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Weiterhin auf Hochtouren: Chinas physischer Goldmarkt

19.06.2019  |  Ronan Manly

Während die Schlagzeilen sich dem Handelskrieg zwischen China und den USA widmen, läuft Chinas Goldmarkt weiterhin auf Hochtouren mit physischem Gold, das stetig in und durch das weltgrößte Gold-Handelszentrum fließt.

Die chinesische Goldnachfrage ist seit Jahresbeginn mit den letzten Jahren gleichauf, Goldkäufe der chinesischen Zentralbank wurden nach einer zweijährigen Pause offiziell wieder aufgenommen und die chinesischen Goldimportdaten sind nun transparenter denn je.


Entnahmen von der Shanghai Gold Exchange (SGE)

In China ist das wichtige Handelszentrum für den chinesischen Goldmarkt die Shanghai Gold Exchange (SGE). Beinahe das komplette Angebot physischen Goldes fließt durch die SGE und andersherum wird nahezu die komplette chinesische Nachfrage nach physischem Gold mit physischem Gold aus den landesweiten Tresoren der SGE befriedigt. Daher sind die Entnahmen physischen Golds von der Shanghai Gold Exchange der beste verfügbare Stellvertreter für die gesamte chinesische Goldnachfrage.

Basierend auf diesem Stellvertreter ist die chinesische Goldnachfrage dieses Jahr so hoch wie eh und je. Im April wurden 152 Tonnen Gold aus den SGE-Goldtresoren entnommen.

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Monatliche physische Goldentnahmen der Shanghai Gold Exchange (SGE) 2008 bis April 2019. Chart-Quelle: www.goldchartsrus.com


Seit Jahresbeginn von Januar bis April (Monat 4 im unteren Chart) wurden bisher 688 Tonnen Gold den SGE-Tresoren entnommen, was den Mengen in gleichen Zeiträumen der letzten Jahre ähnelt, sprich 2017, 2016, 2014 und 2013.

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SGE-Goldentnahmen: Januar bis April 2019 im Vergleich zum gleichen Zeitraum vorheriger Jahre. Quelle: www.goldchartsrus.com


Rechnet man die neuesten Daten von Januar bis April auf das Jahr hoch, so erhält man riesige 2.064 Tonnen Gold, die 2019 den SGE-Goldtresoren entnommen werden, was wiederum den tatsächlichen SGE-Goldentnahmen sowohl 2018 als auch 2017 gleichkommt; Jahre, in denen die gesamte Goldnachfrage in China 2.055 Tonnen bzw. 2.030 Tonnen betrug. Siehe unterer Chart.

Somit sieht 2019 nach einem weiteren starken Jahr für die chinesische Goldnachfrage aus, während physisches Gold weiterhin von West nach Ost wandert.

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SGE-Goldentnahmen auf das Jahr umgerechnet, 2008 - 2019




Poleposition im globalen Goldbergbau

Obwohl China der weltgrößte Goldproduzent ist, muss es trotzdem seinen unbändigen Appetit nach physischem Gold stillen, indem es das meiste Gold, das in und aus der Shanghai Gold Exchange fließt, importiert. Dabei sind natürlich der Ausstoß von Altgold/recyceltem Gold und das Zurückfließen der Investmentnachfrage (Desinvestition) nicht enthalten. Aber hauptsächlich bedient China seine Goldnachfrage durch den Import riesiger Mengen von Goldbarren aus der ganzen Welt. Jegliches Gold, das nicht inländisch produziert wird, importiert China also.

Die aktuellsten Zahlen zur Fördermenge des chinesischen Goldbergbaus für das Jahr 2018 wurden im Januar von der China Gold Association (CGA) veröffentlicht. Der CGA zufolge produzierte China 2018 401,12 Tonnen Gold und war damit der weltgrößte Goldproduzent, eine Poleposition, die es nun schon seit zwölf Jahren belegt.

Von diesen 401 Tonnen kamen 346 Tonnen bzw. 86% aus dem inländischen Goldbergbau und 55 Tonnen Gold wurden bei der inländischen Basismetallverarbeitung gewonnen. Über diese Schlagzeilenangabe hinaus hat China noch eine weitere Goldversorgung, die oft vergessen wird. Die CGA nennt sie manchmal "Goldimporte", aber sie beschreibt sie offiziell auch als "aus dem Ausland importierte Rohmaterialien, aus denen Gold gewonnen wurde". Diese importierten Materialien, aus denen Gold gewonnen wurde, beliefen sich 2018 auf insgesamt 112,78 Tonnen. Somit betrug Chinas gesamtes Goldangebot ohne "Goldbarren-"Importe 513,9 Tonnen im Jahr 2018.

Man sollte auch nicht vergessen, dass China angibt, weitere 13.000 Tonnen Gold zu besitzen, die noch nicht abgebaut wurden. So geht aus einem Bericht des World Gold Council hervor, dass "Chinas Reserven von nicht abgebautem Gold tief und wachsend sind. Ende 2017 hatte das Land Goldressourcen und -reserven in Höhe von 13.195,60 Tonnen identifiziert."


Goldimporte - den Schleier lüften

Da 2018 SGE-Goldentnahmen in Höhe von 2.055 Tonnen verzeichnet wurden - d. h. ungefähr genauso viel wie die gesamte chinesische Goldnachfrage 2018 - muss China die Lücke zur inländischen Goldproduktion schließen, indem es große Mengen von Goldbarren, in der Größenordnung von 1.500 Tonnen, importiert.

Zuvor gab es Vermutungen darüber, wie viel Gold China importierte, da Chinas Zollbehörde diese Daten nicht veröffentlichte. Das bedeutete, dass Schätzungen zu Chinas Goldimporten abgeleitet werden mussten, indem man die Goldexportdaten anderer Länder nach China zusammenfügte, wie z. B. Goldexporte aus der Schweiz, Hongkong, dem Vereinigten Königreich und Australien nach China.

Obwohl diese indirekte oder spiegelnde Methode ziemlich präzise war, war es doch nicht allumfassend. Es war also aufschlussreich, als China vor kurzem damit begann, die Daten zu seinen Goldimporten in der offiziellen Handelsstatistik zu veröffentlichen. Eine interessante Zusammenfassung davon wurde von Matt Turner von Macquarie erstellt und Sie können sie hier in Englisch lesen. Bemerkenswerterweise beinhalten diese neuen Zolldaten auch chinesische Goldimportzahlen für 2017 und 2018.

China importierte 2017 gewaltige 1.270 Tonnen Gold, während es 2018 noch größere 1.506 Tonnen Gold importierte (was mehr als die Hälfte der jährlichen Goldminenfördermenge im Rest der Welt darstellt). Die neuen Goldimportdaten zeigen interessanterweise auch die ursprünglichen Länder der nach China importierten Goldbarren und nicht bloß die Länder, aus denen die Goldbarren zuletzt ankamen, wie Hongkong. Nun wissen wir also offiziell, dass mehr Gold nach China aus Ländern wie Südafrika und Australien gelangt, als man zuvor hätte ergründen können.

China importierte 2018 über 650 Tonnen Gold aus der Schweiz, ungefähr 250 Tonnen aus Australien, 200 Tonnen aus Südafrika, über 100 Tonnen aus Kanada und fast 100 Tonnen aus den USA. Andere nennenswerte Bezugsländer waren u. a. Singapur und Hongkong. Siehe unterer Chart aus Turners Artikel.

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Offizielle Goldimporte nach China nach Herkunftsland, 2018. Quelle: Matt Turner, Macquarie


PBoC-Goldreserven - von einer Seite des Tresors zur anderen?

Aber es ist nicht nur der private Sektor, der Goldbarren nach China importiert. Chinas Zentralbank, die Chinesische Volksbank (PBoC), importiert ebenfalls Goldbarren. Im Falle der PBoC allerdings, wie bei allen Zentralbanken, ist das Gold, das sie importiert, als Währungsgold klassifiziert und somit nicht in den Statistiken zum grenzüberschreitenden Handel aufgeführt.

Wir wissen auch, dass die PBoC ihr Gold auf dem internationalen Markt kauft, z. B. in London, und es zurück nach Peking fliegen lässt. Aber dieses Gold wird niemals auf einer Handelsstatik auftauchen, da Zentralbanken 100% Geheimhaltung über ihre Goldtransaktionen und alles was damit zu tun haben könnte wollen.

Trotz dieser Intransparenz begann die PBoC im Januar 2019, aus welchem Grund auch immer, wieder die Daten zu ihren Goldbeständen zu aktualisieren und gab der Welt bekannt, dass sie im Dezember 2018 10 Tonnen Gold gekauft hatte; die erste Zunahme der offiziellen chinesischen Goldbestände seit Oktober 2016. Vor Dezember gab China an, im Besitz von 1.842,6 Tonnen Gold zu sein, Ende Dezember waren es 1.852,6 Tonnen.

Die Meldung im Januar war auch kein Einzelfall, da die PBoC seitdem jeden Monat Zunahmen ihrer strategischen Goldreserven meldete. Sie fügte 10 Tonnen im Dezember hinzu, 11,8 Tonnen im Januar, 9,95 Tonnen im Februar, 11,2 Tonnen im März und zuletzt 14,93 Tonnen Gold im April. In diesem fünfmonatigen Zeitraum ergibt das zusammen 57,83 Tonnen Gold, was die offiziellen Goldbestände der PBoC auf exakt 1.900 Tonnen bringt.

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Offizielle Goldbestände der chinesischen Zentralbank (PBoC), 2000 - 2019




Obwohl diese Zahl stark umstritten und als zu niedrig für die tatsächlichen Goldbestände des chinesischen Staates angesehen wird, ist es die einzige Zahl, die uns zur Verfügung steht und wie auch immer die echte Zahl lautet, ist es doch bemerkenswert, dass die chinesische Regierung wieder jeden Monat die physischen Goldkäufe bekannt gibt.

Allerdings ergeben diese offiziellen Goldzunahmen der PBoC im Zeitraum seit Jahresbeginn gerade einmal weniger als 48 Tonnen, was auf das Jahr hochgerechnet ca. 143 Tonnen ergeben würde. Das ist viel weniger als die 500 Tonnen Gold jährlich, von denen chinesische regierungsnahe Offizielle sagen, sie müssten akkumuliert werden, damit ein Minimum von 4.000 Tonnen erreicht werde, um auf der globalen geldpolitischen Bühne mitspielen zu können.


Geschätzte Goldbestände in ganz China

Mit den Informationen von gerade eben gerüstet, kann nun ein interessanter Chart aktualisiert werden, den Koos Jansen (nun Jan Nieuwenhuijs) Mitte 2017 erstellte, in dem er veranschlagte, dass es damals knapp über 20.000 Tonnen Gold auf dem gesamten chinesischen Inlandsmarkt gab.

Der Chart von Koos setzte eine Schmuckbasis in Höhe von 2.500 Tonnen Gold im Jahr 1994 voraus und eine Schätzung über die Bestände der chinesischen Zentralbank in Höhe von 4.000 Tonnen. Der überarbeitete Chart fügt nun zwei weitere Jahre hinzu, 2017 und 2018, indem die offiziellen Goldbergbaudaten für beide Jahre und, maßgeblicher, die offiziellen Goldimporte der Jahre 2017 und 2018 ergänzt werden.

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Geschätzter Gesamtbestand von Gold in China, 1994 - 2018


Der aktualisierte Chart (siehe oben), bis Ende 2018, zeigt nun 23.215 Tonnen Gold auf dem chinesischen Markt, zurückzuführen auf 4.000 Tonnen für die Zentralbank und 19.215 Tonnen in "Privatbesitz".

Obwohl das wie sehr viel Geld scheint, soll Indien Schätzungen zufolge noch mehr besitzen. Im Mai zitierte Indiens Financial Express Somasundaram PR, Geschäftsführer des World Gold Council (WGC) für Indien, der sagte: "Vor zwei Jahren führten wir eine Studie durch und fanden heraus, dass Privathaushalte ungefähr 23.000 - 24.000 Tonnen besitzen. Nun könnten die Bestände bei 24.000 - 25.000 Tonnen liegen."

Und das berücksichtigt nicht die offiziellen Goldreserven der indischen Zentralbank, der Reserve Bank of India (RBI), die angibt, weitere 608 Tonnen Gold zu besitzen. Also könnten Indien und China, die zusammengesetzte Einheit CHINDIEN, im Besitz von riesigen 48.000 - 50.000 Tonnen Gold sein, oder sogar mehr, berücksichtigt man geschmuggelte und nicht angegebene Goldbestände.

Zählt man dann noch die neuesten Schätzungen über die Menge des Goldes, die sich im Privatbesitz deutscher Bürger befindet, die sich auf 8.918 Tonnen beliefen, sowie die offiziellen Goldbestände der Deutschen Bundesbank in Höhe von insgesamt 3.370 Tonnen, dann sprechen wir allein für die drei Länder China, Indien und Deutschland von einer Zahl zwischen 60.000 und 62.000 Tonnen Gold. Das ist fast ein Drittel des ganzen physischen Golds, das es nach Schätzungen des World Gold Council überhaupt geben soll.

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Schweizer Goldexporte nach Abnehmerland. Top 3: Indien, Hongkong und China, April 2019


Somit bleiben zwei Drittel der weltweiten oberirdischen Goldbestände für den Rest der Welt, einschließlich der Zentralbanken der G 10, die vermutlich sehr viel mehr Gold verliehen haben als angegeben.


Fazit

Da China, neben Indien und Russland, die Zügel des weltweiten physischen Goldmarkts in den Händen hält, ist es passend, dass die London Bullion Market Association (LBMA) Shenzhen in China als Veranstaltungsort für ihre diesen Oktober stattfindende jährliche Konferenz gewählt hat. Dort wird es genug Gesprächsstoff geben, während Chinas Goldmarkt weiterhin auf Hochtouren läuft. Es wirft auch Fragen auf, wie z. B. warum der internationale Goldpreis weiterhin von den Papiergoldmärkten von London und der US-amerikanischen COMEX bestimmt werden. Vielleicht bevorzugt China es immer noch so...?


© Ronan Manly
BullionStar



Dieser Artikel wurde am 03. Juni 2019 auf www.bullionstar.com und zuvor auf RT.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.