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Rohstoffe im Portfoliomanagement: Die (fast) vergessene Anlageklasse

23.06.2005  |  Markus Mezger
Ein Hauch der siebziger Jahre weht seit dem Jahrtausendwechsel durch die Finanzmärkte. Schnell steigende Rohstoffpreise, Krieg in den Ölregionen, Terrorgefahr und wacklige Aktienmärkte erinnern an die Zeit, als geopolitische Konflikte und Rohstoffknappheit autofreie Sonntage in Deutschland hervorbrachten. Der renommierte Club of Rome hatte auf Grund der damals gering vermuteten Rohstoffreserven die "Grenzen des Wachstums" ausgerufen. In den achtziger und neunziger Jahren wurde es dann aber ruhig um das Thema "Rohstoffe". Das stark gestiegene Angebot bewirkte einen markanten Preisverfall. Der Rohstoffindex des Commodity Research Bureau (CRB) liegt trotz der stürmischen Hausse der letzten Jahre mit aktuell 305 Punkten immer noch rund 10% unter seinem Allzeithoch aus dem Jahr 1980. Investoren wandten sich Aktien und Rentenpapieren zu, die auf Grund des disinflationären Trends mit zweistelligen Jahresrenditen glänzen konnten.

"Der Total Return-Rohstoffindex von Goldman Sachs (GSCI) hat in den letzten Monaten ein neues Allzeithoch erklommen,
das mehr als 660% über dem Niveau des Jahres 1980 liegt.
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Trotz sinkender Kassapreise boten Rohstoffe jedoch auch in dieser Zeit vergleichsweise hohe Renditen. Der Total Return-Rohstoffindex von Goldman Sachs (GSCI) hat in den letzten Monaten ein neues Allzeithoch erklommen, das mehr als 660% über dem Niveau des Jahres 1980 liegt. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen den verschiedenen Rohstoffindices lässt sich dadurch erklären, dass Rohstoffinvestments in aller Regel über Termingeschäfte dargestellt werden. Die Rohstoffterminbörsen weisen im Vergleich zu anderen Financial Futures jedoch eine große Besonderheit auf. Normalerweise notiert der Terminkurs über dem Kassakurs. Ein Verkäufer, der die Wahl zwischen beiden Segmenten hat, wird beispielsweise dann den Kassamarkt bevorzugen und die Verkaufserlöse zinsbringend anlegen, wenn er nicht durch einen entsprechend höheren Terminkurs für entgangene Zinserträge und Lagerkosten (Cost of Carry) kompensiert wird.

Bei Rohstoffen gilt dieser Zusammenhang jedoch nicht. Regelmäßig liegen die Terminkurse unter den Spotmarktpreisen, im Fachjargon als Backwardation bekannt. Mit anderen Worten: Investoren können auf Termin nicht nur billiger einkaufen, sondern können die für das Termingeschäft geforderten Sicherheiten (Margin bei Rohstoffen ca. 10 % des Kontraktwerts) und die restliche Überschussliquidität in der Zwischenzeit noch zinsbringend anlegen. Diese Zinsgewinne, die Backwardation und die Wertsteigerungen am Spotmarkt machen Rohstoffe langfristig zur ertragreichsten Anlageklasse innerhalb des US-Anlageuniversums. Vergleicht man den Gesamtertrag (Total Return) von Rohstoffen, Aktien, kurz- und langlaufenden Staatsanleihen, so haben die Rohstoffe mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von 12,45% seit dem Jahr 1970 die Nase vorn.

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Rohstoff-Futures haben mehrere Ertragsquellen

Davon kommen lediglich 3,75% aus Kursgewinnen am Spotmarkt. Der Löwenanteil der Erträge entsteht durch Backwardation (1,9%) und Zinsgewinne (6,8%). Der Renditevergleich zeigt jedoch auch gravierende Unterschiede bei den einzelnen Rohstoffkategorien. So notieren bei Energierohstoffen die Terminkurse regelmäßig unter den Spotmarktkursen. Die Erträge durch den wiederholten Roll in den nächsten, günstigeren Kontrakt belaufen sich bei Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) und bei Benzin auf mehr als das Sechsfache der Performance am Spotmarkt. Zusammen mit den Zinserträgen kommen die Energierohstoffe seit Auflegung der entsprechenden Kontrakte auf einen Ertrag von mehr als 17% jährlich.

"Es ist davon auszugehen, dass sowohl USD- als auch EUR-Anleihen in den kommenden Jahren
kräftige Wertverluste hinnehmen müssen. Unter den Rohstoffmärkten sind vor allem der Rohöl- und Goldmarkt liquide genug,
um einen Teil der aus Anleihen frei werdenden Mittel aufzunehmen.
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Die zweite Kategorie mit zweistelligen Gesamtrenditen sind die in Chicago gehandelten Kontrakte auf Rinder und Schweine, die unter dem Goldman Sachs Commodity Subindex Livestock zusammengefasst sind. Auch hier konnten Investoren durch den tieferen Einstandspreis an den Terminmärkten einen Roll-Ertrag von knapp 2% realisieren. Ganz anders ist die Situation hingegen bei den Metallen. Auf Termin musste regelmäßig ein Aufschlag auf den Kassapreis bezahlt werden. Insbesondere die Edelmetalle werden seit vielen Jahrzehnten als eine alternative Anlageklasse zu Aktien und Zinspapieren wahrgenommen. Dadurch waren Investoren bereit, große überirdische Bestände aufzubauen. Besonders Gold mangelt es dadurch noch an Knappheitssituationen, die den Spotmarktpreis weit über den Terminmarktkurs treiben könnten. Der Schlüssel zu diesem Markt ist das Verhalten der Zentralbanken, die bis dato durch Ausleihungen und Verkäufe einen starken Kursanstieg am kurzen Ende der Terminmarktkurve blockiert haben. Bei Silber und Palladium werden bei der chinesischen Zentralbank bzw. bei der staatlichen russischen Agentur Gochran noch relativ große überirdische Bestände vermutet, was einem überproportional starken Anstieg des Kassakurses bisher entgegengewirkt hat.

Echte Knappheitspreise werden dagegen für Industriemetalle bezahlt. Die Notierungen der Terminkontrakte mit einjähriger Restlaufzeit liegen bei Kupfer, Aluminium, Nickel und Blei aktuell 7 bis 10% unter den Kassakursen. Aus historischer Perspektive ist diese Backwardation eher ungewöhnlich. Mit Ausnahme von Kupfer musste an den Terminmärkten für Industriemetalle durchschnittlich draufgelegt werden. Trotz negativer Roll-Erträge war der Kauf und das Halten des physischen Metalls bisher die eindeutig schlechtere Alternative, da aufgrund der Kapitalbindung keine Zinserträge erwirtschaftet werden konnten.




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