Eine (fast) perfekt kurzfristige Kurserholung
13.10.2008 | Eugen Weinberg
Die Rohstoffmärkte sind derzeit überverkauft, wobei sie seit der Spitze im Juli gemessen am S&P GSCI Rohstoffindex bereits 44% an Wert verloren haben. Zwar sehen wir dies als eine Reaktion auf starke spekulative Übertreibung zuvor. Dennoch dürften insbesondere Industrierohstoffe jetzt eine starke Kurserholung hinlegen, nachdem die Aktienmärkte wieder freundlicher tendieren. Am Freitag konnte der Dow Jones Aktienindex einen nahezu perfekten Rebound hinlegen und die anfänglichen Verluste von bis zu 10% fast komplett wieder wettmachen.
Am Wochenende haben sich die führenden Industrienationen und die Länder der Eurozone auf gemeinsame Aktionen zur Bekämpfung der Finanzkrise geeinigt, was kurzfristig sicherlich auch zur Beruhigung der Rohstoffmärkte beitragen sollte. Der übergeordnete mittelfristige Abwärtstrend bei Rohstoffen bleibt jedoch intakt, weil in einer Rezession Rohstoffe, wie z.B. Rohöl oder Industriemetalle, wenig nachgefragt werden.
Energie
Kräftig fallende Aktienmärkte und die Befürchtungen, dass die Finanzkrise zu einer weiteren Verlangsamung der Ölnachfrage führt, setzten den WTI-Ölpreis am Freitag erneut stark unter Druck. Erstmals seit einem Jahr wurde dabei die Marke von 80 USD je Barrel unterschritten, wobei die Ölpreise ein 13-Monatstief verzeichnet haben. Die Tatsache, dass andere Industrierohstoffe, wie z.B. die Industriemetalle, bereits auf dem tiefsten Niveau seit Ende 2005 notieren, macht weiteres Korrekturpotenzial bei Rohöl deutlich. Auf Sicht der nächsten Tage erwarten wir dennoch für den Ölpreis eine starke Erholung, wobei sogar ein Anstieg über 90 USD je Barrel wahrscheinlich ist.
Die Risiken auf der Angebotsseite sind derzeit höher als zuvor, wobei die wahrscheinliche Reaktion von der OPEC sowie die nach wie vor angespannte Situation in Nigeria, Russland, Iran und Venezuela belasten. Auch die Finanzkrise dürfte zur Spannung beitragen, nicht nur weil Projekte verzögert werden, sondern weil man befürchtet, dass als nächstes die Krise die Akkreditive bzw. Kreditbriefe erreichen wird. Diese werden auch von Logistikunternehmen für kurzfristige Finanzierungen ihrer Operationen eingesetzt, wobei das fehlende Vertrauen der Banken zueinander zum Kollaps des Welthandels führen könnte. Mit dem Rettungspaket dürfte jedoch auch dieses Risiko auf der Angebotsseite sinken und einem mittelfristigen Rückgang des Ölpreises nicht entgegenstehen. Denn trotz der erneuten Abwärtsrevision seitens der IEA rechnet die Agentur im kommenden Jahr mit einem Nachfragewachstum von 690 Tsd. Barrel pro Tag, das sich aus unserer Sicht als zu optimistisch erweisen dürfte. J.D. Power erwartet, dass die Anzahl der Auto-Neuzulassungen in den USA im nächsten Jahr um weitere 3% sinkt, nachdem sie in diesem Jahr um voraussichtlich 16% im Vergleich zum Vorjahr zurückgehen wird.
Nicht nur in den OECD-Ländern, sondern auch in China und Indien sollte sich das Wachstum dramatisch abschwächen. Das Wachstum in China sollte in diesem Jahr 9,7% betragen nach 24,1% im Vorjahr. In Indien sollte die Wachstumsrate sogar bei lediglich 5,1% liegen.
Edelmetalle
Der Goldpreis konnte von der Schwäche der Finanzmärkte noch nicht richtig profitieren und notiert heute Morgen bei 860 USD, nachdem er am Freitag erneut Kurse um 930 USD je Unze verzeichnet hat. Der größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, berichtet erneut Zuflüsse. Das Fonds-Volumen ist nun mit mehr als 770 Tonnen Gold höher als die Reserven der Zentralbank Japans. Eine zurückkehrende Zuversicht der Finanzanleger dürfte zwar den Goldpreis kurzfristig belasten.
Mittelfristig sind wir aber weiterhin von den Sicherheits-Aspekten der Gold-Investments überzeugt und erwarten einen nachhaltigen Anstieg des Goldpreises über 900 USD. Die Preise für Platin und Palladium bleiben dagegen im Sog der aufkeimenden Rezession, die die Nachfrage nach Autos und Autokatalysatoren stark belastet, wenn auch die Preise aufgrund der hohen Förderkosten nicht weiter fallen sollten.
Industriemetalle
Mit Ausnahme von Aluminium verloren alle an der LME gehandelten NE-Metalle am Freitag im Tagesverlauf zeitweise mehr als 10%. Wir sehen in diesen starken Preisrückgängen Kapitulation der Finanzinvestoren und teilweise Zwangsliquidationen von Produzenten und Händlern, die nicht auf fundamentale Bedingungen zurückzuführen sind. Auch sind die steigenden LME-Lagerbestände nicht unbedingt ein Hinweis auf Überschuss am Markt, sondern vielmehr eine Umklassifizierung der bestehen Bestände zwecks kurzfristiger Liquidationen.
Es mehren sich derzeit die Anzeichen für eine mittelfristige Bodenbildung, weil sich das Minenangebot künftig stark reduzieren sollte, wobei die neuen Projekte verzögert und die bestehenden Aktivitäten zurückgefahren werden. Dies dürfte auch dafür sorgen, dass sich die Rohstoffpreise nach der Krise sehr stark erholen werden, weil die Projekte nicht gebaut und die Lagerbestände geringen werden. Kurzfristig rechnen wir nach den starken Verlusten der vergangenen zwei Wochen mit starken Preisanstiegen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Am Wochenende haben sich die führenden Industrienationen und die Länder der Eurozone auf gemeinsame Aktionen zur Bekämpfung der Finanzkrise geeinigt, was kurzfristig sicherlich auch zur Beruhigung der Rohstoffmärkte beitragen sollte. Der übergeordnete mittelfristige Abwärtstrend bei Rohstoffen bleibt jedoch intakt, weil in einer Rezession Rohstoffe, wie z.B. Rohöl oder Industriemetalle, wenig nachgefragt werden.
Energie
Kräftig fallende Aktienmärkte und die Befürchtungen, dass die Finanzkrise zu einer weiteren Verlangsamung der Ölnachfrage führt, setzten den WTI-Ölpreis am Freitag erneut stark unter Druck. Erstmals seit einem Jahr wurde dabei die Marke von 80 USD je Barrel unterschritten, wobei die Ölpreise ein 13-Monatstief verzeichnet haben. Die Tatsache, dass andere Industrierohstoffe, wie z.B. die Industriemetalle, bereits auf dem tiefsten Niveau seit Ende 2005 notieren, macht weiteres Korrekturpotenzial bei Rohöl deutlich. Auf Sicht der nächsten Tage erwarten wir dennoch für den Ölpreis eine starke Erholung, wobei sogar ein Anstieg über 90 USD je Barrel wahrscheinlich ist.
Die Risiken auf der Angebotsseite sind derzeit höher als zuvor, wobei die wahrscheinliche Reaktion von der OPEC sowie die nach wie vor angespannte Situation in Nigeria, Russland, Iran und Venezuela belasten. Auch die Finanzkrise dürfte zur Spannung beitragen, nicht nur weil Projekte verzögert werden, sondern weil man befürchtet, dass als nächstes die Krise die Akkreditive bzw. Kreditbriefe erreichen wird. Diese werden auch von Logistikunternehmen für kurzfristige Finanzierungen ihrer Operationen eingesetzt, wobei das fehlende Vertrauen der Banken zueinander zum Kollaps des Welthandels führen könnte. Mit dem Rettungspaket dürfte jedoch auch dieses Risiko auf der Angebotsseite sinken und einem mittelfristigen Rückgang des Ölpreises nicht entgegenstehen. Denn trotz der erneuten Abwärtsrevision seitens der IEA rechnet die Agentur im kommenden Jahr mit einem Nachfragewachstum von 690 Tsd. Barrel pro Tag, das sich aus unserer Sicht als zu optimistisch erweisen dürfte. J.D. Power erwartet, dass die Anzahl der Auto-Neuzulassungen in den USA im nächsten Jahr um weitere 3% sinkt, nachdem sie in diesem Jahr um voraussichtlich 16% im Vergleich zum Vorjahr zurückgehen wird.
Nicht nur in den OECD-Ländern, sondern auch in China und Indien sollte sich das Wachstum dramatisch abschwächen. Das Wachstum in China sollte in diesem Jahr 9,7% betragen nach 24,1% im Vorjahr. In Indien sollte die Wachstumsrate sogar bei lediglich 5,1% liegen.
Edelmetalle
Der Goldpreis konnte von der Schwäche der Finanzmärkte noch nicht richtig profitieren und notiert heute Morgen bei 860 USD, nachdem er am Freitag erneut Kurse um 930 USD je Unze verzeichnet hat. Der größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, berichtet erneut Zuflüsse. Das Fonds-Volumen ist nun mit mehr als 770 Tonnen Gold höher als die Reserven der Zentralbank Japans. Eine zurückkehrende Zuversicht der Finanzanleger dürfte zwar den Goldpreis kurzfristig belasten.
Mittelfristig sind wir aber weiterhin von den Sicherheits-Aspekten der Gold-Investments überzeugt und erwarten einen nachhaltigen Anstieg des Goldpreises über 900 USD. Die Preise für Platin und Palladium bleiben dagegen im Sog der aufkeimenden Rezession, die die Nachfrage nach Autos und Autokatalysatoren stark belastet, wenn auch die Preise aufgrund der hohen Förderkosten nicht weiter fallen sollten.
Industriemetalle
Mit Ausnahme von Aluminium verloren alle an der LME gehandelten NE-Metalle am Freitag im Tagesverlauf zeitweise mehr als 10%. Wir sehen in diesen starken Preisrückgängen Kapitulation der Finanzinvestoren und teilweise Zwangsliquidationen von Produzenten und Händlern, die nicht auf fundamentale Bedingungen zurückzuführen sind. Auch sind die steigenden LME-Lagerbestände nicht unbedingt ein Hinweis auf Überschuss am Markt, sondern vielmehr eine Umklassifizierung der bestehen Bestände zwecks kurzfristiger Liquidationen.
Es mehren sich derzeit die Anzeichen für eine mittelfristige Bodenbildung, weil sich das Minenangebot künftig stark reduzieren sollte, wobei die neuen Projekte verzögert und die bestehenden Aktivitäten zurückgefahren werden. Dies dürfte auch dafür sorgen, dass sich die Rohstoffpreise nach der Krise sehr stark erholen werden, weil die Projekte nicht gebaut und die Lagerbestände geringen werden. Kurzfristig rechnen wir nach den starken Verlusten der vergangenen zwei Wochen mit starken Preisanstiegen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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