der Stelle. Kupfer verbilligt sich leicht: der Drei-Monatskontrakt fällt unter 7000 Dollar je Tonne. Die Nachrichten für den Markt sind uneinheitlich: einerseits sind die LME-Lagerbestände zwei Tage in Folge um insgesamt 4% gefallen, was Erwartungen einer Trendwende bei der Lagerentwicklung weckt, und Rio Tinto, das zu den führenden Kupferproduzenten zählt, stuft den Markt angesichts immer wieder auftretender Angebotsausfälle weiterhin als knapp sein. Andererseits wird berichtet, dass die Kupfernachfrage zur Herstellung von Kabel deutlich nachlasse. Dies berichtet der Vorsitzende eines taiwanesischen Handelsverbandes, der dabei vor allem auf die nachlassende Nachfrage aus den USA abstellt, im Zuge dessen in China spürbar weniger für den Export produziert werden müsse.
Das chinesische Zollamt berichtet, dass China im August den zweiten Monat in Folge nur geringfügige Mengen an Blei exportiert hat, da der heimische Absatz dank des Preisvorteils merklich attraktiver ist. Damit lagen die Ausfuhren von Januar bis August rund 83% unter dem Vorjahreswert. Auf China entfielen im vergangenen Jahr 34% der Weltproduktion. Das knappe Angebot am Weltmarkt wird die von uns erwartete Erholung der Bleipreise unterstützen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis ist am Morgen unter die Marke von 105 USD je Barrel gefallen. US-Präsident Bush warnte in einer TV-Ansprache vor einer "langen und schmerzhaften Rezession" und drängte den Kongress, das 700-Mrd.-Dollar-Rettungspaket schnell zu verabschieden. Zudem berichtete das US-Energieministerium, dass die Ölnachfrage in den USA in den vergangenen vier Wochen um 5,3% niedriger lag als im Vorjahreszeitraum. Die negative Grundstimmung und die bei 112 USD verlaufende 200-Tagelinie verhindern ebenfalls, dass der Ölpreis von den zunehmenden angebotsseitigen Risiken profitieren kann.
Die Rohöllagerbestände fielen in der vergangenen Woche um 1,5 Mio. Barrel. Der Lagerabbau fiel damit zwar etwas geringer aus als erwartet, was in erster Linie aber daran lag, dass die US-Raffinerien 1,7 Mio. Barrel weniger Rohöl verarbeiteten. Die Raffinerieauslastung fiel in der vergangenen Woche um 10,7 Prozentpunkte auf 66,7%. Sie liegt damit sogar knapp 2 Prozentpunkte niedriger als im September 2005, dem bisherigen Rekordtief nach den verheerenden Wirbelstürmen Katrina und Rita. Die Benzinvorräte gingen deshalb um 5,9 Mio. Barrel zurück, was deutlich mehr war als erwartet. Sie liegen damit auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 40 Jahren.
Ebenfalls angespannt ist die Lagersituation bei den Destillaten, welche um 4,2 Mio. Barrel zurückgingen und wenige Wochen vor dem Beginn der Heizsaison unterhalb des 5-Jahreskorridors liegen. Immer deutlicher wird, dass die Produktionsausfälle durch Hurrikan Ike unterschätzt worden sind. Die Lage verbessert sich nur sehr schleppend. Derzeit sind noch immer gut 60% der US-Ölproduktion im Golf von Mexiko geschlossen und der staatliche mexikanische Ölkonzern Pemex hat die Ölförderung wegen der anhaltenden Probleme in den US-Raffinerien um 250 Tsd. Barrel pro Tag reduzieren müssen. All dies sollte sich unterstützend vor allem auf die Preise für die Ölprodukte auswirken. Zudem berichtet Petrologistics, dass das Rohölangebot der OPEC im September um 800 Tsd Barrel pro Tag niedriger ausfallen wird als im August, was vor allem auf niedrigere Lieferungen aus dem Iran zurückzuführen ist. Der Rest des Rückgangs verteilt sich auf Saudi-Arabien, Nigeria und den Irak.
Für den Ölmarkt wird wichtig sein, ob es im Rahmen des Rettungspaketes zu einer stärkeren Regulierung des spekulativen Rohstoffhandels kommt. Dies hätte langfristig negative Auswirkungen auf den Ölpreis, weil in diesem Falle das Anlegerinteresse nachlassen würde.
Edelmetalle
Gold handelt wenig verändert bei 890 USD je Feinunze. Impulse von der Währungsseite fehlten gestern, weil der Dollar nicht weiter unter Druck geraten ist. Die Gold-ETFs verzeichnen zwar derzeit aufgrund der großen Marktunsicherheit massive Zuflüsse. Gleichzeitig scheint aber die physische Nachfrage auf dem aktuell höheren Preisniveau nachzulassen. Die massiven Liquiditätsspritzen der Zentralbanken und das im Raum stehende US-Rettungspaket sollten dem Goldpreis aber weiter Unterstützung geben. So zeichneten Fed-Chairman Bernanke und US-Präsident Bush ein sehr pessimistisches Bild für die US-Wirtschaft, um für das Rettungspaket zu werben. Die heutigen US-Konjunkturdaten zum Arbeitsmarkt, den Auftragseingängen und zum Immobilienmarkt dürften dieses Bild bestätigen. Folglich dürften Zinssenkungsspekulationen anhalten und der US-Dollar in der Defensive bleiben. Dies spricht für steigende Goldpreise.
Industriemetalle
Gestern traten auch die Industriemetalle mehr oder weniger auf der Stelle. Kupfer verbilligt sich leicht: der Drei-Monatskontrakt fällt unter 7000 Dollar je Tonne. Die Nachrichten für den Markt sind uneinheitlich: einerseits sind die LME-Lagerbestände zwei Tage in Folge um insgesamt 4% gefallen, was Erwartungen einer Trendwende bei der Lagerentwicklung weckt, und Rio Tinto, das zu den führenden Kupferproduzenten zählt, stuft den Markt angesichts immer wieder auftretender Angebotsausfälle weiterhin als knapp sein. Andererseits wird berichtet, dass die Kupfernachfrage zur Herstellung von Kabel deutlich nachlasse. Dies berichtet der Vorsitzende eines taiwanesischen Handelsverbandes, der dabei vor allem auf die nachlassende Nachfrage aus den USA abstellt, im Zuge dessen in China spürbar weniger für den Export produziert werden müsse.
Das chinesische Zollamt berichtet, dass China im August den zweiten Monat in Folge nur geringfügige Mengen an Blei exportiert hat, da der heimische Absatz dank des Preisvorteils merklich attraktiver ist. Damit lagen die Ausfuhren von Januar bis August rund 83% unter dem Vorjahreswert. Auf China entfielen im vergangenen Jahr 34% der Weltproduktion. Das knappe Angebot am Weltmarkt wird die von uns erwartete Erholung der Bleipreise unterstützen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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