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Bankenkrise, Dollar, Gold & Öl

29.09.2008  |  Andre Fischer
Die vergangene Woche war wahrlich nichts für schwache Nerven. Erst ging die US-Großbank Lehman Brothers bankrott. Der Hintergrund: Das Institut benötigte zur Aufrechterhaltung des Geschäfts regelmäßig kurzfristige Finanzierungen von mehr als 180 Milliarden USD. Die bisherigen Kapitalgeber (andere Finanzinstitute, Versicherungen, Pensionskassen etc.) schraubten die hierfür erforderlichen Sicherheiten zuletzt jedoch immer weiter in die Höhe - diese Forderungen konnte Lehman am Ende nicht mehr erfüllen, was zur Pleite führte. Die von der US-Investmentbank durchgeführten Privatplatzierungen und Zertifikate (mehr als 100 Lehman-Zertifikate sind allein auf dem deutschen Markt; viele wurden sogar noch mit einer vermeintlichen Kapitalgarantie beworben! Zertifikate als reine Inhaberschuldverschreibungen hängen immer von der Bonität des Emittenten ab) sind damit wertlos geworden.

Die sich mit bedrohlicher Geschwindigkeit verschärfenden Probleme bei der US-Investmentbank Merrill Lynch (Übernahme von der Bank of America) und bei der American International Group (AIG) beschrieb ich bereits in der vergangenen Ausgabe. Zwecks Abwendung eines sofortigen Zusammenbruchs des internationalen Finanzsystems stellte die US-Notenbank im Rahmen einer weiteren Blitzaktion der AIG satte 85 Milliarden USD Kapital zur Verfügung. Da AIG ein großer Spieler auf dem Markt für unregulierte Credit Default Swaps (CDS) ist, hätte ein Bankrott des amerikanischen Versicherungsriesen eine Kettenreaktion im Bankensektor nach sich gezogen.

Das Brokersterben war damit aber nicht zu Ende, da Morgan Stanley aufgrund des Infarktes am Geldmarkt ebenfalls nur ganz kurz davor stand, den Abgrund hinabzustürzen. Die Lösung: Das Institut fusionierte kurzerhand mit der amerikanischen Großbank Wachovia. Bankrott des britischen Immobilienfinanzierers HBOS wurde in letzter Sekunde abgewendet Aber auch in Großbritannien deutete sich weiteres Ungemach an: Der angeschlagene britische Immobilienfinanzier HBOS geriet angesichts der crashartig fallenden britischen Eigenheimpreise und der damit in Verbindung stehenden Zahlungsausfälle zuletzt vermehrt unter Druck, so dass ein Bankrott des großen Finanzinstituts unvermeidbar schien. Der Finanzgigant Lloyds TSB (immerhin die fünftgrößte börsennotierte Bank in ganz Großbritannien) sprang flugs in die Bresche und übernahm HBOS für umgerechnet 15,4 Milliarden Euro.


Einige Eckdaten zu Abschreibungen, Zwangsversteigerungen und Bankenpleiten

Die bisherige Bilanz der globalen Bankenkrise: Bisher mussten die Finanzinstitute weltweit über 520 Milliarden USD abschreiben. Allein in den USA sind bis jetzt knapp 300 Banken pleite gegangen - im zweiten Quartal kam es in den Vereinigten Staaten zu 9.743 Unternehmenskonkursen. Damit nicht genug: Bereits jetzt ist absehbar, dass die Zahl der Zwangsversteigerungen bei Eigenheimen in den USA bis zum Jahresende die Marke von 2 Millionen überschreitet - eine schier unvorstellbare Zahl. Der kaskadenartige Zusammenbruch der Immobilienpreise hat längst auf Großbritannien, Irland, Spanien und Griechenland übergegriffen und dürfte im Jahr 2009 insbesondere Länder wie Frankreich und Deutschland besonders stark in Mitleidenschaft ziehen.


US-Regierung stellt Banken 700 Milliarden USD für "faule Kredite" zur Verfügung

Um das zerstörerische Zinseszins-System auf der Zeitachse weiter nach hinten zu verschieben, beschloss das internationale Bankenkartell, das bereits jetzt todkranke globale Bankensystem noch einige Jahre am Leben zu erhalten. So will die US-Regierung den gigantischen Betrag von 700 Milliarden USD ("für faule Kredite der Banken") zur Verfügung stellen.

Diese Aktion erfolgt, nachdem man bereits zuvor über 5 Billionen USD für die Verstaatlichung der konkursreifen amerikanischen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac bereitstellte. Hätte die US-Regierung zuvor Fannie Mae und Freddie Mac nicht gerettet, wäre ein Anleihenvolumen im Umfang von mehreren Billionen USD quasi über Nacht wertlos geworden, was den sofortigen Zusammenbruch des internationalen Anleihenmarktes nach sich gezogen hätte. Der springende Punkt: In deinem derartigen Fall wäre keiner mehr bereit gewesen, den USA Geld zu leihen; darüber hinaus wäre es zu einer gewaltigen Flucht aus US-Anleihen gekommen.


Globale Verschuldungskrise/Verschuldungsquoten weisen historische Extremwerte auf - aktuelle Lage unterscheidet sich gravierend von allen Konjunkturtrends der Nachkriegszeit!

Welche Trends werden all diese Entwicklungen jedoch nach sich ziehen? Zum einen muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass wir es hier mit einer gewaltigen globalen Verschuldungskrise zu tun haben. Per 30. Juni 2008 betrugen die Schulden aller US-Wirtschaftssubjekte (private Haushalte, Unternehmen und Staat) bereits exorbitante 51 Billionen USD. In den vergangenen Monaten hat sich jedoch dieser Schuldenberg (wie beschrieben) noch einmal deutlich erhöht. Noch per Ende 2007 beliefen sich die gesamten US-Schulden auf 359 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Zum Vergleich: Selbst in den 30er Jahren (Weltwirtschaftskrise) lag der Höchstwert bei lediglich 264 Prozent. Wie brisant die Lage mittlerweile geworden ist, wird einem auch klar, wenn man sich vor Augen führt, dass in den USA im letzten Jahr für ein Dollar Wirtschaftswachstum 6,80 Dollar an neuen Schulden erforderlich waren! Dieses Verhältnis kann in den kommenden Jahren in keinem Fall weiter ausgeweitet werden.

Auch dieser Indikator zeigt somit an, dass wir in den kommenden Jahren vor einer umfassenden Bereinigung stehen. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass sich auch die Schulden in den verschiedenen europäischen Ländern auf historischen Höchstständen befinden. Daher unterscheidet sich auch die aktuelle wirtschaftliche Lage ganz gravierend von allen Konjunkturtrends in der Nachkriegszeit. Der Kreditboom der vergangenen Jahre ist endgültig zu Ende gegangen - dabei ist die Verschuldungslast von Staat, Unternehmen und Privathaushalten zu groß geworden, dass hier in den kommenden Jahren eine "großflächige Bereinigung" erfolgen wird. Der "Hebeleffekt" der Kreditausweitung hat sich umgekehrt und dürfte in den kommenden Jahren leider in die entgegen gesetzte Richtung wirken!




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