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Trichet ohne Überraschungen - US-Arbeitsmarktbericht im Fokus

04.12.2009  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet (07.45 Uhr) bei 1.5070, nachdem gestern im europäischen Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.5141 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 88.20. In der Folge notiert EUR-JPY bei 132.90, während EUR-CHF bei 1.5070 oszilliert. Der EZB-Rat hat den Markterwartungen entsprechend den Leitzins unverändert bei 1,00% belassen.

Die Einlassungen Trichets zur Konjunktur fallen verbunden mit leicht erhöhten Stabprojektionen für das Wachstum per 2010 und 2011 etwas positiver aus.

Der EZB-Rat als auch die für die Projektionen verantwortlichen Mitarbeiter bewegen sich deutlich "hinter der Kurve". Die Realität ist einmal mehr wesentlich schneller … Mithin tönt die Skepsis von Seiten der EZB ob der Konjunkturentwicklung unverändert laut durch. Nun denn, der Einbruch der Konjunktur 2008 wurde nicht erwartet, die Erholung per 2009 wurde von der EZB nicht in dieser Form gesehen. Warum soll sich per 2010 etwas ändern? Jeder bemüht sich halt um seinen "Trackrecord!" Offensichtlich ist es "hinter der Kurve" warm und kommod.

Preisinflation würde bedingt durch Basiseffekte zunehmen. Wir stimmen umfänglich zu. Das Preisniveau wird insgesamt unter Druck bleiben. Ja, die Bandbreite der Verbraucherpreisinflation wird zwischen 1% -2% per 2010 liegen.

Die EZB beschreitet vorsichtig den Weg, die unkonventionellen Maßnahmen zurückzufahren. Dabei bleibt die Liquiditätsversorgung absolut gesichert. Volle Zuteilung bleibt auf der Agenda. Die 6-Monatsoperationen werden aber im 1. Quartal eingestellt. Die 12 Monatsoperation kommt nicht mehr zum Festzins, sondern der Zins wird im Verlauf monatlich neu fixiert und am durchschnittlichen Marktzins ausgerichtet.

Diese Form des Exits ist ausbalanciert und muß als angemessen klassifiziert werden. An dieser Stelle verdient sich die EZB ein ehrliches und ein uneingeschränktes "Chapeau"!

EZB-Präsident Trichet betonte auf der Pressekonferenz, daß die EZB ein starkes Interesse daran hat, daß der USD stark bleibt. Das stellen wir nicht in Frage. Das gilt auch nicht nur für die EZB, sondern voraussichtlich für alle Zentralbanken der G30.

Vor dem Hintergrund der prekären Lage der USA im Vergleich zum Rest der Welt sind jedoch weitere Anpassungen am Währungsmarkt erforderlich. Eine Abwertung im Bereich von 5% - 8% pro Jahr ist dabei eine realistische Größenordnung. Das Niveau bei 1.60 "kennen" wir seit Sommer 2008 als Extrem. Es dürfte sich bezüglich unserer Annahme sukzessive zu einer Norm entwickeln!

Des weiteren stimmen wir dem Handelsminister Chinas weitestgehend zu. Der chinesische Handelsminister Chen Deming betonte, daß die Weltöffentlichkeit der Frage der Stabilität des USD mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, als der Yuan-Frage. Der Einfluß des USD auf die Welt sei ungleich bedeutender als die Aufwertungsfrage des Yuan. Ja, Herr Deming, das gilt noch … Die Revision des BIP der Eurozone per 3. Quartal 2009 lieferte keine neuen Erkenntnisse. Im Quartalsvergleich ergab sich eine Zunahme um 0,4%. Im Jahresvergleich stellte sich ein Rückgang um 4,1% nach zuvor -4,8% ein.

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Die Einzelhandelsumsätze der Eurozone lieferten per Oktober im Monatsvergleich ein unverändertes Ergebnis (Prognose +0,2%) nach zuvor -0,5% (revidiert von -0,7%). Im Jahresvergleich führte das zu einer Kontraktion um -1,9% (Prognose -2,4%) nach zuvor -2,8% (revidiert von -3,6%). Festzustellen bleibt, daß dieser Sektor der Erholung der Gesamtwirtschaft hinterherläuft.

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Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone für den Dienstleistungssektor legte von zuvor 52,6 auf 53,0 Punkte zu. Die Prognose war bei 53,2 Zählern angesiedelt. Mithin ist die Tendenz positiv. Die Erwartungen des Markts konnten jedoch nicht umfänglich erfüllt werden.

Aus den USA ergab sich ein gemischtes Bild, das jedoch nicht in der Gesamtheit überzeugen konnte und wesentlich dafür verantwortlich ist, daß leichte Risikoaversion am Markt dominierte.

Wir haben mehrfach darauf verwiesen, daß es im aktuellen Umfeld nicht mehr Sinn stiftend ist, die US-Märkte oder die US-Konjunktur als "Benchmark" oder "Frühindikator" für die Märkte des Rests der Welt zu mißbrauchen. Das entspricht derzeit der Logik, ein Pferd von hinten oder anders ausgedrückt vom "Achtersteven" her aufzuzäumen. Die sensiblen und smarten Frühindikatoren sind heute in den potenten Schwellenländern anzutreffen. Nun denn, Reflexe und klares Denkvermögen brauchen eine gewisse Zeit, neu adjustiert zu werden.

Positive Akzente setzten die Arbeitslosenerstanträge per 28.11.2009. Hier kam es zu einem unerwarteten Rückgang von 462.000 (revidiert von 466.000) auf 457.000. Die Prognose war bei 480.000 angesiedelt. Mithin setzt sich die Entspannung am US-Arbeitsmarkt fort.

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Die Arbeitsproduktivität per 3. Quartal wurde von zuvor +9,5% auf +8,1% revidiert (Prognose 8,5%). Wir nehmen diese Daten zur Kenntnis und verweisen auf unsere kritische Haltung zur Datenqualität.

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Der ISM-Index für den Dienstleistungsbereich ist per November überraschend von zuvor 50,6 auf 48,7 Punkte gefallen. Die Konsensusprognose war bei 51,5 Punkten angesiedelt. Die Subindizes lieferten ein durchmischtes und wenig eindeutiges Bild. Der Geschäftstätigkeitsindex sank deutlich von 55,2 auf 49,6 Punkte. Dagegen legte der Beschäftigungsindex leicht von 41,1 auf 41,6 Punkte zu. der Auftragsindex verlor geringfügig von 55,6 auf 55,1 Punkte.

Der Blick auf den Chart verdeutlicht, daß sich eine Zone zwischen 48 und 51 Punkten etabliert. Die Entwicklung im Dienstleistungsbereich in den USA deckt sich mit unserer Analyse, daß die USA im Hinblick auf die Dynamik der Erholung dem Rest der Welt hinterherlaufen.

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Der Fokus des Finanzmarkts liegt heute auf dem US-Arbeitsmarktbericht per November. Analysten erwarten, daß die Arbeitslosenquote unverändert bei 10,2% liegen wird. Wir bevorzugen den Blick auf die Quote U-6 des BLS (Table A-12), die eine gewisse Vergleichbarkeit mit den europäischen Pendants erlaubt. Diese Quote stellte sich zuletzt auf 17,5%.

Die Beschäftigung außerhalb des Agrarbereichs (Nonfarm Payrolls) soll in den USA um -130.000 nach zuvor -190.000 sinken. Damit würde sich die Tendenz der abnehmenden Zunahme der Jobverluste fortsetzen. Die aktuelle Entwicklung der Arbeitslosenerstanträge deutet genau in diese Richtung. Diese Tendenz ist fraglos ermutigend. Fakt ist aber andererseits, daß es immer noch spürbare Arbeitsplatzverluste sind.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.4800 - 30 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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