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Drei Thesen zur Modernisierung der Marktwirtschaft

11.10.1999  |  Reinhard Deutsch
- Seite 2 -
Ein solches System hat zwei fatale Konsequenzen:
Erstens
handelt es sich um ein exponentielles Pyramidensystem (Ponzi-Schema), wie es in Albanien gerade zusammengebrochen ist, allerdings mit dem Unterschied, dass bei unserem internationalen Finanzsystem der Zinssatz sehr viel bescheidener und das Gebiet sehr viel größer ist, wodurch sich das System wesentlich länger halten kann. Bei einem Ponzi-Schema werden die Zinsen nicht erwirtschaftet, sondern aus neuen Einlagen (Neuverschuldung) bezahlt. Das Geheimniss hinter den magischen Maastrichtkriterien von 60% Gesamtverschuldung und 3% Neuverschuldung liegt hier begründet. Jenseits dieser Zahlen explodiert das System relativ rasch.

Zum Zweiten führt dieses System zu immer mehr Arbeitslosigkeit, Firmenzusammenbrüchen, Umverteilung von unten nach oben und relativer Armut (30.000 Firmenzusammenbrüche pro Jahr in Deutschland, 18 Mio Arbeitslose in der EU mit steigender Tendenz). Obwohl die Illusion von immensem Reichtum erzeugt wird, nimmt die Gesamtwohlfahrt ab. Die Illusion von Reichtum entsteht in Form rasch wachsender Geldvermögen. Die riesigen internationalen Geldvermögen saldieren sich, ex definitione, mit den vorhandenen Schulden immer zu null. Der Effekt der rasch wachsenden Arbeitslosigkeit und der Firmenzusammenbrüche entsteht dadurch, dass direkte Geldproduktion einfacher ist als Gewinnerzielung über Güterproduktion. Volkswagen hat seine 50% Gewinnsteigerung in 1996 nicht durch Autoverkäufe, sondern durch Devisengeschäfte verdient. Der Markt signalisiert, dass es sinnvoller ist, Geld in Staatsanleihen zu investieren als in Fabriken (Siemens-Syndrom). Dieser Zusammenhang läßt sich an einem einfachen Beispiel erkennen. Ein neuer Arbeitsplatz in der Metallindustrie kostet etwa 300.000,- DM, der betriebliche pro Kopf-Umsatz liegt ebenfalls bei etwa 300.000,- DM, bei einer für das Unternehmen zu erwartenden Umsatzrendite von etwa 2%. Der Markt signalisiert also klar, daß ich die 300.000,- DM besser zu 6% in Staatsanleihen investiere. Und schließlich noch ein Beispiel aus einer anderen Branche. Statt Mietwohnungen zu bauen, ist es heute sinnvoller, Pfandbriefe zu kaufen, weil das höhere Renditen bei weniger Ärger bringt. Der Markt gibt also falsche Signale, bzw. steuert die Aktivitäten in Richtung Geldkapitalbildung, weg von der Realkapitalbildung. Ursache ist die Staatsverschuldung. Der Staat kann und muss, um seine Finanzierung sicher zu stellen, hohe Zinsen bieten und treibt so den Realzins hoch. Investitionen, die sich früher gelohnt hätten, fallen unter die Rentabilitätsschwelle. Gleichzeitig muss der Staat die Schuldner (Steuerzahler) immer mehr ausquetschen, um die Gläubiger (Staatsanleihebesitzer) zu bedienen, was wieder zu rückläufiger Produktion führt - ein Teufelskreis.

Staat und Banken erzeugen nach dem gleichen Grundprinzip ungedecktes Schuldgeld und greifen damit auf heutiges Sozialprodukt zu, mit dem Versprechen, es mit künftigem Sozialprodukt zu bezahlen. Gegen diese Vorwegnahme von Zukunft ist in einer dynamisch wachsenden Wirtschaft im Prinzip nichts einzuwenden, wenn sie von den Betroffenen freiwillig akzeptiert wird und wenn sie mit dem marktwirtschaftlichen Korrektiv der Konkursmöglichkeit verbunden ist. Der Gedanke dabei ist, daß die Vorleistung gleichsam durch die höhere Zukunftsproduktion überholt und zurückgegeben wird. Dies ist auch der Kern der Keyns'schen Theorie. Wenn man allerdings sowohl die Zustimmung der Betroffenen als auch den Zwang zur Rückzahlung abschafft, funktioniert das System nicht mehr,- jedenfalls hat das mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Bankrott gehört zur Marktwirtschaft - auch der Staatsbankrott, weil er Risiken und unerfüllbare Erwartungen und Versprechungen sichtbar macht. Von Freiwilligkeit der Betroffenen, die Risiken einzugehen, kann keine Rede sein, denn sie wissen es garnicht, oder sind noch garnicht geboren. Das Korrektiv Konkursmöglichkeit wurde für Staat und Banken (scheinbar) beseitigt, durch den Trick mit staatlichem Monopolgeld und dem "lender of last resort".

Wie das funktioniert sei ebenfalls an einem aktuellen Beispiel illustriert: Die japanische Zentralbank hat jetzt den Zins drastisch gesenkt, um die Banken zu retten, die Wirtschaft in Schwung zu bringen und das Land aus der Krise der "Blasenwirtschaft" zu führen. Der niedrige Zinssatz führt nun nicht etwa dazu, daß viele Unternehmer in Japan jetzt neue Unternehmungen beginnen, vielmehr leihen sich japanische Banken und Unternehmer, wie auch alle anderen Banken der Welt japanische Yen zu 2% tauschen sie in Dollar um und kaufen amerikanische Staatsanleihen zu 7%. Sowohl in Japan als auch in Amerika entsteht bei diesem Prozess zusätzliches Geld, ohne das real etwas entsteht. Das Geldvermögen in der Welt nimmt um einige 100 Milliarden zu und in gleicher Höhe die Verschuldung, - am Realvermögen in der Welt ändert sich nichts. Kritisch für den Dollar und das Finanzsystem wird dieser Prozess, wenn er zurückgespult werden sollte.

Lender of last resort bedeutet nichts anderes, als das der Staat beliebig Papiergeld nachschieben kann und so ein Konkurs aus Geldmangel nicht mehr befürchtet werden muss. Die Rettung der amerikanischen Sparkassen,der italienischen,französischen und jetzt der japanischen Banken durch den Staat und die damit verbundenen Finanzskandale bis in höchste Kreise zeigen deutlich, dass die aktuelle Geldverfassung zu einer Art Mafiastruktur führt, wobei die beiden mächtigsten Gruppen - Staatsapparat und Banken - ein gemeinsames Interesse haben, ein schlecht funktionierendes System so lange wie möglich zu erhalten. Man muss dabei gar keine kriminellen Energien unterstellen - das System bringt zwangsläufig solche Strukturen hervor.


Zur These 3:
Geld muß wieder mit einem realen Schuldinhalt ausgestattet werden


In dieser These soll zum Schluß gezeigt werden, wie ein verbessertes Geldsystem aussehen könnte, und es sollen einige Wege beschrieben werden, wie man zu einem solchen System gelangen kann.

Ungedecktes staatliches Monopolgeld mit Annahmezwang bildet, wie gezeigt, die letzte und stärkste Bastion des Staatsinterventionismus, die es zu schleifen gilt, bevor wirklich von Marktwirtschaft die Rede sein kann. Zitat: "Dieses Papiergeld verdankt seine Existenz der Kriegsfinanzierung. Es war ein deutlicher Rückschritt gegenüber den Goldwährungen,die bis zum ersten Weltkrieg existierten." Mit diesem letzten Satz wird bereits die Richtung angedeutet, in der ein besseres Geldsystem zu suchen ist. Der Satz stammt nicht von einem unverbesserlichen Goldguru, sondern von Wolfram Engels. In seinem Buch steht auch der folgende Satz: "Jede konvertible Währung - sei sie in Gold, Silber, oder einem Rohstoffbündel definiert, - ist besser als reines Papiergeld". Und um dem Gedanken noch etwas mehr Gewicht zu verleihen, sei hier nochmals Alan Greenspan zitiert, immerhin der z.Zt. mächtigste Währungsfachmann dieser Welt. Zitat: "Deficit spending ist einfach ein System für die versteckte Enteignung von Vermögen. Gold verhindert diesen heimtückischen Prozess."

Das der Goldstandard über viele Jahrhunderte ein weit besser funktionierendes Geldsystem war, als unser heutiges Schuldgeldsystem, ist weithin unbekannt. Der Goldstandard wurde abgeschafft um ein Betrugssystem installieren zu können. Nichts anderes heißt der klare Satz von Alan Greenspan. Wie sollte man "versteckte Enteignung von Vermögen" mit einem klaren Wort anders benennen? Das weitverbreitete Vorurteil gegen den Goldstandard wird den Tatsachen nicht gerecht. Dies hängt mit einer langen Meinungsmanipulation zusammen, die heute nur schwer aufzubrechen ist, weshalb auch die Diskussion um den Euro auf falschen Bahnen läuft. Mit dem Euro in seiner jetzigen Form wird versucht, das Schuldgeldsystem noch einmal zu verlängern und zu stabilisieren, und staatliches Monopolgeld für einen europäischen Superstaat zu schaffen, das mit dem staatlichen Monopolgeld der anderen Superstaaten (Amerika,Japan) konkurrieren kann. Alle diese "Reservewährungen" sind reine Schuldwährungen nach dem gleichen Muster der Kriegsfinanzierung.

Eine gemeinsame Währung für Europa ist gewiss sinnvoll. Sie ist eigentlich eine pure Selbstverständlichkeit. Mit der Goldwährung hat es eine gemeinsame Währung in Europa über Jahrhunderte längst gegeben, und zwar ohne das in einem Superstaat alles harmonisiert werden mußte. Es ist eigentlich erstaunlich, daß man dem Publikum das nationalstaatliche Monopolgeld Euro auch noch als Fortschritt zur Überwindung von Staatsgrenzen verkaufen kann. Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus. Staatliches Papiergeld macht einen abgegrenzten Staat erforderlich, und genau diese Wirkung erhofft man ja vom Euro. Gold war seit Urzeiten schon immer Weltgeld. Erst mit den großen Weltkriegen entstand die Notwendigkeit, nationales Papiergeld einzuführen und Grenzen dicht zu machen. In einer freien Marktwirtschaft und ohne Kriege besteht keine Notwendigkeit mehr für ein solches System. Der Euro in seiner jetzigen Form ist wahrscheinlich eher konflikt- als friedensfördernd. Er führt zum einen zu einer monetären nationalen Blockbildung, wie es die Mechanik der Kriegsführung bedingte, jetzt zwischen 3 Superblöcken. Zum anderen sind, wegen der oben beschriebenen Mechanik von Schuldgeldsystemen, massive wirtschaftliche Konflikte zwischen den Blöcken vorprogrammiert.

Der Euro sollte daher als gedeckte Parallelwährung ohne Annahmezwang eingeführt werden, wie das viele Sachverständige fordern. Dabei muss die Deckung nicht unbedingt in Gold vorgenommen werden, sie kann auch durch Aktien und andere Sachwerte erfolgen, wie das Engels z.B. vorschlägt. Aus praktischen und aus Zeitgründen wäre es aber wahrscheinlich sinnvoll, mit einer Golddeckung zu beginnen und die Deckung dann auf Aktien und andere Sachwerte auszudehnen. Entscheidend ist lediglich, dass Geld wieder mit einem konkreten und realen Schuldinhalt ausgestattet wird und so wieder ein festes Band zur Güterwelt entsteht. Es muß wieder eine reale Leistung in Gütern definiert werden, die mit einer Summe Geld geschuldet wird. Amerika kann und wird seine beachtliche Schuld von über 1000 Milliarden Dollar, die es der Welt schuldet, durch Lieferung von Papierdollar erfüllen. Zu einer realen Leistung ist es, anders als zu Zeiten des Goldstandard, nicht mehr verpflichtet. Deshalb wird es sich auch, solange es geht, weiter verschulden.

Die Einführung des Euro wäre eine Riesenchance, wieder gedecktes Geld zu schaffen, und diese Chance besteht auch jetzt noch, obwohl es schon so aussieht, als wäre der Zug in Richtung Verlängerung des Schuldgeldsystems bereits abgefahren. Eine Golddeckung des Euro ist technisch möglich, aber politisch unerwünscht. Es käme jetzt darauf an, in der verbleibenden Zeit das politische Klima umzukehren. Es ist keine Frage, daß ein goldgedeckter Euro ohne Annahmezwang von der Bevölkerung aller europäischen Staaten sofort akzeptiert würde. Vielleicht ist es die einzige Chance, den Termin überhaupt zu retten. Ein weiterentwickeltes System, mit einer Deckung durch Realkapital (Aktien, Grundstücke etc.) wie es Engels vorschlägt, ist wahrscheinlich zu komplex, um es in so kurzer Zeit noch zu realisieren. Aber auch ein goldgedeckter Euro wäre bereits eine friedens- und wohlstandsstiftende Großtat für Europa, die Helmut Kohl würdig wäre.




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