Rezession lässt Preise weiter fallen
02.12.2008 | Eugen Weinberg
Energie
Eine Reihe von schlechten Nachrichten ließ den Ölpreis seit gestern um mehr als 10% abstürzen. Der WTI-Preis fiel bis auf 47,50 USD je Barrel, den niedrigsten Stand seit 3½ Jahren. Die USA sind nach Angaben des NBER bereits seit einem Jahr in der Rezession. Dem gestrigen Einbruch des ISM-Index zufolge dürfte die Rezession auch noch eine Weile andauern. In der Folge verzeichneten die Aktienmärkte rund um den Globus kräftige Kursrückgänge. Die Sorgen vor einer weiteren Verschärfung der Konjunkturkrise und einer deutlichen Abschwächung der Nachfrage nach Rohöl stehen also wieder im Vordergrund, während das Risiko eines sinkenden Angebots ignoriert wird.
Kurzfristig könnte der Ölpreis daher noch weiter nachgeben, aber nicht mehr deutlich fallen. Neben der erwarteten OPEC-Kürzung stützt das sinkende Angebot aus Russland die Preise. Die russischen Ölexporte sanken im November um 11% gegenüber dem Vormonat auf 4,78 Mio. Barrel pro Tag, weil die russischen Produzenten auf eine Senkung des Exportzolls warteten. Die russische Ölproduktion sank im November um 0,3% gegenüber dem Vorjahr auf 9,82 Mio. Barrel pro Tag. Dies war der elfte Monat in Folge, an welchem die Ölproduktion rückläufig war. Sinkende Produktion und niedrigere Exporte aus Russland, dem zweitgrößten Ölproduzenten weltweit, sollten zu einer Stabilisierung des Ölpreises beitragen. Der Ölpreisrückgang unter 50 USD je Barrel macht sich auch in einem nachlassenden Optimismus der spekulativen Anleger bemerkbar. Die Netto-Long Positionen der spekulativen Anleger an der NYMEX sind in der Woche zum 25.11. um 8 Tsd. auf 2.790 zurückgegangen.
Edelmetalle
Gold hat seit gestern 60 USD verloren und handelt am Morgen bei 770 USD je Feinunze. Der festere US-Dollar kann den Preisrutsch um 5% nur bedingt erklären, denn EUR/USD verlor gestern weniger als 1%. Der deutliche Rückgang beim Ölpreis und die kräftigen Verluste bei Platin setzten Gold ebenfalls zu und verhinderten, dass Gold seiner Rolle als sicherer Hafen in Krisenzeiten gerecht werden konnte. Kurzfristig könnte Gold daher unter Druck bleiben. Die spekulativen Anleger an der Comex bauten ihre Netto-Long Positionen in der Woche zum 21.11. um 17 Tsd. auf 81.872 Kontrakte aus. Dieser Anstieg korrespondiert mit dem zwischenzeitlichen Anstieg des Goldpreises über 800 USD je Feinunze.
Noch stärker als Gold gerieten gestern die Metalle der Platingruppe unter Druck: Platin verlor 8%, Palladium sogar 10%. Der weltgrößte Palladiumproduzent Norilsk Nickel aus Russland reagiert auf den Nachfragerückgang mit einer deutlichen Kürzung der Palladiumproduktion. Die Schätzung für das laufende Jahr wurde auf 2,764 Mio. Unzen reduziert von zuvor 3-3,05 Mio. Unzen. Im nächsten Jahr erwartet man einen weiteren Rückgang auf gut 2,6 Mio. Unzen. Der weltweit drittgrößte Platinproduzent Lonmin hat massive Stellenstreichungen in Südafrika angekündigt. Aufgrund der schwachen Nachfrage sollen im Limpopo Projekt und im Marikana Projekt insgesamt 5.500 Stellen gestrichen werden. Diese Ankündigungen dürften zu einer Stabilisierung der Preise für Palladium und Platin beitragen. Aufgrund der schwachen Automobilkonjunktur besteht kurzfristig jedoch wenig Raum für eine Preiserholung. Dies dürften die US-Absatzzahlen heute bestätigen.
Industriemetalle
Verglichen mit Öl und Gold fiel der Preisrückgang für Industriemetalle gestern milde aus. Der LMEX gab um lediglich 1,5% nach. Grundsätzlich stabilisieren die zahlreichen Meldungen über Produktionskürzungen. Preisunterstützend war gestern zudem die Ankündigung der chinesischen Provinz Yunnan, angesichts der schwachen Nachfrage die Metallvorräte um 1 Mio Tonnen aufzustocken: 150 Tsd. Kupfer, 300 Tsd. Tonnen Aluminium, 150 Tsd. Tonnen Blei, 300 Tsd. Tonnen Zink und 100 Tsd. Tonnen Zinn sollen gekauft und für ein Jahr eingelagert werden. Vor allem am Zinnmarkt dürfte dieser Effekt zu spüren sein, denn das Volumen ist mehr zwanzigmal so hoch wie die derzeitigen LME-Vorräte. Zinn konnte deshalb gestern auch gegen den Trend leicht zulegen.
Der Abschwung in der Stahlindustrie - gestern wurde gemeldet, dass die Kapazitäten der US-Amerikanischen Stahlindustrie nur noch zu 50% ausgelastet seien, dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren - zeigt immer stärkere Auswirkungen auf die Märkte der Vorprodukte: Brasiliens Eisenerzexporte sind laut Handelsministerium im November auf 17,9 Mio Tonnen gefallen. Sie lagen damit 20% unter Vorjahr. Darüber hinaus heißt es aus Industriekreisen, dass Nippon Steel, zweitgrößter Stahlproduzent der Welt, mit seinen Lieferanten in Verhandlungen sei, die Liefermenge an Eisenerz und Kokskohle zu reduzieren. Unseres Erachtens werden die Preise für Eisenerz und Kokskohle in der nächsten Verhandlungsrunde stark unter Druck geraten.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Eine Reihe von schlechten Nachrichten ließ den Ölpreis seit gestern um mehr als 10% abstürzen. Der WTI-Preis fiel bis auf 47,50 USD je Barrel, den niedrigsten Stand seit 3½ Jahren. Die USA sind nach Angaben des NBER bereits seit einem Jahr in der Rezession. Dem gestrigen Einbruch des ISM-Index zufolge dürfte die Rezession auch noch eine Weile andauern. In der Folge verzeichneten die Aktienmärkte rund um den Globus kräftige Kursrückgänge. Die Sorgen vor einer weiteren Verschärfung der Konjunkturkrise und einer deutlichen Abschwächung der Nachfrage nach Rohöl stehen also wieder im Vordergrund, während das Risiko eines sinkenden Angebots ignoriert wird.
Kurzfristig könnte der Ölpreis daher noch weiter nachgeben, aber nicht mehr deutlich fallen. Neben der erwarteten OPEC-Kürzung stützt das sinkende Angebot aus Russland die Preise. Die russischen Ölexporte sanken im November um 11% gegenüber dem Vormonat auf 4,78 Mio. Barrel pro Tag, weil die russischen Produzenten auf eine Senkung des Exportzolls warteten. Die russische Ölproduktion sank im November um 0,3% gegenüber dem Vorjahr auf 9,82 Mio. Barrel pro Tag. Dies war der elfte Monat in Folge, an welchem die Ölproduktion rückläufig war. Sinkende Produktion und niedrigere Exporte aus Russland, dem zweitgrößten Ölproduzenten weltweit, sollten zu einer Stabilisierung des Ölpreises beitragen. Der Ölpreisrückgang unter 50 USD je Barrel macht sich auch in einem nachlassenden Optimismus der spekulativen Anleger bemerkbar. Die Netto-Long Positionen der spekulativen Anleger an der NYMEX sind in der Woche zum 25.11. um 8 Tsd. auf 2.790 zurückgegangen.
Edelmetalle
Gold hat seit gestern 60 USD verloren und handelt am Morgen bei 770 USD je Feinunze. Der festere US-Dollar kann den Preisrutsch um 5% nur bedingt erklären, denn EUR/USD verlor gestern weniger als 1%. Der deutliche Rückgang beim Ölpreis und die kräftigen Verluste bei Platin setzten Gold ebenfalls zu und verhinderten, dass Gold seiner Rolle als sicherer Hafen in Krisenzeiten gerecht werden konnte. Kurzfristig könnte Gold daher unter Druck bleiben. Die spekulativen Anleger an der Comex bauten ihre Netto-Long Positionen in der Woche zum 21.11. um 17 Tsd. auf 81.872 Kontrakte aus. Dieser Anstieg korrespondiert mit dem zwischenzeitlichen Anstieg des Goldpreises über 800 USD je Feinunze.
Noch stärker als Gold gerieten gestern die Metalle der Platingruppe unter Druck: Platin verlor 8%, Palladium sogar 10%. Der weltgrößte Palladiumproduzent Norilsk Nickel aus Russland reagiert auf den Nachfragerückgang mit einer deutlichen Kürzung der Palladiumproduktion. Die Schätzung für das laufende Jahr wurde auf 2,764 Mio. Unzen reduziert von zuvor 3-3,05 Mio. Unzen. Im nächsten Jahr erwartet man einen weiteren Rückgang auf gut 2,6 Mio. Unzen. Der weltweit drittgrößte Platinproduzent Lonmin hat massive Stellenstreichungen in Südafrika angekündigt. Aufgrund der schwachen Nachfrage sollen im Limpopo Projekt und im Marikana Projekt insgesamt 5.500 Stellen gestrichen werden. Diese Ankündigungen dürften zu einer Stabilisierung der Preise für Palladium und Platin beitragen. Aufgrund der schwachen Automobilkonjunktur besteht kurzfristig jedoch wenig Raum für eine Preiserholung. Dies dürften die US-Absatzzahlen heute bestätigen.
Industriemetalle
Verglichen mit Öl und Gold fiel der Preisrückgang für Industriemetalle gestern milde aus. Der LMEX gab um lediglich 1,5% nach. Grundsätzlich stabilisieren die zahlreichen Meldungen über Produktionskürzungen. Preisunterstützend war gestern zudem die Ankündigung der chinesischen Provinz Yunnan, angesichts der schwachen Nachfrage die Metallvorräte um 1 Mio Tonnen aufzustocken: 150 Tsd. Kupfer, 300 Tsd. Tonnen Aluminium, 150 Tsd. Tonnen Blei, 300 Tsd. Tonnen Zink und 100 Tsd. Tonnen Zinn sollen gekauft und für ein Jahr eingelagert werden. Vor allem am Zinnmarkt dürfte dieser Effekt zu spüren sein, denn das Volumen ist mehr zwanzigmal so hoch wie die derzeitigen LME-Vorräte. Zinn konnte deshalb gestern auch gegen den Trend leicht zulegen.
Der Abschwung in der Stahlindustrie - gestern wurde gemeldet, dass die Kapazitäten der US-Amerikanischen Stahlindustrie nur noch zu 50% ausgelastet seien, dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren - zeigt immer stärkere Auswirkungen auf die Märkte der Vorprodukte: Brasiliens Eisenerzexporte sind laut Handelsministerium im November auf 17,9 Mio Tonnen gefallen. Sie lagen damit 20% unter Vorjahr. Darüber hinaus heißt es aus Industriekreisen, dass Nippon Steel, zweitgrößter Stahlproduzent der Welt, mit seinen Lieferanten in Verhandlungen sei, die Liefermenge an Eisenerz und Kokskohle zu reduzieren. Unseres Erachtens werden die Preise für Eisenerz und Kokskohle in der nächsten Verhandlungsrunde stark unter Druck geraten.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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