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EZB mit "Steady Hand" - Wirtschaftsdaten weiter nicht erbaulich …

06.02.2009  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute bei 1.2775, nachdem in Fernost Tiefstkurse bei 1.2763 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 90.80. Zuvor wurden im US-Handel Höchstkurse bei 92.25 erreicht. EUR-JPY notiert bei 116.05 und EUR-CHF oszilliert bei 1.4965. Herr Hildebrand von der SNB lieferte Verbalakrobatik, die für CHF-Longpositionen tendenziell schwer verdaulich war.

Gestern lag der Fokus auf der Zinsentscheidung der EZB und noch mehr auf der anschließenden Pressekonferenz. Der EZB-Rat hat erwartungsgemäß den Leitzins bei 2,00% belassen. Die stabilitätsorientierte Politik der EZB kulminiert derzeit in Form des "Steady Hand" Ansatzes. Die Quintessenz der Pressekonferenz bestand darin, dass der Finanzmarkt per März von einer weiteren Zinssenkung in Richtung 1,50% ausgehen kann.

Die Bank of England hatte erwartungsgemäß den Leitzins zuvor um 0,5% auf nun 1,0% gesenkt. Dem GBP ist das gut bekommen. Es kam zu einer Befestigung auf Kurse in EUR-GBP unterhalb von 0.88 auf zutiefst 0.8730. Daraus lässt sich schließen, dass nicht positive Zinsdifferenzen, sondern aktive Zinspolitik zur Unterstützung der Konjunktur vom Devisenmarkt honoriert werden. Nun denn, Märkte sind halt wankelmütig und bisweilen sogar opportunistisch.

Fakt ist, dass der Euro im Verbund der Hauptwährungen nun mit 2,00% eine Hochzinswährung ist:
  • Bank of Japan Leitzins: 0,10%
  • Federal Reserve Leitzins: 0,13%
  • Schweizer Nationalbank Leitzins: 0,50%
  • Bank of England Leitzins: 1,00%

Wenden wir uns den ökonomischen Daten des gestrigen Tages zu:

Deutschland lieferte am Vormittag mit dem Auftragseingang der Industrie gleich für massivste Ernüchterung. Per Dezember kam es im Monatsvergleich zu einem nicht erwarteten Kollaps um solide 6,9%. Die Prognose war bei "nur" -2,5% angesiedelt. Der Vormonatswert erfuhr eine leichte Revision von -6,0% auf -5,3%. Im Jahresvergleich ergab sich als Konsequenz per Dezember ein Rückgang um -27,7% nach zuvor -23,4%.

Auslandsorder verloren im Monatsvergleich 9,4% (JV -31,7%) und Inlandsorder sanken um 4,3% (JV -23,4%). Diese Entwicklung impliziert für die Produktion in den kommenden Monaten deutlich Einbußen.

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Die Arbeitslosenerstanträge per 31. Januar legten von revidiert 591.000 auf 626.000 zu (Prognose 585.000 nach 588.000) und enttäuschten nachhaltig. Die Entwicklung impliziert eine verschärfte Gangart der Rezession am US-Arbeitsmarkt. Der Blick auf den Chart verdeutlicht die Ernsthaftigkeit des Problems am US-Arbeitsmarkt.

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Der Auftragseingang (Factory Orders) ging in den USA im Monatsvergleich um 3,9% zurück (Prognose von -3,0%). Der Vormonatswert wurde von -4,6% auf -6,5% revidiert, so dass insgesamt für die Zweimonatsperiode die Konsensusprognose deutlich verfehlt wurde.

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Die US-Produktivität lieferte gestern eine positive Überraschung mit einer Zunahme per 4. Quartal um 3,2% (Prognose 1,40%). Wir nehmen dieses Ergebnis zur Kenntnis und warten auf zukünftige Revisionen.

Die deutsche Industrieproduktion per Dezember eröffnet heute den Datenreigen. Analysten gehen von einem Rückgang im Monatsvergleich um 2,5% nach zuvor -3,1% aus. Vor dem Hintergrund wegbrechender Aufträge sind Enttäuschungen im hohen Maße wahrscheinlich.

Im Mittelpunkt des Interesses steht der US-Arbeitsmarktbericht per Januar. Die Arbeitslosenquote soll von 7,2% auf 7,5% zulegen. Diese Quote bietet keine Vergleichbarkeit mit beispielsweise der deutschen Quote und wird vom Markt damit aus guten Gründen nicht in den Vordergrund gestellt. Das BEA liefert jedoch mit der Quote U6 (Table A12, BEA), die leider von unseren Medien regelmäßig ignoriert wird, eine Berechnung, die Realitäten angemessener abbildet. Diese Quote stellte sich per Dezember auf 13,5%.

Der Markt fokussiert sich auf die Beschäftigungsentwicklung außerhalb des Agrarbereichs. Hier unterstellen Marktbeobachter erneut Jobverluste in der Größenordnung von 525.000. Alle derzeit für den Arbeitsmarkt verfügbaren und relevanten Daten implizieren eine Verschärfung der Rezession in diesem Sektor der US-Wirtschaft.

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Zu später Stunde folgt die Entwicklung der Verbraucherkredite per Dezember. Im Vormonat kam es zu einem Rückgang um 7,9 Mrd. USD. In den letzten vier Monaten ergab sich nur einmal eine Zunahme per September. Das Thema Zwangssparen steht auf der Agenda. Entsprechend erwarten Marktbeobachter erneut eine Kontraktion in der Größenordnung von 3 Mrd. USD..

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein deutliches Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2700 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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