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Die sechs Reiter der wirtschaftlichen Apokalypse

23.12.2009  |  Peter Boehringer
- Seite 4 -
Der sechste Reiter: US-Staatsanleihen können nicht mehr in Dollar denominiert werden

Wenn der Dollar trotz steigender Zinsen und trotz Weltleitwährung-Status dann schließlich immer weiter fällt, werden die Währungsverluste der Dollar-Reservehalter (z. B. die europäisch-asiatischen Zentralbanken) und damit der potenziellen Zeichner weiterer US-Bonds nervös werden. Die Buchverluste werden dann einfach zu groß. Bei derzeit gut 2 Billionen an Dollarreserven hat alleine China 2009 mehrere Hundert Milliarden Dollar verloren. Wären die USA ein Land wie jedes andere, müssten sie das tun, was Dutzenden von zu hoch verschuldeten Ländern in den vergangenen Jahren passiert ist: sie müssten sich in ausländischer Währung verschulden. Noch haben die USA kein nicht in Dollar denominiertes Treasury-Programm aufgelegt. Sobald sie es tun (müssen), ist es ein riesiges und vermutlich letztes Warnzeichen vor der finanziellen Apokalypse! Ein Land hat theoretisch immer drei Möglichkeiten, sich zu entschulden:
  • Entweder über eine dauerhaft stark erhöhte Besteuerung der eigenen Bevölkerung bzw. über eine einmalige "Vermögensabgabe" (wahlweise auch "Sonderabgabe" oder "Zwangsanleihe" genannt...). Diese Steuer"lösungen" sind nicht undenkbar - aber angesichts der Größe des Problems kaum durchführbar;

  • oder über echte Ersparnis - also durch allgemeines Leben unter den produktiven Möglichkeiten (weniger ausgeben als man erwirtschaftet);

  • oder drittens über das Anwerfen der Druckerpresse - wahlweise über einige Jahre (hohe bis galoppierende Inflationierung) und/oder einmalig (schnelle Hyperinflationierung). Dies kann man als Staat zwar nur einmal durchführen - und muss danach die Währung aufgeben und ist für lange Zeit nicht mehr kreditwürdig. Dennoch kann das Ziel "komplette Entschuldung" erfolgreich erreicht werden.

In dem Moment aber, in dem ein Land nicht mehr in eigener Währung verschuldet ist, ist zumindest die dritte Option nicht mehr gegeben! Entschuldung kann dann nur noch auf den viel "härteren" und "unpopuläreren" ersten beiden Wegen erreicht werden. Diese Wege wären aber z. B. für die USA kaum gangbar: Eine positive Handelsbilanz zur Ersparnisbildung ist nicht schnell wieder herstellbar, weil die produktive Basis in sehr vielen Bereichen weitgehend ins Ausland verschoben worden ist. Und eine prohibitive Besteuerung und selbst eine Vermögensabgabe brächten kurzfristig nicht genügend Geld ein, wenn sie denn überhaupt durchsetzbar wären.

Im Ergebnis würden die USA im Falle eines vom Markt und vom Ausland erzwungenen Endes der Dollar-basierten Aufschuldung zwangsläufig einen gewaltigen Einbruch des Lebensstandards um bis zu 50% erleiden, denn heute bereits werden 50% der Anleihen im Ausland abgesetzt (2009 ca. 2 Mrd Dollar jeden Tag)! Option 2 (Ersparnisbildung) würde über die Ausgabenseite erzwungen. Es wäre genau der Weg, den Hunderte von überschuldeten Entwicklungsländern in den vergangenen Jahrzehnten gegangen sind! Es ist der Weg, den jeder Schuldner geht, der dauerhaft über seine Verhältnisse lebt.

=> Der sechste Reiter der wirtschaftlichen Apokalypse ist noch nicht angekommen. Aber es ist ausschließlich das enorme Privileg der USA, die Weltleitwährung zu stellen, das diese Entwicklung bislang verhindert hat.

Eine logische Parallel-Erscheinung zur Ablösung des Dollars wäre übrigens, dass sich wichtige Länder mit Leistungsbilanz-Überschüssen wie China, die bislang noch Anleihen in US-Dollar begeben, künftig in eigener Währung verschulden. China hat exakt diesen Schritt unlängst vorbereitet: Das Land hat am 8.9.2009 bekannt gegeben, dass es ab September 2009 nun auch an internationale Investoren in Yuan denominierte Staatsanleihen emittieren wird. Zusammen mit der Konvertibilität des Yuan, die derzeit ebenfalls vorbereitet wird, ist dies ein klarer Schritt in Richtung des langfristigen chinesischen Ziels "Weltleitwährung Yuan".

Durchaus möglich wäre allerdings, dass es eine längere Übergangsphase zur Ablösung des US-Dollars geben wird, in der eine internationale Korbwährung die Leitfunktion ausfüllt, deren Währungsgewichtungen peu à peu zu Lasten des Dollars angepasst würden. Ein solcher allmählicher Ablösungsprozess wäre durchaus wünschenswert - und er wird in Form der "Sonderziehungsrechte" (SZR) mittlerweile auf vielen Ebenen debattiert (G-20, G-8, USA, China, Russland, sogar UNO). Eine Einigung scheiterte in den letzten Monaten vor allem deshalb, weil die USA eine relativ hohe und zügige Reduktion des Dollar-Gewichts in den heutigen SZRs (44%) noch nicht zulassen wollten und auch deshalb, weil der Yuan noch gar nicht voll konvertibel ist. Wer genauer nachfragt, erfährt zudem noch, dass es starke Bestrebungen seitens Chinas und Russlands gibt, auch Gold und Silber und ggf. Rohstoffe zu nicht unerheblichem Prozentsatz in den SZR-Korb zu geben. Dies ist für die amerikanischen Verhandler derzeit noch nicht vorstellbar. Kommt Zeit - kommt Gold!

Das griechische Wort "Apokalypse" bedeutet "Offenbarung"; obwohl es regelmäßig mit "Weltuntergang" assoziiert wird. Über den Weltuntergang kann man streiten. Aber eine Augen-öffnende "Offenbarung" wird es nach dem Auftauchen des sechsten Reiters der Wirtschaftlichen Apokalypse garantiert geben. Jedenfalls für die Mainstream-Schreiber und -Leser. Ein Trost könnte sein, dass zwar der materielle Lebensstandard des Westens nach dem wirtschaftlichen Systemende erheblich niedriger sein wird. Nicht unbedingt aber die Lebensqualität für diejenigen, die vom Kommenden nicht mehr überrascht werden können, die während der Krise nicht wahnsinnig werden und die wenigstens geistig-ideell vorbereitet sind. Materielle Vorbereitung kann allerdings ebenfalls nicht schaden. Papierwerte werden dabei nicht helfen.


© Peter Boehringer
PBVV Vermögensberatung



Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Herbst 2009 im Messemagazin der Edelmetall- und Rohstoffmesse der Goldseiten.













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