Euro am Ende?
06.02.2009 | Klaus Singer
- Seite 3 -
Nicht umsonst ist im Vorschlag der Obama-Administration zum 800 Mrd. Dollar schweren Konjunkturpaket von "buy American" die Rede. Das ist auch konsequent - die heutigen Keynesianer vergessen manchmal, dass ihre Rezepte nur in einer geschlossenen Volkswirtschaft funktionieren. Also muss man sie "geschlossen" machen - z.B. durch Handelsbarrieren. Obama hat "buy American" mittlerweile zwar re(la)tivi(di)ert, das ändert aber nichts an den ökonomischen Zusammenhängen. Dass Protektionismus zu global-wirtschaftlicher Ineffizienz beiträgt, steht auf einem anderen Blatt. Jeder ist sich selbst der Nächste ...Flow-of-Funds: Steigt der Saldo von Staatsausgaben und Steuereinnahmen muss die Differenz zwischen Sparen und Investitionen ebenfalls steigen. Reicht dies nicht aus, wird der Ausgleich durch den Saldo des Kapitalflusses über die Landesgrenzen besorgt. Für höhere Spartätigkeit sorgt entweder eine attraktive Verzinsung oder die Angst vor der Zukunft. Letztere führt über das Vorsorge-Motiv zur Einschränkung des Konsums.
Nach jüngsten Daten, ist der Kapitalfluss in die USA zum Kauf langfristiger Assets in den vergangenen Monaten stark gesunken. Damit liegt die ganze Last des Ausgleichsprozesses beim Sparen, bzw. Investieren. Und siehe da - die Unternehmensinvestitionen sind im vierten Quartal in den USA nach vorläufigen Zahlen um 19,1 Prozent eingebrochen. Das wird nicht reichen, um eine solche Entwicklung der Staatsverschuldung wie in den USA abzusehen, zu "finanzieren". Abgesehen davon birgt ein solcher Investitionskollaps erhebliche Risiken für die weitere güterwirtschaftliche Entwicklung. Andererseits aber wären stark steigende langfristige Zinsen als Sparanreiz und Lockmittel für ausländische Investoren fatal, weil sie die Haus- und Hypothekenmisere verschlimmerten.
Wenn die Fed auf die linke Seite der "Flow-of-Funds"-Gleichung springt, kann sie den Saldo von Staatsausgaben und Steuereinnahmen durch Kauf von Staatsanleihen senken. In dieser Hinsicht ist sie bereits durch Kauf von Garantien von Fannie und Freddie, den großen staatlichen Hypothekenfinanzieren, tätig und hat angekündigt, ihre Käufe ggfs. auf TBonds auszudehnen.
Diese Monetarisierung birgt erhebliches Inflationspotenzial. Inwieweit aus dem Potenzial Realität wird, hängt von mehreren Faktoren ab, u.a. davon, wo die Geldmenge anfällt und wie hoch die Umlaufgeschwindigkeit ist. In einer Depression sind die Voraussetzungen für eine ausufernde Inflation nicht besonders günstig. Kommt es aber dazu, treibt das am Ende die Zinsen insbesondere der langfristiger Anleihen in die Höhe. Das leitet mehr Kapital in diesen Sektor, Investitionen werden (zu) teuer, die depressiven Tendenzen in der Wirtschaft stabilisieren sich.
Was lässt sich aus der Flow-of-Funds-Betrachtung für die Entwicklung von Euro/Dollar ableiten? Im Kontext der starken Konsum-Orientierung der US-Wirtschaft hat ein Rückgang der Konsum-Ausgaben (Q4/2008 annualisiert minus 3,5 Prozent) besonders heftige negative Auswirkungen auf die Güter-Importe - die fielen im vierten Quartal 2008 denn auch um 15,7 Prozent. Dies wiederum wertet den Dollar tendenziell auf, insbesondere dann, wenn die Kapitulation des amerikanischen Verbrauchers in dem Stil weiter geht. Und damit sollte man zumindest für die nächsten sechs Monate rechnen.
Die gleichen Mechanismen wirken zwar auch bei der Euro-Zone - allerdings wegen der Größenunterschiede der beiden Währungsräume abgeschwächt. Hinzu kommt das überproportional große Anreizpaket der Obama-Administration, das den Dollar zunächst ebenfalls stärkt.
Da ja nun nicht gerade Mangel an Kapital herrscht, besteht durchaus die Möglichkeit, dass demnächst trotz zurzeit relativ niedriger Zinsen wieder mehr spekulatives und längerfristig orientiertes Kapital in die USA strömt, um an der Wertsteigerung des Dollar zu partizipieren. Dabei mag auch eine Rolle spielen, dass ein Vorlauf bei einer eventuellen wirtschaftlichen Stabilisierung erwartet werden kann. Steigende Nachfrage nach Dollar sorgt für weiteren Aufwertungsdruck.
Bricht die Euro-Zone auseinander? Denkbar wäre eine Situation, in der ein kleineres (südeuropäisches?) Mitgliedsland zahlungsunfähig wird. Eine spekulative Attacke auf dessen Staatsanleihen könnte die entsprechende Regierung dazu zwingen, sich unter die vollständige fiskalische Kontrolle der EU zu begeben oder aus dem Verbund (Euro-Zone) auszuscheiden. Nach Meinung von Wolfgang Münchau in der FT könnte dann durchaus die zweite Alternative eintreten. Auch diese Perspektive ist auf längere Sicht nicht
gerade Euro-stärkend.
Eine recht kritische Schwelle für das Währungspaar Euro/Dollar liegt bei 1,29, ein Pegel, der im Vorfeld der heutigen EZB- Zinssitzung hart umkämpft ist. Auch wenn kurzfristig eher mit einer Aufwärtsbewegung zu rechnen ist, dürfte übergeordnet die Gegenrichtung wahrscheinlicher sein - Ziel 1,20 und dann 1,00. Erst wenn die aktuelle Krise ihrem Ende entgegen geht, dürfte die Stärke des Greenback ("Blackback") in Schwäche umschlagen. In jedem Fall ist auch hier mit steigender Volatilität rechnen - u.a. wegen der protektionistischen Eingriffe in die Marktmechanismen.
Quelle der erwähnten Daten: Siehe diesen Artikel auf der Web-Seite der TimePattern.
Zum Schluss möchte ich Ihnen den pessimistischen Ausblick von William Buiter nicht vorenthalten: "We can go down in history as the generation that created the Great Depression of the Noughties. Just keep on beating the protectionist drums. Keep on the footdragging that prevents effective qualitative and quantitative monetary policy easing in the Eurozone and the UK. And go ahead with unsustainable fiscal stimuli in the US, the UK and elsewhere that will spook markets, push up long-term interest rates and raise the spectre of sovereign default by countries not belonging to the group of usual suspects. Yes we can! I hope we won’t."
© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de