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Euro am Ende?

06.02.2009  |  Klaus Singer
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Erstens: Die Asset-Märkte brechen zusammen, die Erholung gestaltet sich sehr mühsam und langwierig ("L"-förmiger Verlauf). So gehen die Immobilienpreise über einen Zeitraum von sechs Jahren um durchschnittlich 35 Prozent zurück, während die Aktienmärkte innerhalb von rund dreieinhalb Jahren durchschnittlich 55 Prozent verlieren.

Zweitens: Eine Banken-Krise führt zu einem starken Rückgang von Produktion und Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote steigt über vier Jahre im Durchschnitt auf ein Niveau, das 7 Prozent höher liegt als bei Ausbruch der Krise. Das BIP geht über zwei Jahre um durchschnittlich 9 Prozent zurück.

Drittens: Der reale Wert der Staatsschulden steigt im Durchschnitt um 86 Prozent. Dabei sind die Kosten der Sanierung und Neufinanzierung des Bankensystems nicht die Hauptursache, wie allgemein angenommen wird. Die großen Schuldentreiber sind einerseits der unvermeidliche Zusammenbruch der Steuereinnahmen, andererseits die antizyklische Finanzpolitik, die nach Keynes den Abschwung abfedern soll.

Mithin erscheint die erforderliche, signifikante Verbesserung der Marktbedingungen bis 2010 wenig wahrscheinlich. Europa dürfte angesichts der anstehenden Refinanzierungsvolumina in besonderem Maße unter den Folgen der Bankenkrise leiden.

Auf der Heterogenität der Mitgliedsstaaten der EU bauen die politischen Meinungsverschiedenheiten und Dissonanzen auf. So hat z.B. Bundesfinanzminister Steinbrück eine einheitliche euopäische Staatsanleihe rundherum abgelehnt. Sie hätte Ländern wie Italien und Griechenland eine erhebliche Zinsentlastung gebracht, allerdings zu dem Preis, dass der deutsche Staat für seine Schulden mehr Zinsen hätte zahlen müssen. Auch ansonsten spricht Europa nicht mit einer Zunge. Das hatte in Zeiten des Booms keine großen Konsequenzen - jeder profitierte ja. Aber wenn nicht mehr genug zu verteilen ist, brechen die Unterschiede umso stärker auf. Jetzt sehen die meisten Mitglieder die Euro-Zone als großen Rettungsschirm, bestrebt, so viele nationalen Lasten wie möglich auf die Gemeinschaft abzuwälzen.

Die EU und mithin Euro-Zone und Euro leiden unter den in mehrfacher Hinsicht starken Unterschieden der Mitgliedsländer, der mangelnden Disziplin bei der Einhaltung vertraglicher Regeln, der mangelnden politisch-aktiven (nicht-bürokratischen) Geschlossenheit, sowie dem Mangel an "automatischen", real-wirtschaftlichen Ausgleichsmechanismen. Ein solches wäre z.B. ein freier Wechselkurs, aber den gibt es mit Einführung des Euro nicht mehr. Ein weiteres wären Differentiale bei den Leitzinsen - ebenso abgeschafft mit Einrichtung der EZB. Wie gut solche Korrektive wirken, sieht man z.B. am Absturz des englischen Pfunds. Zum Glück für den Euro ist England kein Mitglied der Euro-Zone - eine Belastung weniger für die europäische Gemeinschaftswährung. Auch die Währungen der osteuropäischen Beitrittsländer verloren in den vergangenen sechs Monaten teils dramatisch an Wert.

Vergleicht man das absolute Niveau der Arbeitsstückkosten im Euro- und Dollar-Raum, so sind die Unterschiede gering. Sie lagen die USA 2006 mit 111,2 auf dem Niveau der Euro-Zone (2007: 111,4). Schaut man sich die öffentliche Verschuldung an, so lag die Quote der USA in 2007 bei 43 Prozent und damit klar unter dem Durchschnitt der Euro-Zone, der sich nach Schätzungen von Goldman Sachs bis 2050 von 66,3 auf 131,8 Prozent verdoppeln wird, wenn die Sozialpolitik unverändert fortgeschrieben wird. Obama hat versprochen, das "soziale Netz" der USA zu verbessern. Das dürfte zwar zu deutlichen Mehrbelastungen führen, gleichzeitig ist die Alterpyramide hier jedoch sehr viel günstiger als in der Euro-Zone. Daher dürfte die USA auch künftig in Bezug auf die durch das Renten- und Sozialsystem verursachte Verschuldung besser dastehen.

Auf einem anderen Blatt steht die Entwicklung des Teils der Staatsverschuldung, die auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zurückgeht. Sie führte schon 2008 in den USA zu einem Anstieg auf 46,5 Prozent (Budget-Jahr endet mit September) und dürfte in den kommenden Jahren sprunghaft weiter zulegen. Aber dies wird in der EU nicht anders sein, insbesondere weil am Horizont die oben erwähnte Refinanzierung der Bankschulden lauert. Der europäische Anteil an dem bis 2010 anstehenden Volumen von 2 Bill. Dollar ist mit gut 80 Prozent vier mal so hoch wie der der USA. Ein gewichtiger Teil davon entfällt auf England, unter den Mitgliedern der Euro-Zone ist Deutschland besonders betroffen: Deutsche Banken kommen auf insgesamt über 870 Mrd. Euro, mithin stellen sie mehr als die Hälfte des EU-Anteils. Ober der beschlossene Rettungsschirm von 500 Mrd. Euro da reicht?

Das alles spricht nicht dafür, dass der Euro gegenüber dem Dollar zu nachhaltiger Stärke auflaufen wird. Ganz im Gegenteil.

Diese Behauptung wird durch folgende Faktoren weiter gestützt: Immer mehr Beobachter kritisieren die EZB und ihre zögerliche Zinspolitik. Sie werfen der Institution vor, viel zu spät zu agieren und die Risiken von Disinflation und Deflation zu unterschätzen. Man mag einwenden, die EZB möchte noch Boden unter den Füßen haben, wenn stärker gegengesteuert werden muss. Die Gefahr ist aber, dass eingedenk der üblichen Verzögerung der Geldpolitik von sechs Monaten und mehr tatsächlich sehr viel Zeit vertan wird. In der aktuellen Situation dürfte eine Politik vergleichsweise hoher Leitzinsen den Euro eher belasten.

Eine weitere längerfristig wirksame Belastung könnte sich mit der starken deutschen Exportabhängigkeit ergeben. Auf dieses Pferd setzt die deutsche Regierung und hofft als Trittbrettfahrer von den Konjunkturprogrammen insbesondere der USA, aber auch Chinas zu profitieren.

Genau hier ist aber mit Störfeuer zu rechnen: So lange die Anreizprogramme global so unterschiedlich und unkoordiniert aufgestellt sind, laufen die Länder mit überproportional großen Anreizpaketen Gefahr, dass ein bedeutender Teil dieser Mittel ins Ausland fließt - genau die Hoffnung der Bundesregierung. Das aber ist natürlich nicht im Sinne des Erfinders - also wird man versuchen, auf die eine oder andere Art protektionistisch zu agieren.






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