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Flucht in Sachwerte

13.01.2012  |  Frank Amann
- Seite 3 -
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch ziehe ich aus einer Sache entweder einen Nutzen (sogenannte Gebrauchsvorteile) oder aber Sach- und Rechtsfrüchte. Sachen können übrigens auch Rechte (z.B. Patentrechte) sein.

In Österreich ist übrigens alles, was keine Person ist und dem Gebrauch durch den Menschen dient, im rechtlichen Sinne eine Sache. Und somit ist dort auch das Geld eine Sache.

Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Sachwerten und Wertsachen? Und warum führt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht Aktien als Geldvermögen auf? Warum umfaßt die Wertsachendefinition bei der Hausratversicherung auch Bargeld als Wertsache? Sie merken schon, im Definitionswirrwarr läßt es sich leicht verheddern. Klar ist jedenfalls, wer davon spricht, man müsse sein Geld in Sachwerte anlegen, den sollte man zuallererst fragen, was genau er eigentlich damit meint.

Versuchen wir eine Definition zu finden, die uns etwas weiterhilft. Vielleicht gefällt Ihnen folgende:

Sachwerte (als Anlageinstrument) sind Sachen, denen nicht nur heute bzw. kurzfristig ein Gebrauchswert zukommt, sondern aus denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit auch morgen und übermorgen einen persönlichen Nutzen generieren kann.

Untersuchen wir einmal die gängigsten Sachwerte auf ihre Tauglichkeit, als Vermögensspeicher dienen zu können, um einer Geldentwertung ganz oder teilweise zu entkommen:


a) Gold:

Gold ist zweifellos eine Sache. Für sich genommen hat Gold aber nur einen sehr geringen Nutzen, obwohl es im kollektiven Bewußtsein der Menschheit als Wertspeicher verankert ist und mit seinem magischen Glanz seit jeher eine Faszination auf die Menschen ausübt. Jedoch: Gold als Wertspeicher funktioniert nur dann und so lange, wie Menschen ihm eine geldähnliche Bedeutung zukommen lassen. Für sich genommen ist es nahezu wert- und nutzlos.


b) Aktien:

Aktien als Sachwert zu bezeichnen, ist durchaus zweifelhaft. Wie bereits erwähnt, wird sogar im allmonatlichen Bundesbankbericht Aktienvermögen unter der Rubrik 'Geldwerte’ aufgelistet. Den Nutzen, den Aktien für Anleger stiften können, sind Dividendenzahlungen und ggf. auch Wertsteigerungen. Aktien sind Anteilsscheine an Unternehmen, und Unternehmen bestehen ja i.d.R. aus vielerlei Sachen (wir hatten ja schon aufgeführt, daß auch Patente und Lizenzen Sachen sind), die in ihrer Kombination einen Wert für die Menschen produzieren können.

Man könnte also sagen, daß Aktien zwar keine originären Sachwerte sind, aber Anteilsscheine, die einen erheblichen Sachwertbezug haben (das gilt sicher nur eingeschränkt für die Aktien einer Bank!). Wie auch immer, klar ist, daß auch bei einer Neubewertung von Geld (Währungsreform, usw.) auch in Zukunft Unternehmungen existieren werden, die etwas herstellen, produzieren oder leisten, was die Menschen brauchen. Insofern können Aktien an werthaltigen Unternehmen durchaus geeignete Instrumente sein, um den Stürmen zu trotzen. Dies gilt natürlich auch für Aktienfonds.


c) Immobilien:

Diese stehen ja in vorderster Reihe, wenn es um Sachwertanlagen geht. Und obwohl Immobilien ja nun unbestreitbar einen Nutzwert haben, sind sie (als Anlageinstrument) doch der einen oder anderen Gefahr ausgesetzt, die in der allgemeinen Sachwerteuphorie gerne untergehen. Der Mensch braucht ein Dach über dem Kopf; um eine Fabrik betreiben zu können, bedarf es entsprechender Produktionsgebäude, und selbst Büromenschen brauchen einen Unterschlupf, der sie vor Kälte, Schnee und Regen schützt. Soweit so gut. Immobilien decken also grundsätzliche, elementare Bedürfnisse ab, und es darf davon ausgegangen werden, daß sich der jeweilige Bedarf an Immobilien, die zu Wohn- und beruflich/betrieblichen Zwecken genutzt werden, immer auch einen ‚Wert’ widerspiegeln.

In Zeiten der Sachwerteuphorie steigen möglicherweise Immobilienpreise jedoch nicht unbedingt deshalb an, weil der Bedarf an Wohnungen, Häusern und Gebäuden steigt, sondern möglicherweise, weil Menschen darauf spekulieren, mit Investitionen in Immobilien ihr Geld "retten“ zu können. Früher oder später jedoch wird sich der Preis aber wieder nach den tatsächlichen Marktgegebenheiten richten und zwar auch nach einer "Geldbereinigung“.

Es ist durchaus realistisch anzunehmen, daß das eigene Häuschen oder die eigene Wohnung, in der man selbst lebt, nach einer Währungsreform eine gewisse politische Protektion genießen könnte. Summa summarum können Immobilien also dazu dienen, eine gewisse Substanz zu erhalten. Sie sollten aber in ihrer Fähigkeit als Vermögensspeicher nicht überschätzt werden, da sowohl sozial- und wirtschaftliche Gegebenheiten, vor allem aber staatliche Eingriffe zu einer Wertminderung und (Teil-) Enteignung führen können.


d) Sonstiges:

Andere Edelmetalle, Schmuck, Briefmarken, Münzen, Drucke, Kunstgegenstände und Oldtimer, erlesene Weine usw. Hierbei hängt alles davon ab, welcher Wert in der jeweiligen Situation einer Sache beigemessen wird. Auch hier gibt es keinerlei Selbstläufer. Man darf annehmen, daß Sachen, die im Fall der Fälle knapp werden könnten, aber tatsächlich gebraucht werden (z.B. hochwertige Werkzeuge), einen höheren Wert darstellen werden als beispielsweise ein Oldtimer.

Man könnte nun natürlich einen Sport daraus machen, zu überlegen, welche (möglichst langlebigen) Güter auch in Krisen- und Knappheitssituationen als Tauschgegenstände und Materialien einen vermutlichen Wert haben (bitte aber auch gleich mitüberlegen, wie diese gelagert werden können).

Alles in allem muß davor gewarnt werden, sich das Thema Sachwerte pauschal und undifferenziert als Problemlösung verkaufen zu lassen (oder sich selbst zu verkaufen). Noch verlangen die selbsternannten Sachwertexperten harte (?) Dollars, Franken und Euros für ihre schlauen Bücher.

Die für mich höchsten "Sachwerte“ finden Sie jedoch in keinem dieser schlauen Ratgeber; sie sind von niemandem zu stehlen - auch nicht von Staaten - und entziehen sich jeglicher Besteuerung: ein breit gefächertes Wissen, Bildung, eine hohe Sozialkompetenz, also geistige und emotionale Fertigkeiten, mit denen jeder Katastrophe getrotzt werden kann.

Aber auch manuelle Fertigkeiten, handwerkliches Geschick, das Wissen im überlebens-wichtigen Können - welche Pflanzen sind eßbar, für Tees und Salben zu verwenden, Kochen, Garen, Haltbarkeiten, Viehzucht, Gartenbau, etc. - sowie sprachliche und kulturelle Werte erweisen sich gerade in Krisen als höchst hilfreich und wertvoll.

Je weiter der Horizont, desto flexibler das Arsenal, dessen Sie sich in Krisenzeiten bedienen können. Stimmt dann auch noch das familiäre und soziale Umfeld, können Sie mit nahezu jeder Krise fertig werden. Mut und geistig-seelische Kraft sind weder mit Geld-, noch mit Sachwerten zu kompensieren. Mit ihnen "im Gepäck" überstehen Sie Krisen aller Art am besten, und sie gewinnen insbesondere an Wert, wenn wir sie in problematischen Zeiten wieder zu schätzen lernen.


© Frank Amann
Seniorberater und Aufsichtsrat der Erste Finanz- und Berater-AG in Deutschland (efv-AG)
www.efv-ag.de



(1) Siehe Artikel: "Euro- und Schuldenkrise - (wie) geht es weiter?"



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