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Herabstufung Russlands belastet Euro mehr als Rubel …

05.02.2009  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2835, nachdem zuvor in Fernost Tiefstkurse bei 1.2800 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY derzeit auf 89.45. EUR-JPY verlor an Boden und notiert derzeit bei 114.80, während EUR-CHF bei 1.4905 oszilliert.

Die Herabstufung Russlands von BBB+ auf BBB mit negativem Ausblick war gestern wesentlicher Katalysator für den Kursrückgang des Euros. Bereits vor Veröffentlichung dieser Maßnahme durch Fitch kam es zu Abgaben, die die Phantasie beflügelten, dass einige Marktteilnehmer äußerst gute Verbindungen unterhalten.

Fraglos ist die ökonomische Lage in Russland angespannt, so wie in vielen westlichen Ländern. Per 2009 wird seitens der russischen Regierung mit einer leichten Kontraktion von 0,2% des BIP gerechnet nach Wachstumsclips zwischen 5% - 8% in den vergangenen Jahren.

Ja, die russische Wirtschaft hängt sehr stark an dem Preisgefüge der Rohstoffe, insbesondere den Energieträgern. Das belastet derzeit.

Russland hält jedoch eben alle die Rohstoffe, die die Welt auch nach dieser Krise dringend brauchen wird. Ergo ist zukünftige Perspektive mit diesen Rohstoffen nachhaltig gegeben!


Es stellt sich die Frage, ob diese Abstufung angemessen ist:

Auch wenn dank massiver Spekulation gegen den Rubel durch Hedge Funds und andere Protagonisten, übrigens natürlich ohne politisches „Backing“ aus den USA, weil sich die USA ja auch ansonsten im russischen Vorhof Georgiens oder der Ukraine so vornehm zurückhalten (Achtung: Ironie), die Währungsreserven Russland seit Juli 2008 von 596 auf nun 386 Mrd. USD (Stand 23.01.2009) abschmolzen, so hält Russland doch immer noch die drittgrößten Reserven der Welt nach China (1.900 Mrd. USD) und Japan (1.030) Mrd. USD. Die USA halten übrigens circa 70 Mrd. USD. Ergo hätten die Hedge Funds und andere Protagonisten noch ein wenig Arbeit zu leisten, um auch die übrigen 386 Mrd. USD der Devisenreserven Russlands zu pulverisieren. Man sollte dabei aber auch bedenken, dass zur Gewinnrealisierung diese Rubel zurückgekauft werden müssen …

Grundsätzlich betrachtet ist es schon erstaunlich, dass Fitch und weitere Ratingagenturen bei relativ stabilen Ländern im Rating Aktivität entwickeln und gleichzeitig unverändert am AAA Status der USA bezüglich der aktuellen Situation festhalten (Defizite, Regelbrüche, Strukturbrüche, Aufgabe der Doktrin freier Märkte). Ein Schelm, wer sich dabei zu viel denkt …

Werfen wir einen Blick auf die gestrigen Veröffentlichungen, die insgesamt ein Bild in Moll lieferten:
  • Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone waren per Dezember im Monatsvergleich unverändert. Die Prognose war bei -0,3% angesiedelt. Der Vormonatswert wurde von +0,6% auf -0,1% revidiert. In der Folge kam es zu einem Rückgang auf Jahresbasis um 1,6% (Prognose -1,5%). Im Vergleich zu den USA signalisieren diese Daten "relative" Stabilität.

  • Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor legte per Januar von zuvor 42,1 auf 42,2 Punkte zu. Analysten erwarteten eine Zunahme auf 42,5 Zähler. Das aktuelle Niveau signalisiert weiterhin solide Kontraktion.

  • Der "Challenger Report" per Januar, der Auskunft über angekündigte Massenentlassungen gibt, unterstreicht mit 241.750 betroffenen Jobs die prekäre Situation am US-Arbeitsmarkt. Im Monatsvergleich kam es zu einer Zunahme um 45,3%. Im Jahresvergleich stellt sich der Anstieg auf 222,4%.

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  • Der „ADP Employment Report, der Auskunft über die Arbeitsmarktsituation in der Privatwirtschaft gibt, bestätigte das malade Bild am US-Arbeitsmarkt. Per Januar wurden angeblich 522.000 nach zuvor 693.000 (revidiert von 659.000) Jobs verloren. Die Prognose war bei 530.000 angesiedelt. (Chart absolute Veränderung)

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  • Der ISM-Dienstleistungsindex per Januar setzte eine positive Überraschung mit einem Anstieg von 40,1 auf 42,9 Punkte. Marktbeobachter hatten einen Rückgang auf 39,0 Zähler unterstellt. Die Subindices spiegelten diesen Anstieg überwiegend in proportionaler Form. Losgelöst von dem Anstieg kennzeichnet das aktuelle Indexniveau weiterhin solide Kontraktion bei leicht verminderten Tempo. Der beigefügte Chart verdeutlicht die sukzessive Abschwächung des Index im Verlauf der letzten Jahre.

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Heute erwarten wir erneut eine Vielzahl von Daten, die wir uns morgen dezidiert anschauen werden. Das Bild eines rezessiven Umfelds wird bestätigt werden. Siehe Datenbox! Im Mittelpunkt des Interesses steht die heutige EZB-Ratssitzung. Dabei ist das Ergebnis voraussichtlich ein Festhalten an dem aktuellen Zinsniveau bei 2%.

Der Markt wird sich auf die Pressekonferenz um 14.30 Uhr kaprizieren. Konsensus ist, dass ein weiterer Zinsschritt der EZB per März auf dann voraussichtlich 1,50% vom Markt antizipiert wird. Fraglos wird Herr Trichet das Stabilitätsmandat der EZB in jeder erdenklichen Form nach vorne transportieren. Das ist seine Pflicht. Er wird den Versuch unternehmen, keine Vorfestlegung in seinen Worten zu inkludieren. Gleichwohl implizieren Preis- und Konjunkturentwicklung, dass der EZB kaum Alternativen bleiben, den eingeschlagenen Pfad vorzeitig zu verlassen, Falken hin oder her!

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Zusammenfassend ergibt sich nach dem deutlichen Überwinden des Widerstands bei 1.3000 ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein deutliches Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2700 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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