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Alle Rohstoffe mit Ausnahme von Gold im Sinkflug

10.10.2008  |  Eugen Weinberg
Als "schwarzen Schwan" verstehen Finanzmarktteilnehmer ein ziemlich unwahrscheinliches Ereignis am Kapitalmarkt, wie z.B. ein extremer Anstieg oder Verfall. Die meisten Analystenmodelle basieren auf der Annahme, dass die Verteilung der Erträge einer Normalverteilung unterliegt. Die sich zuletzt häufenden "schwarzen Schwäne" an Aktien- und Rohstoffmärkten, wobei die Tagesbewegungen von 5-7%, die theoretisch nahezu ausgeschlossen sind, zur Regel wurden, stellen die ganzen analytischen Modelle der letzten Jahrzehnte auf die Kippe und machen kurzfristig orientierte technische flexible und adaptive Handels- und Schätzungsmethoden attraktiv.


Energie

Der Ölmarkt hat nach einer kurzen Phase des Innehaltens seine Talfahrt fortgesetzt. Der WTI-Ölpreis ist am Morgen auf 82 USD je Barrel gefallen, den niedrigsten Stand seit einem Jahr. Der Ölpreis nähert sich damit dem unteren Ende der Spanne, welche wir als fundamental gerechtfertigt erachten. Die derzeitige Entwicklung an den Finanzmärkten macht ein Unterschießen wahrscheinlich. So lassen sich seit einigen Wochen die Ölpreisbewegungen recht gut mit der Entwicklung an den Aktienmärkten erklären. Der Ölpreisrückgang um 8% seit gestern Nachmittag ging einher mit dem erneuten Einbruch der Aktienbörsen in New York und Fernost. Der Ölpreis kann also auch unter 80 USD fallen, wenn sich der Rückgang an den Weltbörsen weiter fortsetzt.

Die OPEC hat gestern bestätigt, am 18. November eine außerplanmäßige Sitzung abzuhalten. Nach Angaben von OPEC-Generalsekretär Khelil ist es "sehr wahrscheinlich", dass auf dieser Sitzung eine Kürzung der Fördermenge beschlossen wird. Die Frage wird allerdings sein, ob es der OPEC dadurch gelingen wird, den Preisverfall zu stoppen. Der jüngste Ölpreisrückgang ist vor allem das Ergebnis der Finanzkrise und der damit einhergehenden Befürchtung einer weltweiten Rezession. Die IEA senkte gestern ihre Prognose für die Ölnachfrage im kommenden Jahr um 440 Tsd Barrel auf 87,2 Mio. Barrel pro Tag. Mit einem erwarteten Nachfragewachstum von 700 Tsd Barrel besteht aber immer noch das Risiko weiterer ölpreisbelastender Abwärtsrevisionen.

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Edelmetalle

Der sichere Hafen Gold tut sich weiter schwer, von der Finanzkrise angemessen zu profitieren. Mit 930 USD je Feinunze notiert Gold auf einem 3-Monatshoch, aber immer noch 6% unter den Ständen von Mitte Juli sowie 10% unter dem Allzeithoch von Anfang März. Damals war es der schwache US-Dollar, welcher den Goldpreis nach oben katapultierte. Die 15%ige Aufwertung des US-Dollar in den vergangenen drei Monaten kann die gebremste Entwicklung von Gold zumindest teilweise erklären. Sogenanntes Deleveraging, d.h. der undifferenzierte Verkauf von Vermögensanlagen zur Schaffung von Liquidität, dürfte ein weiterer Grund sein, welcher deutlich höheren Goldpreisen derzeit entgegensteht.

Sollten beim G7-Treffen am Wochenende weitere Maßnahmen zur Stützung der Finanzmärkte beschlossen werden, könnte Gold kurzzeitig unter Druck geraten. Allerdings konnten die bislang beschlossenen Maßnahmen wie konzertierte Zinssenkungen, Staatsgarantien für Spareinlagen und Beteiligung an Banken sowie massive Liquiditätsspritzen die Märkte nicht nachhaltig beruhigen. Unterstützung erfährt der Goldpreis weiter von der Angebotsseite. Der südafrikanische Goldproduzent Gold Fields senkt seine Prognose für das erste Quartal um 2,7% auf 798 Tsd Unzen, weil die Produktion in einer Mine in Peru langsamer vorankommt als erwartet.


Industriemetalle

Der fortgesetzte Verfall an den Aktienmärkten und die Furcht vor einer weltweiten Rezession hinterlässt auch deutliche Spuren bei den Industriemetallen. Kupfer fällt um 9% auf 4.800 USD je Tonne, den tiefsten Stand seit 2,5 Jahren. Vom vor drei Monaten verzeichneten Rekordhoch hat Kupfer damit 45% an Wert verloren. Aluminium verliert dagegen "nur" 3% auf 2.200 USD je Tonne.

Der größte chinesische Aluminiumproduzent Chalco erwägt angesichts der niedrigen Preise die Schließung einiger Produktionskapazitäten mit hohen Kosten.

Dazu passt auch die Meldung, dass zahlreiche chinesische Häfen von steigenden Kohlelagerbeständen berichten. Nach Regierungsangaben lagern die vier größten Häfen in Nordchina derzeit 14 Mio. Tonnen Kohle, fast doppelt so viel wie normal üblich. Dies kann als Indiz dafür angesehen werden, dass die Energienachfrage der chinesischen Industrie nachlässt. Auch wenn die meisten Industriemetalle mittlerweile ein Preisniveau erreicht haben, welches Produktionskürzungen wahrscheinlich macht, kann bei einem anhaltenden Verfall der Aktienmärkte ein weiterer Rückgang der Metallpreise nicht ausgeschlossen werden.


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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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