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Negative Nachrichten ausreichend eingepreist

13.11.2008  |  Eugen Weinberg
Energie

Der Preis für Nordsee Brentöl ist heute erstmals seit Juni 2005 unter 51 USD je Barrel gefallen. Fallende Aktienmärkte und Sorgen vor einer weiteren Nachfrage-abschwächung prägen das Bild. Untermauert wurde dies durch die neuesten Prognosen des US-Energieministeriums, welches für das laufende Jahr einen Rückgang des Ölverbrauchs in den USA um 1,1 Mio. Barrel pro Tag oder 5,4% erwartet. Dies wäre der erste Jahresrückgang seit 1980. Im kommenden Jahr sollte die Ölnachfrage in den USA um weitere 250 Tsd. Barrel zurückgehen. Die Weltnachfrage dürfte in diesem Jahr nur um 100 Tsd. Barrel pro Tag steigen und im kommenden Jahr stagnieren. Ein Rückgang wird nur durch die robuste Nachfrage in den Schwellenländern verhindert, welche um 2,3 Mio. Barrel pro Tag steigen soll.

Heute veröffentlichte auch die Internationale Energieagentur (IEA) ihre aktuellen Prognosen zur Nachfrageentwicklung. Sie erwartet für 2008 einen Nachfrageanstieg um 120 Tsd. Barrel pro Tag und für 2009 einen Zuwachs um 350 Tsd. Barrel pro Tag. Damit ist sie immer noch optimistischer als das US-Energieministerium. Angebotsrisiken werden dagegen am Markt vollkommen ignoriert. So kann es mittlerweile als sehr wahrscheinlich gelten, dass die OPEC spätestens im Dezember die Fördermenge erneut reduzieren wird. Mittlerweile sprechen sich selbst moderate Mitglieder wie Kuwait und Nigeria für eine nochmalige Fördermengenkürzung aus.

OPEC-Präsident Khelil brachte eine Kürzung schon am 29. November ins Spiel, wenn sich die Organisation der Arabischen Erdölexportierenden Länder in Kairo trifft. Gestern warnte die IEA außerdem im gestrigen Jahresausblick vor einer langfristigen Energieverknappung. Selbst unter der konservativen Annahme, dass die weltweite Ölnachfrage in den nächsten 22 Jahren unverändert bleibt, müsste die Produktion um 45 Mio. Barrel pro Tag ausgeweitet werden, um den Produktionsrückgang in den bestehenden Feldern auszugleichen. Langfristig deutet somit vieles auf deutlich steigende Ölpreise hin, wobei die IEA bereits für die Jahre 2009-2015 mit einem Durchschnittspreis (inflationsbereinigt) von 100 USD rechnet. Heute werden in den USA die Lagerbestandsdaten für die vergangene Woche veröffentlicht. Die Rohöllagerbestände dürften um 1 Mio. Barrel gestiegen sein. Bei Benzin wird mit einem Lageraufbau um 100 Tsd. Barrel gerechnet, bei den Destillaten mit einem Anstieg um 900 Tsd. Barrel. Ein stärkerer Anstieg würde den Ölpreis weiter unter Druck setzen.

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Edelmetalle

Gold tut sich weiter schwer, seiner Rolle als sicherer Hafen gerecht zu werden. Der Preis für die Feinunze fiel gestern bis auf 710 USD, den niedrigsten Stand seit drei Wochen. Wie schon in den vergangenen Wochen profitiert vor allem der US-Dollar vom Anstieg der Risikoaversion und Gold gerät unter Druck. Einem Rückgang unter 700 USD sollte die physische Nachfrage nach Goldbarren und Schmuck entgegenstehen, welche auf dem aktuell niedrigen Preisniveau anziehen dürfte. Wie bereits gestern erwähnt, ist die Minenproduktion rückläufig. Die aktuellen Zahlen aus Südafrika bestätigen diesen Trend. Die Goldproduktion des bis vor kurzem weltgrößten Goldproduzenten ist im September um 17,7% gegenüber dem Vorjahr gesunken.


Industriemetalle

Im Gegensatz zu den fallenden Aktien- und Energiemärkten konnte sich der Metallsektor trotz der erneut gestiegenen LME-Lagerbestände nach anfänglicher Schwäche gut behaupten. Offensichtlich zeigen die zahlreichen Produktionskürzungen erste Wirkungen. Unterdessen hat BHP Billiton bekannt gegebenen, dass man nicht mit der Entwicklung des 4,5 Milliarden USD teuren Nickelprojektes in Indonesien fortfahren wird, nachdem die Preise allein in diesem Jahr um mehr als 60% gefallen sind. Auch der größte Rohstoffhändler weltweit, Glencore, gab bekannt, dass die Investitionsausgaben im laufenden Jahr ihren Hochpunkt erreichen und ab nächstem Jahr "spürbar" sinken werden.

Die Krise erreicht jetzt auch die Kohleproduzenten. Die führenden Kohleproduzenten Russlands haben bereits dramatische Kürzungen bekannt gegeben. Raspadskaya, der zweitgrößte Kokskohleproduzent, will für das 4. Quartal die geplante Produktion um zwei Drittel kürzen. Der weltgrößte Kohlenstaubproduzent MacArthur Coal gab bekannt, dass man die Produktion kürzen muss, weil der Hauptaktionär und der größte Kunde, ArcelorMittal, nicht mehr soviel Material für die Metallurgie braucht.

China gab gestern die Produktionszahlen für Oktober bekannt: demnach ist die Produktion von Nickel um 9%, die von Kupfer um 7% und die von Aluminium um 5% gegenüber Vormonat gefallen. Auch wenn für die drei Industriemetalle in den ersten 10 Monaten des laufenden Jahres noch immer Zuwachsraten um die 10% zu verzeichnen sind, zeigen die jüngsten Daten klar die Abschwächungstendenzen, die von der soeben für Oktober gemeldeten schwächsten Zuwachsrate der Industrieproduktion Chinas seit sieben Jahren bestätigt wird. Die Produktionskürzungen sollten dennoch die Preiskorrektur anhalten.


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© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst

Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets





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