Schwache Daten belasten den Rohstoffsektor
08.01.2009 | Eugen Weinberg
Energie
Der Ölpreis gab gestern kräftig nach und fiel um mehr als 10% auf 43 USD je Barrel. Auslöser waren die veröffentlichten Daten zu den US-Lagerbeständen, die einen sehr starken Anstieg der Rohölvorräte um 6,7 Mio. Barrel zeigten. Ausschlaggebend waren aus unserer Sicht um 1,2 Mio. Barrel pro Tag gestiegene Rohölimporte. Offensichtlich hatte die Beeinträchtigung des Schiffverkehrs im Houston Ship Channel durch Nebel am letzten Freitag noch keine negativen Auswirkungen auf die Lagerbestände, weil dies zum Zeitpunkt der Datenerhebung nicht berücksichtigt wurde.
Auch die Lagerbestände für Benzin und Destillate stiegen mit 3,3 Mio. Barrel bzw. 1,8 Mio. Barrel deutlich stärker als erwartet, weil die Raffinerien mit einer 2,1% stärkeren Auslastung wesentlich mehr Rohöl verarbeiteten. Aber insbesondere hat die Marktteilnehmer der starke Anstieg der Rohöllagerbestände in Cushing, Oklahoma, dem Handelspunkt für die US-Ölsorte WTI, überrascht. Diese zogen um über 4 Mio. Barrel auf den höchsten Stand an, was vor allem die nächstfälligen Futures unter Druck gebracht hat. Während der Februar-Kontrakt auf WTI-Rohöl bei 42,5 USD je Barrel liegt, notiert der März-Future noch über 47 USD.
Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hat eine neue Eskalationsstufe erreicht, denn seit gestern sind weite Teile Westeuropas von der Gasversorgung weitgehend abgeschnitten. Heute kommt es in Brüssel zu einem Krisentreffen zwischen den streitenden Parteien unter der Federführung der EU. Neben den gegenwärtigen Lieferschwierigkeiten ist es auch nicht auszuschließen, dass durch die Stilllegung die Pipelines längerfristige Schäden bekommen. Alles in allem trägt die Sorge um die Energieversorgungssicherheit auch zu einem Risikoaufschlag bei Öl bei, zumal durch die Raketenangriffe im Nordisrael die Lage dort weiter zu eskalieren droht.
Nach Medienangaben wird Saudi-Arabien im Januar 8 Mio. Barrel Rohöl bzw. 200 Tsd. Barrel pro Tag weniger als im Dezember produzieren. Seiner Schlüsselrolle bei den Kürzungen scheint sich der größte OPEC-Produzent bewusst und gewachsen zu sein, was für eine längerfristige Stabilisierung des Ölmarktes und des Ölpreises spricht.
Edelmetalle
Gold gab gestern weiter nach und fiel im Tief bis auf 836 USD je Feinunze. Diesmal wurde vor allem der gesunkene Ölpreis zum Belastungsfaktor. Der starke Verfall an den Aktienmärkten sorgte schließlich dafür, dass sich Gold als "sicherer Hafen" wieder stabilisieren konnte. Dennoch fehlen Gold derzeit positive Impulse solange der US-Dollar nicht erneut unter Druck gerät und die Risikoaversion deutlich zunimmt.
Platin konnte gestern dem schwachen Rohstofftrend trotzen und erstmals seit drei Monaten wieder über 1.000 USD je Feinunze steigen. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass die jüngsten Konjunkturdaten enttäuschend ausfielen und somit keine Argumente für den Anstieg des industriellen Edelmetalls um fast 30% in einem Monat lieferten. Wir führen diese relative Stärke vor allem darauf zurück, dass der vorherige Preiseinbruch übertrieben war und somit die negativen Nachrichten bereits ausreichend eskomptiert waren. Zudem herrscht Optimismus, dass die in die Wege geleiteten Rettungsmaßnahmen für die US-Automobilindustrie und die Reihe von immensen Konjunkturpaketen weltweit mittelfristig zu einer Erholung der Nachfrage nach Platin führen werden. Über sehr schwache Autoverkaufszahlen wird daher kurzfristig hinweggesehen.
Industriemetalle
Ängste vor einer anhaltenden Nachfrageschwäche setzen die Preise für die Industriemetalle gestern deutlich unter Druck, nachdem der starke Rückgang der ADP-Beschäftigtenzahlen in den USA die Aktienmärkte auf Talfahrt setzte. Kupfer, das noch im frühen Handel ein neues Monatshoch markierte, gab um 2,3% nach. Der positive Effekt durch die in den kommenden Tagen anstehende Umgewichtung im Dow Jones AIG Rohstoffindex, wobei Kupfer künftig ein Gewicht von 7,3% haben wird verglichen mit bislang 4,7%, verpuffte somit schnell. Auch belastet die Einschätzung zum Kupfermarkt seitens der Kupferkommission Chiles, des größten Kupferproduzenten weltweit. Diese rechnet damit, dass die globale Kupfernachfrage im laufenden Jahr stagnieren, während die Produktion raffinierten Kupfers um 1% anziehen wird. Allein in Chile sei nach dem Jahr 2008, das voraussichtlich mit einem Minus von gut 3,5% abschließen wird, mit einem Anstieg der Minenproduktion von 3,7% zu rechnen. Die Kommission hält an ihrer Prognose von 160 US-Cents je Pfund bzw. rund 3.500 USD je Tonne für dieses Jahr fest.
Aluminium gab gestern ebenfalls nach, obwohl der größte US-Aluminiumproduzent Alcoa gestern eine drastische Schrumpfkur bekannt gab: die Produktion wird um 18% und die Investitionsausgaben im laufenden Jahr um die Hälfte auf 1,8 Mrd USD reduziert. Aber hier gilt: Was schlecht für die Rohstoffproduzenten ist, hilft den Rohstoffpreisen auf die Beine.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Sie soll lediglich eine selbständige Anlageentscheidung des Kunden erleichtern und ersetzt nicht eine anleger- und anlagegerechte Beratung. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung und können sich ohne vorherige Ankündigung ändern.
Der Ölpreis gab gestern kräftig nach und fiel um mehr als 10% auf 43 USD je Barrel. Auslöser waren die veröffentlichten Daten zu den US-Lagerbeständen, die einen sehr starken Anstieg der Rohölvorräte um 6,7 Mio. Barrel zeigten. Ausschlaggebend waren aus unserer Sicht um 1,2 Mio. Barrel pro Tag gestiegene Rohölimporte. Offensichtlich hatte die Beeinträchtigung des Schiffverkehrs im Houston Ship Channel durch Nebel am letzten Freitag noch keine negativen Auswirkungen auf die Lagerbestände, weil dies zum Zeitpunkt der Datenerhebung nicht berücksichtigt wurde.
Auch die Lagerbestände für Benzin und Destillate stiegen mit 3,3 Mio. Barrel bzw. 1,8 Mio. Barrel deutlich stärker als erwartet, weil die Raffinerien mit einer 2,1% stärkeren Auslastung wesentlich mehr Rohöl verarbeiteten. Aber insbesondere hat die Marktteilnehmer der starke Anstieg der Rohöllagerbestände in Cushing, Oklahoma, dem Handelspunkt für die US-Ölsorte WTI, überrascht. Diese zogen um über 4 Mio. Barrel auf den höchsten Stand an, was vor allem die nächstfälligen Futures unter Druck gebracht hat. Während der Februar-Kontrakt auf WTI-Rohöl bei 42,5 USD je Barrel liegt, notiert der März-Future noch über 47 USD.
Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hat eine neue Eskalationsstufe erreicht, denn seit gestern sind weite Teile Westeuropas von der Gasversorgung weitgehend abgeschnitten. Heute kommt es in Brüssel zu einem Krisentreffen zwischen den streitenden Parteien unter der Federführung der EU. Neben den gegenwärtigen Lieferschwierigkeiten ist es auch nicht auszuschließen, dass durch die Stilllegung die Pipelines längerfristige Schäden bekommen. Alles in allem trägt die Sorge um die Energieversorgungssicherheit auch zu einem Risikoaufschlag bei Öl bei, zumal durch die Raketenangriffe im Nordisrael die Lage dort weiter zu eskalieren droht.
Nach Medienangaben wird Saudi-Arabien im Januar 8 Mio. Barrel Rohöl bzw. 200 Tsd. Barrel pro Tag weniger als im Dezember produzieren. Seiner Schlüsselrolle bei den Kürzungen scheint sich der größte OPEC-Produzent bewusst und gewachsen zu sein, was für eine längerfristige Stabilisierung des Ölmarktes und des Ölpreises spricht.
Edelmetalle
Gold gab gestern weiter nach und fiel im Tief bis auf 836 USD je Feinunze. Diesmal wurde vor allem der gesunkene Ölpreis zum Belastungsfaktor. Der starke Verfall an den Aktienmärkten sorgte schließlich dafür, dass sich Gold als "sicherer Hafen" wieder stabilisieren konnte. Dennoch fehlen Gold derzeit positive Impulse solange der US-Dollar nicht erneut unter Druck gerät und die Risikoaversion deutlich zunimmt.
Platin konnte gestern dem schwachen Rohstofftrend trotzen und erstmals seit drei Monaten wieder über 1.000 USD je Feinunze steigen. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass die jüngsten Konjunkturdaten enttäuschend ausfielen und somit keine Argumente für den Anstieg des industriellen Edelmetalls um fast 30% in einem Monat lieferten. Wir führen diese relative Stärke vor allem darauf zurück, dass der vorherige Preiseinbruch übertrieben war und somit die negativen Nachrichten bereits ausreichend eskomptiert waren. Zudem herrscht Optimismus, dass die in die Wege geleiteten Rettungsmaßnahmen für die US-Automobilindustrie und die Reihe von immensen Konjunkturpaketen weltweit mittelfristig zu einer Erholung der Nachfrage nach Platin führen werden. Über sehr schwache Autoverkaufszahlen wird daher kurzfristig hinweggesehen.
Industriemetalle
Ängste vor einer anhaltenden Nachfrageschwäche setzen die Preise für die Industriemetalle gestern deutlich unter Druck, nachdem der starke Rückgang der ADP-Beschäftigtenzahlen in den USA die Aktienmärkte auf Talfahrt setzte. Kupfer, das noch im frühen Handel ein neues Monatshoch markierte, gab um 2,3% nach. Der positive Effekt durch die in den kommenden Tagen anstehende Umgewichtung im Dow Jones AIG Rohstoffindex, wobei Kupfer künftig ein Gewicht von 7,3% haben wird verglichen mit bislang 4,7%, verpuffte somit schnell. Auch belastet die Einschätzung zum Kupfermarkt seitens der Kupferkommission Chiles, des größten Kupferproduzenten weltweit. Diese rechnet damit, dass die globale Kupfernachfrage im laufenden Jahr stagnieren, während die Produktion raffinierten Kupfers um 1% anziehen wird. Allein in Chile sei nach dem Jahr 2008, das voraussichtlich mit einem Minus von gut 3,5% abschließen wird, mit einem Anstieg der Minenproduktion von 3,7% zu rechnen. Die Kommission hält an ihrer Prognose von 160 US-Cents je Pfund bzw. rund 3.500 USD je Tonne für dieses Jahr fest.
Aluminium gab gestern ebenfalls nach, obwohl der größte US-Aluminiumproduzent Alcoa gestern eine drastische Schrumpfkur bekannt gab: die Produktion wird um 18% und die Investitionsausgaben im laufenden Jahr um die Hälfte auf 1,8 Mrd USD reduziert. Aber hier gilt: Was schlecht für die Rohstoffproduzenten ist, hilft den Rohstoffpreisen auf die Beine.
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: Commerzbank AG, Corporates Markets
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