Gold - ein Fels in der Brandung
30.09.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis ist gestern um rund 10% auf 95 USD je Barrel gefallen. Das war der größte prozentuale Rückgang seit sieben Jahren und der stärkste absolute Einbruch seit Januar 1991, wenn man die Marktverwerfung aufgrund der Kontraktumstellung Anfang letzter Woche außer Acht lässt. Zu berücksichtigen ist, dass der Großteil der Verluste gestern bereits vor dem spektakulären Scheitern des Rettungsplanes im US-Kongress anfiel.
Durch die überraschende Ablehnung des Rettungspakets hat sich die Stimmung am Markt weiter deutlich eingetrübt. So erlitt der Dow Jones in der Folge den größten absoluten Tagesrückgang aller Zeiten und der S&P den stärksten prozentualen Einbruch seit dem Börsencrash im Oktober 1987. Entsprechend dürfte der Ölpreis in Mitleidenschaft gezogen werden, auch wenn in Washington weiter an einem neuen Rettungspaket gearbeitet wird. Der Marktfokus liegt nach wie vor auf der sich schwächelnden Nachfrage, wobei die fallenden Aktienmärkte die Ängste einer starken Konjunkturabkühlung weltweit ebenfalls schüren.
Ein Test der Tiefstände von vor zwei Wochen bei 91 USD scheint daher in den nächsten Tagen wahrscheinlich, obwohl derzeit nach wie vor zahlreiche Risiken auf der Angebotsseite existieren. So waren gestern noch immer jeweils knapp 50% der US-Rohöl- und Erdgasförderung im Golf von Mexiko geschlossen. Deshalb kann man einen kurzfristigen Anstieg nicht ausschliessen, zumal wir den Verfall gestern für übertrieben halten und dies auf mögliche Liquidationen nach dem Bruch der 100$-Marke zurückführen.
Edelmetalle
Trotz eines stärkeren US-Dollar konnte der Goldpreis gestern von der gestiegenen Risikoaversion profitieren und im Hoch bis auf 925 USD je Feinunze steigen. Das US-Repräsentantenhaus hat den am Wochenende ausgehandelten Kompromiss zum Rettungspaket für den US-Banksensektor gestern Abend mit 228 zu 205 Stimmen überraschend abgelehnt und damit die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt.
Der Rückgang des Goldpreises auf aktuell 900 USD erklärt sich in erster Linie mit dem festeren US-Dollar, welcher von Kapitalrepatriierungen und vom Run der Anleger auf US-Treasuries profitiert. Die Fed und die anderen großen Notenbanken haben gestern ihre Liquiditätsmaßnahmen nochmals deutlich ausgeweitet. Die USD-Swap-Linien der ausländischen Notenbanken mit der Fed wurden um 330 Mrd. auf 620 Mrd USD erhöht und bis zum 30. April 2009 verlängert. Die Fed erhöhte das Gesamtvolumen der 3-Monats-Offenmarktgeschäfte (TAF) um das Dreifache auf 225 Mrd. USD. Diese Maßnahmen scheinen kurzfristig dazu geeignet zu sein, den USD zu stabilisieren. Da sie aber klarer Ausdruck einer großen Vertrauenskrise sind, sollte Gold davon auf kurz oder lang profitieren und weiter steigen.
Das Volumen des größten Gold-ETFs, SPDR Gold Trust, ist am Montag allein anscheinend um 30 Tonnen auf über 750 Tonnen gestiegen, was diesen Fonds fast so groß wie die Goldreserven der Zentralbank Japans und größer als die der EZB macht. Die Bundesbank hat bekanntgegeben, im gerade begonnenen Geschäftsjahr des Goldabkommens der Zentralbanken (CBGA) lediglich 6,5 Tonnen Gold an das Finanzministerium verkaufen und die ihr zustehende Jahresquote von 120 Tonnen nicht ausschöpfen zu wollen.
Industriemetalle
Die Industriemetalle leiden mit den Aktienmärkten: Gestern gab der LME-Metallpreisindex um weitere 4% nach. Und das vorläufige Aus für das Rettungspaket setzt die Metallpreise heute morgen weiter unter Druck. Kupfer notiert aktuell nur noch bei gut 6200 Dollar je Tonne. Mit einem Minus von über 25% zeichnet sich der stärkste Quartalsrückgang seit der Einführung dieses Kontraktes im Jahr 1986 an der LME ab. Angesichts der Konjunkturrisiken interessiert die Marktteilnehmer nicht, dass im Juli die mexikanische Kupferproduktion wegen Streiks 12% unter Vorjahr lag, weil der Rückgang der Nachfrage weltweit noch größer als der des Angebots eingeschätzt wird.
Das aktuelle Preisniveau stellt jedoch einen Anreiz für chinesische Einkäufe dar, die in der Vergangenheit eine opportunistische Haltung bewiesen haben. In diesen Kontext passen auch die in den letzten Tagen um insgesamt 5% gefallenen LME-Lagerbestände. Diese Woche ist jedoch die Shanghai Future Exchange wegen nationaler Feiertage geschlossen.
Noch schwächer als Kupfer hat sich Nickel im 3.Quartal entwickelt. Hier zeichnet sich sogar ein Minus von rund 27% ab. Die schwache Nachfrage nach Edelstahl belastet. Die gesamte Stahlindustrie schwächt sich derzeit merklich ab. Die Rohstahlproduktion in den USA fiel in der Woche zum 27.September unter 2 Mio Tonnen, 2% weniger als in der Vorwoche und 3% unter Vorjahr. Die schwächelnde Stahlkonjunktur spiegelt sich auch in niedrigeren Stahlpreisen wider. 25 chinesische Stahlproduzenten, unter ihnen Top-Produzent Baosteel, haben in den letzten Wochen Preissenkungen angekündigt. Seit Mitte Juli sind die Preise für warmgewalzten Stahl in China um über 20% eingebrochen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis ist gestern um rund 10% auf 95 USD je Barrel gefallen. Das war der größte prozentuale Rückgang seit sieben Jahren und der stärkste absolute Einbruch seit Januar 1991, wenn man die Marktverwerfung aufgrund der Kontraktumstellung Anfang letzter Woche außer Acht lässt. Zu berücksichtigen ist, dass der Großteil der Verluste gestern bereits vor dem spektakulären Scheitern des Rettungsplanes im US-Kongress anfiel.
Durch die überraschende Ablehnung des Rettungspakets hat sich die Stimmung am Markt weiter deutlich eingetrübt. So erlitt der Dow Jones in der Folge den größten absoluten Tagesrückgang aller Zeiten und der S&P den stärksten prozentualen Einbruch seit dem Börsencrash im Oktober 1987. Entsprechend dürfte der Ölpreis in Mitleidenschaft gezogen werden, auch wenn in Washington weiter an einem neuen Rettungspaket gearbeitet wird. Der Marktfokus liegt nach wie vor auf der sich schwächelnden Nachfrage, wobei die fallenden Aktienmärkte die Ängste einer starken Konjunkturabkühlung weltweit ebenfalls schüren.
Ein Test der Tiefstände von vor zwei Wochen bei 91 USD scheint daher in den nächsten Tagen wahrscheinlich, obwohl derzeit nach wie vor zahlreiche Risiken auf der Angebotsseite existieren. So waren gestern noch immer jeweils knapp 50% der US-Rohöl- und Erdgasförderung im Golf von Mexiko geschlossen. Deshalb kann man einen kurzfristigen Anstieg nicht ausschliessen, zumal wir den Verfall gestern für übertrieben halten und dies auf mögliche Liquidationen nach dem Bruch der 100$-Marke zurückführen.
Edelmetalle
Trotz eines stärkeren US-Dollar konnte der Goldpreis gestern von der gestiegenen Risikoaversion profitieren und im Hoch bis auf 925 USD je Feinunze steigen. Das US-Repräsentantenhaus hat den am Wochenende ausgehandelten Kompromiss zum Rettungspaket für den US-Banksensektor gestern Abend mit 228 zu 205 Stimmen überraschend abgelehnt und damit die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt.
Der Rückgang des Goldpreises auf aktuell 900 USD erklärt sich in erster Linie mit dem festeren US-Dollar, welcher von Kapitalrepatriierungen und vom Run der Anleger auf US-Treasuries profitiert. Die Fed und die anderen großen Notenbanken haben gestern ihre Liquiditätsmaßnahmen nochmals deutlich ausgeweitet. Die USD-Swap-Linien der ausländischen Notenbanken mit der Fed wurden um 330 Mrd. auf 620 Mrd USD erhöht und bis zum 30. April 2009 verlängert. Die Fed erhöhte das Gesamtvolumen der 3-Monats-Offenmarktgeschäfte (TAF) um das Dreifache auf 225 Mrd. USD. Diese Maßnahmen scheinen kurzfristig dazu geeignet zu sein, den USD zu stabilisieren. Da sie aber klarer Ausdruck einer großen Vertrauenskrise sind, sollte Gold davon auf kurz oder lang profitieren und weiter steigen.
Das Volumen des größten Gold-ETFs, SPDR Gold Trust, ist am Montag allein anscheinend um 30 Tonnen auf über 750 Tonnen gestiegen, was diesen Fonds fast so groß wie die Goldreserven der Zentralbank Japans und größer als die der EZB macht. Die Bundesbank hat bekanntgegeben, im gerade begonnenen Geschäftsjahr des Goldabkommens der Zentralbanken (CBGA) lediglich 6,5 Tonnen Gold an das Finanzministerium verkaufen und die ihr zustehende Jahresquote von 120 Tonnen nicht ausschöpfen zu wollen.
Industriemetalle
Die Industriemetalle leiden mit den Aktienmärkten: Gestern gab der LME-Metallpreisindex um weitere 4% nach. Und das vorläufige Aus für das Rettungspaket setzt die Metallpreise heute morgen weiter unter Druck. Kupfer notiert aktuell nur noch bei gut 6200 Dollar je Tonne. Mit einem Minus von über 25% zeichnet sich der stärkste Quartalsrückgang seit der Einführung dieses Kontraktes im Jahr 1986 an der LME ab. Angesichts der Konjunkturrisiken interessiert die Marktteilnehmer nicht, dass im Juli die mexikanische Kupferproduktion wegen Streiks 12% unter Vorjahr lag, weil der Rückgang der Nachfrage weltweit noch größer als der des Angebots eingeschätzt wird.
Das aktuelle Preisniveau stellt jedoch einen Anreiz für chinesische Einkäufe dar, die in der Vergangenheit eine opportunistische Haltung bewiesen haben. In diesen Kontext passen auch die in den letzten Tagen um insgesamt 5% gefallenen LME-Lagerbestände. Diese Woche ist jedoch die Shanghai Future Exchange wegen nationaler Feiertage geschlossen.
Noch schwächer als Kupfer hat sich Nickel im 3.Quartal entwickelt. Hier zeichnet sich sogar ein Minus von rund 27% ab. Die schwache Nachfrage nach Edelstahl belastet. Die gesamte Stahlindustrie schwächt sich derzeit merklich ab. Die Rohstahlproduktion in den USA fiel in der Woche zum 27.September unter 2 Mio Tonnen, 2% weniger als in der Vorwoche und 3% unter Vorjahr. Die schwächelnde Stahlkonjunktur spiegelt sich auch in niedrigeren Stahlpreisen wider. 25 chinesische Stahlproduzenten, unter ihnen Top-Produzent Baosteel, haben in den letzten Wochen Preissenkungen angekündigt. Seit Mitte Juli sind die Preise für warmgewalzten Stahl in China um über 20% eingebrochen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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