Marktanalyse Mai 2005
20.05.2005 | Claus Vogt
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S&P 500Vergangenen Monat stellten wir die Vermutung auf, dass der Kursverlauf seit November 2004 eine obere Umkehrformation mit der Untergrenze von 1.163 Punkten darstellt. Diese Sichtweise wurde durch die Entwicklung der letzten Wochen klar bestätigt. Zunächst formte sich eine kleine rechte Schulter einer wohlproportionierten Schulter-Kopf-Schulter-Formation. Dann erfolgte ein dynamischer Ausbruch unter die bei rund 1.160 Zählern verlaufende Nackenlinie. Wie vergangenen Monat bereits angekündigt, sehen wir darin ein unmissverständliches technisches Verkaufssignal.
Mit knapp 6 Monaten ist die genannte Formation zwar nicht besonders groß und ihr Minimum-Kursziel beläuft sich nur auf etwa 1.080 Punkte. Aber sie kann problemlos als ein gewichtiger Teil einer sehr viel mächtigeren Formation interpretiert werden, die den gesamten Kursverlauf seit Januar 2004 umfasst. Ihre Untergrenze sehen wir in der Zone von 1.060 bis 1.100. Mit einem erneuten Test dieses Bereichs müssen wir aufgrund des oben erwähnten Minimum-Kursziels rechnen. Aufgrund unseres sehr negativen Gesamtmodells und der schwachen technischen Marktverfassung erscheint uns eine Begrenzung der zu erwartenden Kursrückgänge auf dieses Niveau nicht sehr wahrscheinlich zu sein. Die mittlerweile deutlich durchbrochene Aufwärtstrendlinie, die von den März-Tiefs aus angelegt wird, gibt einen zusätzlichen Hinweis darauf, dass die im Frühjahr 2003 begonnene und ungewöhnlich lang anhaltende Bearmarket-Rallye vorüber sein dürfte.
Dow Jones
Auch der DOW hat sowohl seine Aufwärtstrendlinie nach unten durchstoßen als auch die Untergrenze seiner potenziellen oberen Umkehrformation. Das daraus resultierende Verkaufssignal ist klar und deutlich und gibt uns ein Minimum-Kursziel von 9.800 Punkten. Dieses Kursziel befindet sich im Bereich der Tiefstkurse des Jahres 2004. Immerhin dreimal, nämlich im März, im August und im Oktober, testete der DOW dieses Kursniveau. Aus charttechnischer Sicht kommt ihm damit eine wichtige Bedeutung zu. Hier drängt sich förmlich der Gedanke auf, dass der Kursverlauf seit Januar 2004 eine mächtige obere Umkehrformation darstellt, deren Untergrenze bei rund 9.800 Punkten verläuft. Aus dieser großen Formation würde sich ein Minimum-Kursziel von etwa 8.500 Zählern ergeben. Vielleicht nicht ganz zufällig befinden sich genau in diesem Bereich massive technische Unterstützungen.
Insgesamt vermittelt der DOW ein schwächeres Bild als der S&P 500. Die Kurse befinden sich wieder inmitten der seit Januar 2004 laufenden Seitwärtsbewegung. Damit hat sich der Ausbruch über die Januar 2004-Hochs als Fehlsignal und Bullenfalle herausgestellt. Der Index notiert bereits recht deutlich unter seiner wieder fallenden 200-Tage-Durchschnittslinie, die bereits seit Mitte letzten Jahres mehr oder weniger seitwärts verläuft. Der auf Wochenbasis ermittelte MACD Indikator hatte den Ausbruch der Kurse über die 2004-Hochs bereits nicht mehr bestätigt. Der Kursrückgang der vergangenen Wochen erzeugte in diesem mittelfristig ausgerichteten MACD ein unmissverständliches Verkaufssignal. Die Argumente für den Beginn einer zyklischen Baisse häufen sich.
Nasdaq
Ein noch bedenklicheres Bild bietet uns die NASDAQ. Auch hier befinden sich die Kurse deutlich unterhalb der mittelfristigen Aufwärtstrendlinie, unterhalb der wieder fallenden 200-Tage-Durchschnittslinie und innerhalb der großen Seitwärtsbewegung, deren Beginn an der NASDAQ aber bereits auf September-Oktober 2003 datiert werden muss. Erinnern wir uns noch einmal an den Kursverlauf des Jahres 2004. Damals schien sich eine wohlgeformte Umkehrformation abzuzeichnen, deren Untergrenze bei 1.880 bis 1.900 Zählern verlief. Im Juli 2004 erfolgte ein dynamischer Ausbruch unter diese Formation, der sich letztlich aber als schmerzhaftes Fehlsignal erwiesen hat.
Dennoch sehen wir in dem Bereich um 1.900 Punkten weiterhin eine wichtige technische Unterstützungsmarke. Ende April 2005 wurde diese Zone erneut getestet. Die Kurse der NASDAQ befanden sich also auf demselben Niveau wie vor rund 1V Jahren, im September 2003. Sieht so ein Bullenmarkt aus? Kurzfristig halten wir eine kleinere Bearmarket-Rallye bis in den Bereich der wieder fallenden 200-Tage-Durchschnittslinie und anderer technischer Widerstände bei rund 2.000 Punkten für möglich. Solange das eingangs beschriebene Muster rückläufiger Umsätze bei steigenden Kursen beibehalten wird, betrachten wir Kurserholungen als Verkaufsgelegenheiten und rechnen zumindest mittelfristig mit einer Fortsetzung der Kursrückgänge. Kurzfristige Unterstützung befindet sich im Bereich der August 2004-Tiefs, also bei 1.750 Punkten, dann erst wieder bei 1.500.
Nikkei
Auch an der japanischen Börse kam es im April zu Kursverlusten. Allerdings erfolgten sie in Verbindung mit Meldungen über politische Spannungen zwischen China und Japan. Normalerweise betrachten wir Kursrückgänge aufgrund von mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest kurz- bis mittelfristig unbedeutenden Nachrichten als typische Kaufgelegenheiten. Dazu tendieren wir auch in diesem Fall und bleiben bei unserer letzten Monat formulierten Markteinschätzung. Diese empfahl Käufe im Bereich von 11.300 Indexpunkten, da hier starke technische Unterstützungen lagen. Nun hat diese Marke allerdings nicht gehalten, und die Kurse fielen in der Spitze auf knapp 10.800 Punkte, also gut 4% unter unser Kaufniveau. Sie erreichten damit fast die untere Begrenzung der großen Dreiecksformation. Damit kommt der zweite Teil unsere Empfehlung ins Spiel, der als Stop Loss-Marke das Unterschreiten eben dieser unteren Begrenzung nannte.
© Claus Vogt
Leiter Research der Berliner Effektenbank