Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Todestanz des US-Dollars

27.10.2008  |  Jim Willie CB
Die Erholung des US-Dollars in den letzten Wochen ist bemerkenswert gewesen. Schaut man genauer hin, ähnelt sie einem schnellen Aufbäumen kurz vor dem Tod. Stellen Sie sich einen alten Mann vor, der gerade einen Herzinfarkt erlitten hat. Er hat das Gefühl in verschiedenen Körperteilen verloren, sein Geist funktioniert nicht richtig, ein Haufen unsinniges Gequassel kommt aus seinem Mund und er tanzt gerade schwerfällig und keuchend vor sich hin. Die riesigen Liquidationsbewegungen gleichen einem alten Mann, der gerade einbalsamiert wird, während er auf den Tischen des Bestattungsunternehmens tanzt - sozusagen ein Ausschreibungsverfahren für seine sterblichen Überreste. Sind die Amerikaner denn die Letzten, die mitbekommen, dass die Zerstörung der Finanzstruktur nicht bedeutet, dass die US-Wirtschaft in die Rezession rutscht, sondern wohl eher einer eigentümlichen, bisher beispiellosen Auflösung entgegen strebt? Es scheint ganz so. Die Liquidierung spekulativer Positionen, das massive "Deleveraging", die Auszahlung gescheiterter Bonds - diese Ereignisse sind das komplette Gegenteil einer Entwicklung, die auf Belebung und Wiederherstellung abzielt - wie zum Beispiel Unternehmensinvestitionen. Liquidierung ist das genaue Gegenteil von Investition und sie geht der Kürzung von Arbeitsstellen voran - nicht aber der Schaffung neuer Stellen.

Die folgenden wichtigen Problemkreise untersuche ich detailliert im Hat Trick Letter vom Oktober. Diesen Monat gab es einen zusätzlichen Krisenteil, da zu viel passiert - das meiste davon ist verwirrend. Viele Geschichten tauchen hinter anderen Geschichten auf - viele geschehen im Verdeckten. Hier ist ein kurzer Abriss, der an der Oberfläche bleiben muss. Diese Dinge werden detailliert für Abonnenten diskutiert und analysiert.


Faktoren hinter der Erholung des US-Dollars

Was den US-Dollar gerade treibt, kann nicht in irgendetwas umgedeutet werden, das auch nur entfernt mit gesunden Faktoren zu tun hat. Es hat nicht im Geringsten Ähnlichkeit mit Investitionen. Es ähnelt eher ausgezahlten Todeskontrakten, ausgezahlten Todesinvestitionen, ausgezahlten Transfers von Sondermüll-Bonds in etwas, das fälschlicherweise als Sicherheit von US-Bonds angesehen wird, für die zudem eine verkrüppelte US-Regierung garantiert. Ausländische Institutionen liquidieren ganz massiv. Sie brauchen enorme US-Dollarmengen, um die Transaktionen zu Ende zu bringen. Ebenso werden enorme Dollarmengen für die Auszahlung von CDSwaps benötigt, da gescheiterte Bonds aufgelöst werden. Fast alle CDSwaps und Kreditderivate werden in US-Dollars ausgezahlt. Die Auszahlungen für Lehman Brothers waren erneut voller Lügen. Lehman Brothers Gesamtvolumen an Unternehmensbonds belief sich auf 160 Milliarden $, aber alles in allem waren daran 400 Milliarden $ in CDS gebunden! Es überrascht also nicht, dass der Aktienindizes DOW und S&P 500 heftig einbrachen (beim DOW waren es 400 Punkte) am Tag als Lehman aufgelöst wurde. Und die Marktexperten prahlten am Tag der Lehman-Beerdigung, dass es keine Auswirkungen gäbe!

Die DTCC (Depository Trust & Clearing Corp) berichtete nur von einer Auszahlung in Höhe von insgesamt 5,2 Milliarden $ bei der Auflösung der gescheiterten CDSwaps von Lehman Brothers. Hätte diese "Dis-Trust Clearing Corp." doch einmal Experten für Kreditderivate zu Rate ziehen sollen, die nach einer Bereinigung von anderen Zahlen ausgehen, nämlich von insgesamt 220 Milliarden $ bis 270 Milliarden $. Übrigens ist diese besagte DTCC auch jene offizielle Bankeninstitution, die alle Übernacht-Clearinggeschäfte für Aktien kontrolliert, einschließlich aller nackten Leerverkäufe. Der Deleveraging-Prozess lässt die Zentralbanker mit leeren Händen dastehen, er zeigt sie vor leeren Finanzschränken. Daher auch der Bedarf an massiven Zentralbank-Swaps seitens der US-Notenbank, die perverserweise ihre Funktion ins Ausland verlagert. Und jene könnten sich tatsächlich noch in Besitz größerer Dollar-Bestände befinden als die US-Notenbank selbst. Die US-Notenbank hat also die ausländischen Zentralbanken gebeten, ihren Job zu übernehmen und die Weltreservewährung zu managen? Und dies inmitten einer Rally des US-Dollars!?!

Die Credit Default Swaps haben das Potential, Hiroshima-Löcher in das gesamte US-Finanzsystem zu brennen, was eine Implosion der US-Wirtschaft zur Folge hätte, da die Strukturen des Banken- und Finanzsystems fast komplett eliminiert würden. Der Prozess hat gerade erst angefangen, aber noch im Dunklen. Der andere Grund für die großen Bailouts war die Verhinderung von CDSwap-Explosionen, bei der die Gefahr einer bombastischen Kettenreaktion besteht. Der eigentlich wichtige Aspekt der CDSwap-Kontrakte ist ihr verstecktes Wesen - ihre Zündschnüre überschneiden sich im Dunklen.

Wenn die Marktexperten über den Deleveraging-Prozess reden, dann beziehen sie sich auf Investitionen, die gerade liquidiert werden. Sehr häufig geht es in ihren Lagebeschreibungen nicht um die Wall-Street-Firmen, die, verzweifelt den Bankrott aufschiebend, brutal auf ihre eigenen Kunden zielen. Die großen Konten liegen in Hedge-Fonds, wo die Privatvermögenden dezimiert werden. Kredit wird abgezogen. Nachschussforderungen werden gezahlt. Die Margin-Verhältnisse werden angehoben. Jene Fonds, deren Positionen mit den Wall-Street-Raubtieren zusammenhängen, bleiben in ihren Investitionsportfolios. Die gegenüberstehenden Fonds werden jedoch mit Artillerie, Bombenteppichen und frühmorgendlichen Raids attackiert. Und der US-Dollar erholt sich im Umfeld dieser finsteren Art von Liquidierung. Als Folge werden zahlreiche Spread-Handel, die mit US-Staatsanleihen verankert wurden, zum Verkauf getrieben. Das bedeutet, der Rückkauf der US-Bonds findet aufgrund von Short-Eindeckungen für diese Aktionen statt. Ob es sich nun um Hypotheken-Bonds, Unternehmensbonds, Emerging-Market-Bonds, Rohöl oder Gold handelt: Der Handel wird liquidiert und eine US-Staatsanleihe wird zurückgekauft. Kein greifbarer Endabnehmer - nur Short-Eindeckungen mit US-Staatsanleihen. Und das soll die Basis für die Erholung des US-Dollars sein?


US-Fundamentaldaten verschlechtern sich

Wie oft haben wir es schon erlebt, dass der US-Aktienmarkt fällt, die Erträge für nicht staatliche Bonds steigen, der US-Dollar steigt und die Erträge für US-Staatsanleihen sinken? In den letzten Wochen ist dies die Norm gewesen. Dies sind Todessignale - und keine Investitionssignale. Die US-Wirtschaft kann sich keine Liquidierungen und Kreditbeschränkungen leisten - eine wohlbekannte Tatsache, die heutzutage offensichtlich vergessen scheint. Diese Signale kommen in einem Klima sinkenden Vertrauens, vermehrter Stressmaßnahmen seitens der Banken, steigender Arbeitsplatzverluste, steigender Zwangsvollstreckungen und jüngst auch Problemen mit Aktivkrediten in Umfeld von Hafenanlagen.

An den Finanzmärkten, wie auch beim US-Dollar, wurde die tiefe Rezession der US-Wirtschaft noch nicht eingepreist. Die US-Dollar-Erholung ist auf einem Höhenflug - angesichts sich verschlechternder Fundamentaldaten. Sehen Sie sich die Stellenkürzungen bei Caterpillar, Merrill Lynch, General Motors, Chrysler und einigen Wall-Street-Firmen an, zu denen heute auch Goldman Sachs gehört. Wöchentliche Arbeitslosmeldungen von nahezu einer halben Million - pro Woche - so wie am Höhepunkt der nicht wahrgenommenen Rezession von 2001. Schauen Sie auf den UMichigan-Index für Verbraucherstimmung, den Philly Fed Index, den Empire Fed Index, die führenden Wirtschaftsindikatoren, die Auftragszahlen für Gebrauchsgüter und so weiter und so fort. Die Einzelhandelszahlen - das Rückgrat der US-Wirtschaft - sacken zusammen. Und die Zahlen für diesen Einbruch wurden noch nicht einmal inflationsbereinigt. Auch die Absatzzahlen für Autos brechen ein.




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"