Befreiungsrallye am Rohstoffmarkt
25.11.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Der Ölpreis konnte gestern beflügelt durch kräftige Kursgewinne an den Aktienmärkten und eine breitangelegte Erholung der Rohstoffmärkte um knapp 10% auf 55 USD je Barrel steigen. Anhaltende Spekulationen auf eine weitere Kürzung der OPEC-Fördermenge wirken ebenfalls preisunterstützend. Dass die OPEC am kommenden Wochenende zu einem informellen Treffen zusammenkommt, ist schon seit knapp zwei Wochen bekannt, ohne dass der Ölpreis davon zunächst nennenswert profitieren konnte.
Der gestrige Preisanstieg dürfte daher in erster Linie auf den Stimmungsumschwung an den Finanzmärkten zurückzuführen sein. Kurzfristig könnte sich der Preisanstieg aufgrund der genannten Faktoren fortsetzen. Während des deutlichen Preisrückgangs in den vergangenen Wochen hat es allerdings immer wieder Phasen gegeben, in welchen der Ölpreis zwischenzeitlich deutlich steigen konnte. Diese Anstiege erwiesen sich aber jedes Mal nur als kurzlebig, weil sich der Fokus schnell wieder auf die Nachfragerisiken richtete. Das Risiko besteht sicher auch diesmal, auch wenn die anstehende OPEC-Sitzung und das damit einhergehende Risiko einer erneuten Fördermengenkürzung einen schnellen Rückgang unter 50 USD erschweren dürften.
Innerhalb der OPEC herrscht keineswegs Einigkeit darüber, ob die Produktion weiter reduziert werden sollte. Während Venezuela und der Iran auf eine weitere Produktionskürzung drängen, äußerte sich der nigerianische Ölminister gestern verhalten zu dieser Frage. Seiner Meinung nach müssten zunächst alle Mitglieder die bisherigen Kürzungen umsetzen, bevor über weitere Kürzungen erwogen werden können. Die Quotendisziplin dürfte denn auch ein großes Thema bei den Konsultationen am kommenden Wochenende in Kairo sein.
Edelmetalle
Gold konnte seinen Höhenflug gestern fortsetzen und zwischenzeitlich bis auf 829 USD je Feinunze steigen, den höchsten Stand seit Mitte Oktober. Bemerkenswert ist, dass Gold den Großteil des Anstiegs verzeichnete, bevor sich der US-Dollar deutlich abschwächte und der Ölpreis nach oben sprang.
Dies ist u.E. ein Indiz dafür, dass Gold von den Anlegern als sicherer Hafen gesucht wird, welche eine Absicherung vor den zunehmenden Konjunkturrisiken suchen. Für diese These spricht auch, dass der Goldpreis im späteren Handelsverlauf mit den deutlichen Kursgewinnen an den Aktienmärkten und dem damit einhergehenden Rückgang der Risikoaversion nicht weiter steigen konnte, sondern von den konjunktursensibleren Metallen der Platingruppe und den Industriemetallen überflügelt wurde. Die robuste Nachfrage durch die Finanzinvestoren dürfte den Goldpreis weiterhin stützen. Außerdem berichten Händler über eine kräftige physische Goldnachfrage aus Indien, wo derzeit die Hochzeitssaison läuft. Der Goldpreis sollte daher die jüngsten Gewinne verteidigen und Preisrückgänge unter 800 USD nicht von Dauer sein.
Ein abermaliger Anstieg des US-Dollar könnte dem weiteren Anstieg des Goldpreises allerdings Grenzen setzen. Laut GFMS haben die Goldproduzenten im dritten Quartal 2,03 Mio. auf Termin verkaufte Unzen zurückgekauft. Das Dehedging lag somit um 11% niedriger als im Vorquartal.
Industriemetalle
Auch die Industriemetalle konnten gestern deutlich zulegen. Das "Konjunkturbarometer" Kupfer verteuerte sich um 300 Dollar auf 3800 Dollar je Tonne. Unterstützt wurde der Preisanstieg von der Meldung, dass die chilenische Kupferkommission Cochilco die Prognose für die Kupferproduktion im laufenden Jahr auf 5,35 Mio Tonnen nach unten revidiert hat, immerhin 3,5% weniger als im Vorjahr. Bezüglich 2009 rechnet Cochilco allerdings mit einer Steigerung um 4%. Auch in anderen Regionen der Welt würde die Förderung steigen, so dass angesichts einer weltweit schwächelnden Kupfernachfrage mit einem hohen Marktsüberschuss zu rechnen sei.
Nickel zieht ebenfalls an: Der russische Marktführer Norilsk Nickel gibt Produktionskürzungen bekannt, nachdem man bislang mit dem Hinweis auf niedrige Produktionskosten für das eigene Unternehmen Kürzungen abgewiegelt hatte und sich nur in der australische Cawse Mine zu Einschnitten veranlasst sah. Nun werden die Arbeiten in zwei weiteren australischen Minen eingestellt, was eine Reduzierung des Outputs um 10 Tsd. Tonnen bedeutet.
Was vielfach erwartet wurde, ist nunmehr geschehen. Der Minengigant BHP Billiton hat seine Übernahmeofferte für den Konkurrenten Rio Tinto zurückgezogen. Diese Nachricht wird vor allem in der Stahlbranche für Erleichterung sorgen, denn damit wird sich der ohnehin hohe Konzentrationsgrad im Eisenerzmarkt nicht weiter erhöhen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Ölpreis konnte gestern beflügelt durch kräftige Kursgewinne an den Aktienmärkten und eine breitangelegte Erholung der Rohstoffmärkte um knapp 10% auf 55 USD je Barrel steigen. Anhaltende Spekulationen auf eine weitere Kürzung der OPEC-Fördermenge wirken ebenfalls preisunterstützend. Dass die OPEC am kommenden Wochenende zu einem informellen Treffen zusammenkommt, ist schon seit knapp zwei Wochen bekannt, ohne dass der Ölpreis davon zunächst nennenswert profitieren konnte.
Der gestrige Preisanstieg dürfte daher in erster Linie auf den Stimmungsumschwung an den Finanzmärkten zurückzuführen sein. Kurzfristig könnte sich der Preisanstieg aufgrund der genannten Faktoren fortsetzen. Während des deutlichen Preisrückgangs in den vergangenen Wochen hat es allerdings immer wieder Phasen gegeben, in welchen der Ölpreis zwischenzeitlich deutlich steigen konnte. Diese Anstiege erwiesen sich aber jedes Mal nur als kurzlebig, weil sich der Fokus schnell wieder auf die Nachfragerisiken richtete. Das Risiko besteht sicher auch diesmal, auch wenn die anstehende OPEC-Sitzung und das damit einhergehende Risiko einer erneuten Fördermengenkürzung einen schnellen Rückgang unter 50 USD erschweren dürften.
Innerhalb der OPEC herrscht keineswegs Einigkeit darüber, ob die Produktion weiter reduziert werden sollte. Während Venezuela und der Iran auf eine weitere Produktionskürzung drängen, äußerte sich der nigerianische Ölminister gestern verhalten zu dieser Frage. Seiner Meinung nach müssten zunächst alle Mitglieder die bisherigen Kürzungen umsetzen, bevor über weitere Kürzungen erwogen werden können. Die Quotendisziplin dürfte denn auch ein großes Thema bei den Konsultationen am kommenden Wochenende in Kairo sein.
Edelmetalle
Gold konnte seinen Höhenflug gestern fortsetzen und zwischenzeitlich bis auf 829 USD je Feinunze steigen, den höchsten Stand seit Mitte Oktober. Bemerkenswert ist, dass Gold den Großteil des Anstiegs verzeichnete, bevor sich der US-Dollar deutlich abschwächte und der Ölpreis nach oben sprang.
Dies ist u.E. ein Indiz dafür, dass Gold von den Anlegern als sicherer Hafen gesucht wird, welche eine Absicherung vor den zunehmenden Konjunkturrisiken suchen. Für diese These spricht auch, dass der Goldpreis im späteren Handelsverlauf mit den deutlichen Kursgewinnen an den Aktienmärkten und dem damit einhergehenden Rückgang der Risikoaversion nicht weiter steigen konnte, sondern von den konjunktursensibleren Metallen der Platingruppe und den Industriemetallen überflügelt wurde. Die robuste Nachfrage durch die Finanzinvestoren dürfte den Goldpreis weiterhin stützen. Außerdem berichten Händler über eine kräftige physische Goldnachfrage aus Indien, wo derzeit die Hochzeitssaison läuft. Der Goldpreis sollte daher die jüngsten Gewinne verteidigen und Preisrückgänge unter 800 USD nicht von Dauer sein.
Ein abermaliger Anstieg des US-Dollar könnte dem weiteren Anstieg des Goldpreises allerdings Grenzen setzen. Laut GFMS haben die Goldproduzenten im dritten Quartal 2,03 Mio. auf Termin verkaufte Unzen zurückgekauft. Das Dehedging lag somit um 11% niedriger als im Vorquartal.
Industriemetalle
Auch die Industriemetalle konnten gestern deutlich zulegen. Das "Konjunkturbarometer" Kupfer verteuerte sich um 300 Dollar auf 3800 Dollar je Tonne. Unterstützt wurde der Preisanstieg von der Meldung, dass die chilenische Kupferkommission Cochilco die Prognose für die Kupferproduktion im laufenden Jahr auf 5,35 Mio Tonnen nach unten revidiert hat, immerhin 3,5% weniger als im Vorjahr. Bezüglich 2009 rechnet Cochilco allerdings mit einer Steigerung um 4%. Auch in anderen Regionen der Welt würde die Förderung steigen, so dass angesichts einer weltweit schwächelnden Kupfernachfrage mit einem hohen Marktsüberschuss zu rechnen sei.
Nickel zieht ebenfalls an: Der russische Marktführer Norilsk Nickel gibt Produktionskürzungen bekannt, nachdem man bislang mit dem Hinweis auf niedrige Produktionskosten für das eigene Unternehmen Kürzungen abgewiegelt hatte und sich nur in der australische Cawse Mine zu Einschnitten veranlasst sah. Nun werden die Arbeiten in zwei weiteren australischen Minen eingestellt, was eine Reduzierung des Outputs um 10 Tsd. Tonnen bedeutet.
Was vielfach erwartet wurde, ist nunmehr geschehen. Der Minengigant BHP Billiton hat seine Übernahmeofferte für den Konkurrenten Rio Tinto zurückgezogen. Diese Nachricht wird vor allem in der Stahlbranche für Erleichterung sorgen, denn damit wird sich der ohnehin hohe Konzentrationsgrad im Eisenerzmarkt nicht weiter erhöhen.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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