Extreme Schwankungsbreite bei Rohstoffen
06.11.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Der WTI-Ölpreis hat gestern mehr als 5 US-Dollar verloren und handelt aktuell wieder unter 65 USD je Barrel. Fallende Aktienmärkte und die Sorgen vor einer weiteren Abschwächung der Ölnachfrage setzten den Ölpreis wieder unter Druck. So fiel der US-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor auf ein Rekordtief und bestätigte damit, dass sich die US-Wirtschaft in der Rezession befindet. Die wöchentlichen Lagerbestandsdaten des US-Energieministeriums erwiesen sich ebenfalls als belastend, weil sie die derzeitige Nachfrageschwäche bestätigten. Die Rohöllagerbestände stiegen in der vergangenen Woche zwar nur um 54 Tsd. Barrel und damit deutlich weniger als erwartet. Ausschlaggebend hierfür war ein deutlicher Rückgang der Rohölimporte. Die Nachfrage der Raffinerien nach Rohöl war dagegen rückläufig. Dies ist nicht überraschend, bedenkt man, dass die Raffinerien bei der Rohölverarbeitung zu Benzin massive Verluste einfahren. Wegen der Nachfrageschwäche stiegen die Benzinlagerbestände unerwartet um 1,1 Mio. Barrel an.
Auch die Vorräte für die Mitteldestillate verzeichneten einen Anstieg um 1,2 Mio. Barrel, was etwa im Rahmen der Erwartungen lag. Die Nachfrage nach Ölprodukten ist weiterhin sehr schwach. Sie lag nach Angaben des US-Energieministeriums in den vergangenen vier Wochen 6,7% niedriger als im Vorjahr. Wie das Londoner Beratungsunternehmen Lloyd´s Marine Intelligence Unit berichtet, lagen die OPEC-Lieferungen in den vier Wochen bis 19. Oktober um 830 Tsd. Barrel niedriger als in den vier Wochen zuvor. Dies würde darauf hindeuten, dass der Beschluss der OPEC vom September, die Überproduktion zurückzuführen, auch tatsächlich umgesetzt wurde. Nun wird es darauf ankommen, dass die Quotenkürzung um 1,5 Mio. Barrel von Ende Oktober ebenfalls möglichst genau umgesetzt wird. Nur so haben Drohungen, die Fördermenge notfalls im Dezember nochmals zu senken, die gewünschte stabilisierende Wirkung auf die Preise. Gestern hat mit Angola ein weiteres Mitgliedsland angekündigt, die Produktion gemäß OPEC-Beschluss um 5% zu kürzen. Das US-Energieministerium geht davon aus, dass die OPEC die Fördermenge bis Januar um 1,1 Mio. Barrel pro Tag reduziert haben wird.
Ungeachtet der derzeitigen Konjunkturschwäche rechnet laut Financial Times die IEA damit, dass der Ölpreis bei einer Erholung der Weltwirtschaft wieder über 100 USD steigt und bis zum Jahr 2015 inflationsbereinigt im Durchschnitt bei 100 USD je Barrel liegt. Bis 2030 soll der Ölpreis sogar über 200 USD steigen. Ausschlaggebend für den Anstieg sollte vor allem die stark zurückgehende Produktion auf den bestehenden Ölfeldern sein.
Edelmetalle
Gold verlor im Tagesverlauf 15 US-Dollar und wird am Morgen bei 740 USD je Feinunze gehandelt. Mit dem niedrigeren Ölpreis und dem wieder stärkeren US-Dollar erhält der Goldpreis heute gleich in zweifacher Hinsicht Gegenwind, der einen Anstieg dämpft. Aufgrund der erneuten Zunahme der Risikoaversion und der wahrscheinlichen kräftigen Zinssenkungen seitens der Bank von England und der EZB dürften die Verluste in Grenzen halten. Fallende Realzinsen sind positiv für den Goldpreis, weil dadurch die Opportunitätskosten der Goldhaltung sinken.
Venezuela gab bekannt, die riesige Las Cristinas Goldlagerstätte, welche derzeit vom Crystallex betrieben wird, im nächsten Jahr verstaatlichen zu wollen. Bislang war vor allem die Ölindustrie von den Verstaatlichungen in Venezuela betroffen. Der starke Nationalismus ist neben den hohen Produktionskosten und zahlreichen Produktionsunterbrechungen ein weiterer unterstützender Faktor für Gold.
Industriemetalle
Auch die Industriemetalle wurden von den erneut dominierenden Konjunktursorgen in den Abwärtssog gezogen. Die jüngsten indischen Handelsbilanzzahlen bestätigen eine Konjunkturabschwächung auch in den asiatischen Wachstumsländern. Die Exporte sind im September um lediglich 10,4% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, wobei vom April bis September der Anstieg noch 30,9% betragen hat.
Zusätzlich belastet durch weiterhin stark steigende Lagerbestände notiert Kupfer an der LME heute morgen wieder unter 4000 Dollar je Tonne. Seit Mitte Oktober sind die LME-Lagerbestände um 17% gestiegen und befinden sich damit auf dem höchsten Stand seit vier Jahren. Problematisch ist das derzeit auch in China nachlassende Nachfragewachstum.
Trotz eines Marktüberschusses bei Zink plant das südkoreanische Unternehmen Korea Zinc für das kommende Jahr keine Produktionskürzungen, weil diese den Gewinn weiter schmälern würden: der Output soll mit 450 Tsd. Tonnen Zink auf dem Niveau dieses Jahres stagnieren. Zink gibt gestern weiter nach und fällt erneut unter 1200 US-Dollar je Tonne. Bei diesen Preisen dürfte jedoch ein Großteil der Minenproduktion bereits unprofitabel sein und wir erwarten weiterhin Kürzungen, die den Markt wieder stabilisieren sollten.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der WTI-Ölpreis hat gestern mehr als 5 US-Dollar verloren und handelt aktuell wieder unter 65 USD je Barrel. Fallende Aktienmärkte und die Sorgen vor einer weiteren Abschwächung der Ölnachfrage setzten den Ölpreis wieder unter Druck. So fiel der US-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor auf ein Rekordtief und bestätigte damit, dass sich die US-Wirtschaft in der Rezession befindet. Die wöchentlichen Lagerbestandsdaten des US-Energieministeriums erwiesen sich ebenfalls als belastend, weil sie die derzeitige Nachfrageschwäche bestätigten. Die Rohöllagerbestände stiegen in der vergangenen Woche zwar nur um 54 Tsd. Barrel und damit deutlich weniger als erwartet. Ausschlaggebend hierfür war ein deutlicher Rückgang der Rohölimporte. Die Nachfrage der Raffinerien nach Rohöl war dagegen rückläufig. Dies ist nicht überraschend, bedenkt man, dass die Raffinerien bei der Rohölverarbeitung zu Benzin massive Verluste einfahren. Wegen der Nachfrageschwäche stiegen die Benzinlagerbestände unerwartet um 1,1 Mio. Barrel an.
Auch die Vorräte für die Mitteldestillate verzeichneten einen Anstieg um 1,2 Mio. Barrel, was etwa im Rahmen der Erwartungen lag. Die Nachfrage nach Ölprodukten ist weiterhin sehr schwach. Sie lag nach Angaben des US-Energieministeriums in den vergangenen vier Wochen 6,7% niedriger als im Vorjahr. Wie das Londoner Beratungsunternehmen Lloyd´s Marine Intelligence Unit berichtet, lagen die OPEC-Lieferungen in den vier Wochen bis 19. Oktober um 830 Tsd. Barrel niedriger als in den vier Wochen zuvor. Dies würde darauf hindeuten, dass der Beschluss der OPEC vom September, die Überproduktion zurückzuführen, auch tatsächlich umgesetzt wurde. Nun wird es darauf ankommen, dass die Quotenkürzung um 1,5 Mio. Barrel von Ende Oktober ebenfalls möglichst genau umgesetzt wird. Nur so haben Drohungen, die Fördermenge notfalls im Dezember nochmals zu senken, die gewünschte stabilisierende Wirkung auf die Preise. Gestern hat mit Angola ein weiteres Mitgliedsland angekündigt, die Produktion gemäß OPEC-Beschluss um 5% zu kürzen. Das US-Energieministerium geht davon aus, dass die OPEC die Fördermenge bis Januar um 1,1 Mio. Barrel pro Tag reduziert haben wird.
Ungeachtet der derzeitigen Konjunkturschwäche rechnet laut Financial Times die IEA damit, dass der Ölpreis bei einer Erholung der Weltwirtschaft wieder über 100 USD steigt und bis zum Jahr 2015 inflationsbereinigt im Durchschnitt bei 100 USD je Barrel liegt. Bis 2030 soll der Ölpreis sogar über 200 USD steigen. Ausschlaggebend für den Anstieg sollte vor allem die stark zurückgehende Produktion auf den bestehenden Ölfeldern sein.
Edelmetalle
Gold verlor im Tagesverlauf 15 US-Dollar und wird am Morgen bei 740 USD je Feinunze gehandelt. Mit dem niedrigeren Ölpreis und dem wieder stärkeren US-Dollar erhält der Goldpreis heute gleich in zweifacher Hinsicht Gegenwind, der einen Anstieg dämpft. Aufgrund der erneuten Zunahme der Risikoaversion und der wahrscheinlichen kräftigen Zinssenkungen seitens der Bank von England und der EZB dürften die Verluste in Grenzen halten. Fallende Realzinsen sind positiv für den Goldpreis, weil dadurch die Opportunitätskosten der Goldhaltung sinken.
Venezuela gab bekannt, die riesige Las Cristinas Goldlagerstätte, welche derzeit vom Crystallex betrieben wird, im nächsten Jahr verstaatlichen zu wollen. Bislang war vor allem die Ölindustrie von den Verstaatlichungen in Venezuela betroffen. Der starke Nationalismus ist neben den hohen Produktionskosten und zahlreichen Produktionsunterbrechungen ein weiterer unterstützender Faktor für Gold.
Industriemetalle
Auch die Industriemetalle wurden von den erneut dominierenden Konjunktursorgen in den Abwärtssog gezogen. Die jüngsten indischen Handelsbilanzzahlen bestätigen eine Konjunkturabschwächung auch in den asiatischen Wachstumsländern. Die Exporte sind im September um lediglich 10,4% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, wobei vom April bis September der Anstieg noch 30,9% betragen hat.
Zusätzlich belastet durch weiterhin stark steigende Lagerbestände notiert Kupfer an der LME heute morgen wieder unter 4000 Dollar je Tonne. Seit Mitte Oktober sind die LME-Lagerbestände um 17% gestiegen und befinden sich damit auf dem höchsten Stand seit vier Jahren. Problematisch ist das derzeit auch in China nachlassende Nachfragewachstum.
Trotz eines Marktüberschusses bei Zink plant das südkoreanische Unternehmen Korea Zinc für das kommende Jahr keine Produktionskürzungen, weil diese den Gewinn weiter schmälern würden: der Output soll mit 450 Tsd. Tonnen Zink auf dem Niveau dieses Jahres stagnieren. Zink gibt gestern weiter nach und fällt erneut unter 1200 US-Dollar je Tonne. Bei diesen Preisen dürfte jedoch ein Großteil der Minenproduktion bereits unprofitabel sein und wir erwarten weiterhin Kürzungen, die den Markt wieder stabilisieren sollten.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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