Gold trotzt dem Abwärtssog
20.11.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Fallende Aktienmärkte und anhaltende Sorgen vor einer weiteren Abschwächung der Nachfrage setzen den Ölpreis weiter unter Druck. Der heute auslaufende Dezember-Kontrakt für WTI ist unter 53 USD je Barrel gefallen. Der Brent-Future handelt nur noch knapp über 50 USD je Barrel. Als zusätzlich preisbelastend erwiesen sich gestern die Daten zu den US-Lagerbeständen.
Die Rohöllagerbestände stiegen in der vergangenen Woche mit 1,6 Mio. Barrel stärker als erwartet. Auch bei Benzin gab es einen unerwarteten Lageranstieg um 539 Tsd. Barrel. Dies konnte durch den überraschenden Rückgang bei den Destillaten um 1,5 Mio. Barrel nicht ausgeglichen werden, zumal die Kraftstoffnachfrage in den vergangenen vier Wochen um 7,7% niedriger lag als vor einem Jahr. Laut US-Transportministerium wurden in den USA im September 10,7 Mrd. oder 4,4% weniger Meilen gefahren als vor einem Jahr.
Bei aller Fokussierung auf die Konjunkturrisiken darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zuletzt auch die Angebotsrisiken deutlich zugenommen haben. So ist durch die Entführung eines saudischen Supertankers durch somalische Piraten weit vor der ostafrikanischen Küste ein wichtiger Transportweg für Rohöl unsicher geworden. Mehrere große Schifffahrtsgesellschaften ziehen daher in Erwägung, ihre Tankschiffe nicht mehr durch den Suezkanal, sondern stattdessen um das Kap der Guten Hoffnung fahren zu lassen. Dies dürfte sich in höheren Fracht- und Versicherungskosten niederschlagen.
Nach Angaben des US-Energieministeriums werden täglich 3,9 Mio. Barrel Rohöl durch den Suezkanal zum Mittelmeer transportiert. Zudem ist die Nachfrage nicht so schwach wie sie gemacht wird. In Japan sind die Rohölimporte im Oktober um 2,6% gegenüber dem Vorjahr auf 4,03 Mio. Barrel pro Tag gestiegen.
Edelmetalle
Gold konnte gestern begünstigt durch einen kurzzeitig schwächeren US-Dollar um 3% bis auf 760 USD je Feinunze steigen. Da sich die Gewinne bei EUR/USD nicht als nachhaltig erwiesen, fiel auch Gold wieder auf 740 USD zurück. Dennoch kann sich Gold verhältnismäßig gut behaupten, bedenkt man, dass EUR/USD seit dem gestern Nachmittag verzeichneten Hoch drei US-Cents verloren hat, der Ölpreis weiter unter Druck steht und die Inflationsrate in den USA stärker gesunken ist als erwartet. Gold profitiert dabei vom erneuten Anstieg der Risikoaversion, welcher durch den kräftigen Rückgang der Aktienmärkte ausgelöst wurde.
Der S&P500 verlor gestern mehr als 6% und schloss auf dem tiefsten Stand seit März 2003. SPDR Gold Trust vermeldet im Zuge dessen Zuflüsse in Höhe von 3 Tonnen auf 752 Tonnen. Die Goldnachfrage war im dritten Quartal robust. Laut World Gold Council belief sie sich 1.133,4 Tonnen und lag damit um 18% höher als im Vorjahr. Seit Jahresbeginn liegt sie damit aber immer noch 4% niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Die Schmucknachfrage, welche knapp 70% der Gesamtnachfrage stellt, stieg im dritten Quartal um 8% auf 647,6 Tonnen. Den größten Beitrag gab es von der physischen Investmentnachfrage, welche dank der starken Nachfrage nach Barren und Münzen um 56% auf 382,1 Tonnen zulegen konnte. Die Zuflüsse in ETFs stiegen dabei um 8% auf 150 Tonnen.
Industriemetalle
Der Druck auf die Metallpreise hat aufgrund steigender Rezessionsängste wieder zugenommen. Der Aluminiumpreis fiel auf 1.870 Dollar je Tonne, ein neues Dreijahrestief. Die LME-Lagerbestände waren allein gestern um knapp 82 Tsd.Tonnen auf nun 1,7 Mio Tonnen gestiegen, den höchsten Stand seit 1993. Die jüngsten WBMS-Zahlen zeigen einen Angebotsüberschuss in den ersten neun Monaten von gut 1 Mio Tonnen.
Vor allem in China ist die Produktion mit einem Zuwachs von 10% merklich schneller gestiegen als die Nachfrage, die nur um 5% zugelegt hat. Produktionskürzungen sind daher unumgänglich: Das in London gelistetete Unternehmen Vedanta Ressources gab bekannt, seine Aluminiumproduktion vorübergehend um 60% zu reduzieren. Vedanta produziert 130 Tsd. Tonnen jährlich. Der schwache Aluminiummarkt setzt auch den Preis für das Vorprodukt Tonerde (Alumina) stark unter Druck: dieser hat sich seit Mitte August nahezu halbiert.
Auch bei Kupfer geht die Talfahrt weiter: Der Preis fiel heute morgen unter 3.500 Dollar je Tonne, nachdem die Zahl der Baugenehmigungen in den USA im Oktober auf den niedrigsten Wert seit Erhebung der Datenreihen 1960 gefallen war.
Obwohl auch die Zahlen des WBMS bestätigen, dass der Bleimarkt in den ersten neun Monaten noch defizitär war, zwingt der Preisverfall die Unternehmen zu Produktionskürzungen: Das chinesische Unternehmen Xinling legt 60% seiner jährlichen Kapazität von 100 Tsd. Blei still.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Fallende Aktienmärkte und anhaltende Sorgen vor einer weiteren Abschwächung der Nachfrage setzen den Ölpreis weiter unter Druck. Der heute auslaufende Dezember-Kontrakt für WTI ist unter 53 USD je Barrel gefallen. Der Brent-Future handelt nur noch knapp über 50 USD je Barrel. Als zusätzlich preisbelastend erwiesen sich gestern die Daten zu den US-Lagerbeständen.
Die Rohöllagerbestände stiegen in der vergangenen Woche mit 1,6 Mio. Barrel stärker als erwartet. Auch bei Benzin gab es einen unerwarteten Lageranstieg um 539 Tsd. Barrel. Dies konnte durch den überraschenden Rückgang bei den Destillaten um 1,5 Mio. Barrel nicht ausgeglichen werden, zumal die Kraftstoffnachfrage in den vergangenen vier Wochen um 7,7% niedriger lag als vor einem Jahr. Laut US-Transportministerium wurden in den USA im September 10,7 Mrd. oder 4,4% weniger Meilen gefahren als vor einem Jahr.
Bei aller Fokussierung auf die Konjunkturrisiken darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zuletzt auch die Angebotsrisiken deutlich zugenommen haben. So ist durch die Entführung eines saudischen Supertankers durch somalische Piraten weit vor der ostafrikanischen Küste ein wichtiger Transportweg für Rohöl unsicher geworden. Mehrere große Schifffahrtsgesellschaften ziehen daher in Erwägung, ihre Tankschiffe nicht mehr durch den Suezkanal, sondern stattdessen um das Kap der Guten Hoffnung fahren zu lassen. Dies dürfte sich in höheren Fracht- und Versicherungskosten niederschlagen.
Nach Angaben des US-Energieministeriums werden täglich 3,9 Mio. Barrel Rohöl durch den Suezkanal zum Mittelmeer transportiert. Zudem ist die Nachfrage nicht so schwach wie sie gemacht wird. In Japan sind die Rohölimporte im Oktober um 2,6% gegenüber dem Vorjahr auf 4,03 Mio. Barrel pro Tag gestiegen.
Edelmetalle
Gold konnte gestern begünstigt durch einen kurzzeitig schwächeren US-Dollar um 3% bis auf 760 USD je Feinunze steigen. Da sich die Gewinne bei EUR/USD nicht als nachhaltig erwiesen, fiel auch Gold wieder auf 740 USD zurück. Dennoch kann sich Gold verhältnismäßig gut behaupten, bedenkt man, dass EUR/USD seit dem gestern Nachmittag verzeichneten Hoch drei US-Cents verloren hat, der Ölpreis weiter unter Druck steht und die Inflationsrate in den USA stärker gesunken ist als erwartet. Gold profitiert dabei vom erneuten Anstieg der Risikoaversion, welcher durch den kräftigen Rückgang der Aktienmärkte ausgelöst wurde.
Der S&P500 verlor gestern mehr als 6% und schloss auf dem tiefsten Stand seit März 2003. SPDR Gold Trust vermeldet im Zuge dessen Zuflüsse in Höhe von 3 Tonnen auf 752 Tonnen. Die Goldnachfrage war im dritten Quartal robust. Laut World Gold Council belief sie sich 1.133,4 Tonnen und lag damit um 18% höher als im Vorjahr. Seit Jahresbeginn liegt sie damit aber immer noch 4% niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Die Schmucknachfrage, welche knapp 70% der Gesamtnachfrage stellt, stieg im dritten Quartal um 8% auf 647,6 Tonnen. Den größten Beitrag gab es von der physischen Investmentnachfrage, welche dank der starken Nachfrage nach Barren und Münzen um 56% auf 382,1 Tonnen zulegen konnte. Die Zuflüsse in ETFs stiegen dabei um 8% auf 150 Tonnen.
Industriemetalle
Der Druck auf die Metallpreise hat aufgrund steigender Rezessionsängste wieder zugenommen. Der Aluminiumpreis fiel auf 1.870 Dollar je Tonne, ein neues Dreijahrestief. Die LME-Lagerbestände waren allein gestern um knapp 82 Tsd.Tonnen auf nun 1,7 Mio Tonnen gestiegen, den höchsten Stand seit 1993. Die jüngsten WBMS-Zahlen zeigen einen Angebotsüberschuss in den ersten neun Monaten von gut 1 Mio Tonnen.
Vor allem in China ist die Produktion mit einem Zuwachs von 10% merklich schneller gestiegen als die Nachfrage, die nur um 5% zugelegt hat. Produktionskürzungen sind daher unumgänglich: Das in London gelistetete Unternehmen Vedanta Ressources gab bekannt, seine Aluminiumproduktion vorübergehend um 60% zu reduzieren. Vedanta produziert 130 Tsd. Tonnen jährlich. Der schwache Aluminiummarkt setzt auch den Preis für das Vorprodukt Tonerde (Alumina) stark unter Druck: dieser hat sich seit Mitte August nahezu halbiert.
Auch bei Kupfer geht die Talfahrt weiter: Der Preis fiel heute morgen unter 3.500 Dollar je Tonne, nachdem die Zahl der Baugenehmigungen in den USA im Oktober auf den niedrigsten Wert seit Erhebung der Datenreihen 1960 gefallen war.
Obwohl auch die Zahlen des WBMS bestätigen, dass der Bleimarkt in den ersten neun Monaten noch defizitär war, zwingt der Preisverfall die Unternehmen zu Produktionskürzungen: Das chinesische Unternehmen Xinling legt 60% seiner jährlichen Kapazität von 100 Tsd. Blei still.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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