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Geithner zu unspezifisch - Aktien schwach, aber USD rauf!

11.02.2009  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.45 Uhr) bei 1.2925, nachdem gestern Tiefstkurse bei 1.2816 und Höchstkurse bei 1.3073 markiert wurden, Volatilität, "at it’s very best". Das Thema geringer Liquidität am Markt spielt dabei weiterhin eine prominente Rolle. Perfekte Märkte basieren eben auf einem Polypol (Gegenteil zum Monopol) und nicht auf der Grundlage von einer "globalen Bankenaristokratie", die oligopolistische Charakterzüge aufweist.

Der USD notiert derzeit gegenüber dem JPY bei 90.00. EUR-JPY hat gegenüber der Spitze gestern bei 119.62 deutlich an Boden verloren und stellt sich auf 116.30. EUR-CHF oszilliert gleichfalls nach Kursverlusten bei 1.4950.

Entscheidend für das aktuelle Kursniveau sind die Einlassungen von Herrn Geithner bezüglich des Stabilisierungsprogramms. Wenden wir uns zunächst den Einzelheiten zu: US-Finanzminister Geithner stellte gestern seinen Stabilisierungsplan vor, um den Kreditvergabeprozess in den USA zu beleben. Dabei stellte er auf eine nicht genau definierte private Beteiligung bei der Wiederbelebung ab. Geithner nannte als Ursachen der Krise die Geldpolitik, schwache Regulierung und unangebrachtes Risikoverhalten der Finanzinstitutionen.

Drei Grundpfeiler sind die Basis des Stabilisierungsplans:
  • Für Banken, die öffentliche Mittel erhalten, ist ein Stress-Test vorgesehen, um zu prüfen und sich zu vergewissern, dass die Banken zu einem späteren Zeitpunkt die öffentlichen Hilfsmaßnahmen durch private Investments ersetzen können.

  • Das Finanzministerium plant eine "Private-Public Partnership", um einen Markt für illiquide "Mortgage Backed Securities" aufzustellen (Kernproblem der Krise) und damit die Risikoaufschläge in diesen Sektoren zu senken!

  • In Verbindung mit der Fed kümmert sich das US-Finanzministerium um die Aufstockung der "Term Asset-Backed Securities Loan Facility" (TALF) um 1 Billion USD. Werfen wir einen kurzen Blick auf die Entwicklung der Risikoaufschläge im Verlauf der letzten Monate.

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Die Reaktion am US-Aktienmarkt war gestern eindeutig. Die Aussagen von Timothy Geithner waren insbesondere im Hinblick auf die Rolle der "Private-Public Partnership" zu unspezifisch. Entsprechend erfolgte die Abstrafung an den Aktienmärkten. Gleichwohl konnte der USD gegenüber dem Euro zulegen.

Einige meiner Kollegen sind der Meinung, dass der USD ein "Safe-Haven" ist. Wir nehmen das zur Kenntnis. Im Auge des Hurrikans ist es ja schließlich auch vergleichsweise ruhig.

Aber an der Story ist aus technischer Sicht durchaus etwas dran. Ich betone jedoch, dass Technik nichts mit dem Status eines "Safe-Haven" zu tun hat. Das sind zwei Paar Schuhe!

Zurück zum Thema der Technik. Derzeit führt Unsicherheit zu einem Abbau von Risikopositionen im Rahmen erhöhter Risikoaversion, beispielsweise in Schwellenländern. Ergo werden diese Währungen abverkauft. Das geschieht regelmäßig zu Gunsten des USD, da der USD "noch" Leitwährung ist. Genau hier kommt es zu einer USD-Nachfrage. Dass diese USD-Nachfrage sich zu Lasten des Euros auswirkt, hat fraglos mit der Aktivität europäischer Banken in Osteuropa zu tun. Der Euro hat aus Sicht der Marktteilnehmer genau an diesem Punkt eine Achillesferse.

Andere wesentliche Aspekte zu Lasten des USD fallen der asymmetrischen Betrachtung des Marktes in solchen Momenten zum Opfer.

Fakt ist, dass Timothy Geithner nicht im gewünschten Maße überzeugen konnte. Fakt ist, dass zur Stabilisierung in den USA noch ein langer Weg vor uns liegt. Fakt ist, dass die Reaktion am USAktienmarkt verständlich war und die übrigen Gedanken sind frei!

Heute stehen Defizitdaten aus den USA auf der Agenda:

Im Zuge weiter schwacher Konjunktur in den USA, oder besser gesagt einer schweren Rezession, steht voraussichtlich ein geringeres Handelsbilanzdefizit per Dezember auf der Agenda. Analysten erwarten -36,00 Mrd. USD nach zuvor -40,44 Mrd. USD. Mithin handelt es sich in erster Linie um eine zyklische und nicht um eine strukturelle Verbesserung der Defizitlage. Dazu müsste der Produktionsprozess in den USA nachhaltig belebt werden!

Dagegen bleibt die Defizitlage der öffentlichen Hand (Treasury Budget - Teilmenge des gesamten öffentlichen Haushalts) stark ausgeprägt. Diese Formulierung darf als diplomatisch interpretiert werden. Im Vorjahr ergab sich ein Überschuss in Höhe von 17,84 Mrd. USD per Januar. Per Januar 2009 wird nun ein Defizit in der Größenordnung von -78 Mrd. USD unterstellt.

Der beigefügte Chart unterstreicht noch einmal die strukturelle Verwerfung im Zeitverlauf dieser Teilmenge der gesamten öffentlichen Verschuldung.

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Die unverändert gegebene strukturelle Defizitsituation bei dem Handelsbilanzdefizit als auch die strukturelle und zyklische Defizitlage der öffentlichen Hand ist nicht geeignet, dem USD nachhaltige Unterstützung zu verleihen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein deutliches Unterschreiten der Unterstützung bei 1.2700 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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