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Unterkühlte Reaktion auf Brüssel weicht einem gewissen Realitätssinn …

02.02.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.52 Uhr) bei 1.3175, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3027 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 76.15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 100.30, während EUR-CHF bei 1.2060 oszilliert.

Die unterkühlte Reaktion auf die Brüsseler Entscheidung dauerte nicht lange an. Offensichtlich fällt es selbst unseren "Freunden“ schwer, sich der Realität zu verweigern. Dazu passt die jüngste Einlassung von Fitch. Laut Herrn Riley von der Ratingagentur Fitch repräsentiert Portugal kein signifikantes Risiko für die Eurozone. Die Regierung sei glaubwürdig und bezüglich der Reformpolitik zuverlässig. Die Realität ist geprägt von reformfreudigen Europäern, die derzeit eine Stabilitätsunion umsetzen. Der Weg ist nicht kurz, aber er ist überschaubar und vor allen Dingen hat diese Krise verdeutlicht, dass es keinen Weg um die Stabilitätsunion herum gibt. Das sich Großbritannien und Tschechien diesem Weg (bisher) entziehen, nehmen wir zur Kenntnis.

Klar wird das auch an den Einlassungen von Frau Dr. Merkel. "Die gemeinsame Währung muss man auch gemeinsam verteidigen", versicherte die Kanzlerin angesichts der weltweiten Skepsis, ob die Euro-Zone ihre Probleme meistern werde. Die Haltung der deutschen Bundesregierung hat sich in den letzten Monaten deutlich verändert. Das Thema der nachhaltigen Solidarität und nicht das Thema der nicht haltbaren Vorfestlegungen bestimmt nun die Berliner Agenda.

Wenige Tage nach dem EU-Gipfel verwies sie auf die Anstrengungen zum Schuldenabbau und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Diese Verweise sind notwendig. Die Medienmaschinerie unserer „Freunde“ hat zu einem äußerst verzerrten Bild in der Wahrnehmung der Eurozone geführt, das mit unseren Realitäten nichts zu tun hat.

Merkel räumte ein, dass es in der Euro-Zone einen Widerspruch gegeben habe, weil zwar Regeln für eine solide Haushaltsführung existiert hätten, sich aber viele Staaten nicht daran gehalten hätte. Dieses Problem werde nun etwa durch den auf dem EU-Gipfel Anfang der Woche beschlossenen Fiskalpakt beseitigt, weil Verstöße gegen die nationale Schuldenbremse nun auch vom Europäischen Gerichtshof sanktioniert werden dürfen. So ist es und es ist gut so. Damit wird sich die Eurozone von den restlichen westlichen Schwergewichten USA, UK und Japan deutlich abheben.

Zugleich betonte sie, dass es nötig sei, in der Euro-Zone immer enger miteinander zu kooperieren. "Wir müssen uns Schritt für Schritt auf eine gemeinsame Haushaltspolitik hinbewegen", mahnte sie. "Die Währungsunion hat nicht ausreichende politische Gemeinsamkeiten." Da stimmen wir umfänglich zu. Eine nachhaltige Harmonisierung ist notwendig. Dabei darf die Qualität der Demokratie nicht dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die gestern veröffentlichten Daten unterstreichen die unterschwellig starke Verfassung der Weltkonjunktur. Dabei dominierten gestern Daten der USA:

Zunächst wurde der Anstieg der Verbraucherpreise in der Eurozone per Januar auf 2,7% geschätzt. Eine leichte Entspannung zeichnet sich seit November ausgehend von 3,0% ab. Sie ist begründet durch Basiseffekte gegenüber dem Vorjahr als auch in der Tat einer leichten Preisentspannung, die jedoch hinsichtlich der Dynamikverluste der globalen Wirtschaft als unterproportional klassifiziert werden muss.

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Die US-Bauausgaben setzten einen deutlich positiven Akzent. Es kam per Dezember zu einem unerwarteten Anstieg im Monatsvergleich um 1,5%. Seit Juli ergibt sich damit ein expansiver Trend. Im Jahresvergleich stellt sich eine Zunahme um 4,3% ein.

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Der ISM-Manufacturing Index verzeichnete per Januar einen Anstieg von zuvor 53,1 auf 54,1 Punkte. Die Prognose von 54,5 wurde zwar verfehlt. Der Trend als auch der Indexstand implizieren jedoch eine fortgesetzte Expansion bei erhöhtem Tempo in diesem Sektor der US-Wirtschaft, ergo kein Grund zur Sorge.

Der Blick auf die Subindices unterstreicht das positive Bild. Der Produktionsindex liegt bei 55,7 Punkten. Der Auftragsindex steht bei 57,6 Zählern. Der Beschäftigungsindex bewegt sich bei 54,3 Punkten. Der Blick auf den Chart verdeutlicht die positive Tendenz des Index.

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Der US-Automobilabsatz überraschte deutlich mit einem Absatz in Höhe von 14,1 Mio. nach zuvor 13,5 Mio. Fahrzeugen in der annualisierten Darstellung. Die Konsensusprognose lag bei 13,7 Mio. Kraftfahrzeugen. Damit ergibt sich das höchste Niveau seit Mitte 2008, also einem Zeitpunkt vor der Lehmannpleite. Diese Zahlen sind durchaus bemerkenswert. Der Blick auf den langfristigen Chart impliziert, dass man sich einer normalisierten Lage (15 Mio.) nähert.

Die US-Konjunkturdaten spielen Obama in die Karten. Das nimmt ein wenig Sorge im Hinblick auf die Qualität der Kandidaten der GOP und ihrer nahezu unerträglichen Propaganda als auch Umgangsweise.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.2900 - 1.2930 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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