Flucht in Sachwerte
13.01.2012 | Frank Amann
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Über die Frage, was wir nun in Sachen Euro- und Schuldenkrise weiter zu erwarten haben, wurde bereits an anderer Stelle ausführlich berichtet (1). Wir wollen uns nachfolgend mit einem bedeutsamen Teilaspekt beschäftigen, nämlich der Frage, ob man durch sogenannte Sachwerte einem schleichenden oder abrupten Geldwertverfall vorbeugen kann.Vorweg empfiehlt sich jedoch, einen Begriff ins eigene Verständnis zu implementieren, der ein Schlüssel für all das sein wird, was wir in den nächsten Monaten und Jahren als mehr oder weniger (versteckte) Richtschnur für jegliches politisches Handeln unterstellen müssen: Entwertung, bei Licht betrachtet nämlich die einzig ehrliche und vernünftige Chance, wie Staaten, Banken und andere Kapitalsammelstellen (Versicherungen, Pensionskassen, usw.) die aufgelaufenen Forderungen und „Altlasten“ jemals abarbeiten und bereinigen können - eine Erkenntnis, die bei immer mehr Zeitgenossen greift, sei es instinktiv oder aber vereinzelt sogar durch Anwendung der Grundrechenarten.
Eine andere Lösung als die der Entwertung von "Vermögen“ - auf die eine oder andere Weise - ist völlig illusorisch. Denn die Guthaben des Einen sind die Schulden des Anderen. Und leider gibt es jede Menge Schuldner, die ihre Schulden niemals mehr auf regulärem Wege zurückführen können. Die meisten von der Politik derzeit präferierten Modelle zur diesbezüglichen "Krisenbewältigung“ sind aber etwa so zielführend, wie ein Glas Schnaps in den Bodensee zu kippen und am Rheinfall in Schaffhausen zu messen, ob sich die Wasserkonsistenz verändert hat.
Der unvermeidlichen Vermögensentwertung zur Sanierung der Staats- und Bankbilanzen zu entgehen, ist der Traum eines jeden Anlegers; Sachwerte scheinen hierfür die Lösung zu sein. Bei der Flucht in Sachwerte geht es also darum, einen möglichen Verfall des Geldwertes durch (rechtzeitigen) Umtausch von Geld- in Sachwerte zu kompensieren und dadurch vorhandenes (Geld-)Vermögen irgendwie zu konservieren bzw. zu bewahren. Es leuchtet ein, daß im Ernstfall die Axt in der Hand oder das Brot im Ofen mehr (Nutz-)Wert haben als ein buntes Stück Papier, dessen Tauschkraft kein Vertrauen mehr entgegengebracht wird.
Beim Kauf von Sachwerten werden insbesondere Immobilien, Aktien und natürlich auch Gold an erster Stelle genannt. Diese böten - so die Sachwertfreunde - die höchste Sicherheit dafür, sein Vermögen durch die Feuerstürme der Inflation/Währungsreform oder sonstiger Grausamkeiten zu "retten“.
Das klingt plausibel. Ein vor 100 Jahren erworbenes Grundstück oder ein vor 100 Jahren erworbener Goldbarren haben auch heute noch ihren Wert. Es gibt Aktien von Firmen, die bereits zwei Weltkriege überstanden haben, von Generation zu Generation weitervererbt wurden und noch heute an der Börse gehandelt werden.
Allerdings übersehen die eingefleischten Sachwertbefürworter einen wesentlichen Aspekt: Es war in der Geschichte durchaus üblich, daß sogenanntes Privateigentum (völlig egal, ob dies Geld- oder Sachwerte waren), einfach konfisziert wurde - natürlich mit der entsprechenden politischen Begründung. Das heißt, die Antwort auf die Frage, ob Sachwerte im beschriebenen Sinne (also zur Erhaltung des Vermögens) generell zielführend sind, ist zwingend mit der Frage verbunden, in welchen politischen Verhältnissen man sich nach einem etwaigen „Geldwertverfall“ wiederfindet. Insofern kommt der weiteren Frage, welche Sachwerte überhaupt vor den gierigen Argusaugen staatlicher Häscher verborgen werden können, eine überragende Bedeutung zu.
Immobilien beispielsweise sind ein staatlich katalogisiertes und registriertes Anlageinstrument, auf das Behörden - quasi per Knopfdruck - jederzeit mittels Steuern oder sonstiger enteignender Maßnahmen zugreifen können. Die Erhöhung von Grunderwerbs- und Grundsteuern, Zwangsbelegungen, energetische Auflagen bei Sanierungen, usw. sind übrigens nichts anderes als partielle Entwertungen durch staatliche Eingriffe in vorhandenes Privatvermögen.
Eine „Sondersteuer“ von x % auf gehaltene Aktienwerte dürfte ebenfalls mit wenig Aufwand für die staatliche Bürokratie verbunden sein, und Gold in Schließfächern zu konfiszieren, dürfte die allereinfachste Übung sein. Was können wir daraus schließen? Was gemeinhin als Sachwert betrachtet wird, ist im Falle eines Geld-/Währungsverfalls/ Zusammenbruchs ebenfalls in höchstem Maße gefährdet!
Fazit:
Völlig egal, auf welche Art und Weise der Staat bzw. das angeschlagene Bankensystem sich entschulden (und dabei zwangsläufig das Vermögen ihrer Bürger vernichten), es ist völlig illusorisch zu glauben, daß Staaten oder die jeweilige im Rahmen eines Umbruchs zum Zuge kommende bürokratische Clique (vielleicht löst sich ja auch der eine oder andere Staat auf) darauf verzichten, sichtbare und registrierte Vermögensbestandteile ungeschoren davon kommen zu lassen. Ob dies dann Enteignung, Lastenausgleich, Vermögensabgabe oder Hypothekengewinnabgabe genannt wird, ist völlig sekundär. Nur wer es schafft, Vermögensgegenstände im Verborgenen oder im Ausland sicher zu verwahren, um sie hernach (also nach dem Ende des Bereinigungsprozesses) wieder (unauffällig) in den Umlauf zu bringen, hätte eine höhere Gewähr dafür, Teile seines Vermögens erhalten zu können.
Trotz dieser durchaus unerfreulichen Erkenntnis wollen wir uns auf die vertiefte Suche nach Sachwerten machen und genauer untersuchen, unter welchen Umständen Sachen auch (noch) Werte sind. Zur besseren Orientierung beginnen wir einmal damit zu definieren, was überhaupt eine Sache ist.
Nach deutschem Recht ist eine Sache ein 'körperlicher Gegenstand’ (§ 90 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Das BGB unterteilt hierbei in durchaus nachvollziehbarer Weise:
a) unbewegliche Sachen (Immobilien)
b) bewegliche Sachen (Mobilien)
c) vertretbare Sachen (bewegliche Sachen, wie z.B. Kartoffeln, Getreide, Geld!, Wertpapiere!)
d) unvertretbare Sachen (Sachen, die individuell bestimmt sind, auch z.B. Grundstücke)
e) teilbare Sachen (lassen sich ohne Wertminderung in gleichartige Teile zerlegen)
f) verbrauchbare Sachen (bewegliche Sachen, die zum Verbrauch bestimmt sind)