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Gesunder Menschenverstand setzt sich durch - "Anti-Euro Kampagne" erlahmt!

10.02.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen (07.40 Uhr) bei 1.3760, nachdem im US-Handel Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3839 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 89.65 In der Folge notiert EUR-JPY bei 123.35 während EUR-CHF bei 1.4670 oszilliert. Die aktuellen Schlagzeilen bezüglich der Eurozone lauten:
  • European Officials Consider Greek Bailout on Budget - Bloomberg
  • Greek Bonds surge as EU’s Rehn Offers Support in Broad Sense - Bloomberg
  • Greece’s Fiscal Woes Bring Bailout Questions - Wall Street Journal
  • Berlin looks to build Greek’firewall’ - Financial Times

und so weiter …

Wir haben an dieser Stelle und in unseren Vorträgen regelmäßig betont, daß im Zweifelsfall Hilfsmaßnahmen für Griechenland organisiert würden. "Failure is currently no option!" - Diese These gilt für die G-30 Ebene, sie wurde von einigen Marktteilnehmern ausgeblendet.

Wenn Island, das Baltikum und Ungarn als auch alles andere, das nur ansatzweise systemischen Charakter aufweist, von der internationalen Gemeinschaft gerettet werden, wäre es sehr unsinnig,
Griechenland fallen zu lassen. Diese Lehrstunde aus dem Lehmann-Debakel gilt unverändert.

Die "Anti-PIIGS" ("Anti - Portugal, Italien, Irland, Griechenland, Spanien) und damit "Anti-Euro Kampagne", die maßgeblich aus London und New York forciert wurde, aber auch zügig einige Anhänger in Frankfurt fand ("Food for thought" …), erlahmt. Der gesunde Menschenverstand setzt sich durch.

Das bedeutet, daß Fitch etwas spät aber glücklicherweise nicht zu spät konstatiert, daß Portugal ein Ausfallrisiko von nahezu 0% habe. Wir freuen uns, daß Fitch unsere Meinung teilt.

Es bedeutet, daß Griechenland, wie von uns im "Treasury Aktuell" in der letzten Woche dargestellt, nicht vor einem kurzfristigen Bankrott steht. Dieses Risiko nähme nur zu, wenn Griechenland in den kommenden Jahren eine unveränderte Politik einschlagen würde.

Die Debatte über die Defizitsünder der Eurozone hat aber fraglos sein Gutes! Der durch die massive Rezession bedingte hohe Steuereinnahmenausfall, also der zyklische Teil der Defizitzunahmen insbesondere per 2009, ist quasi Katalysator für die aktuelle Neuausrichtung in der Budgetpolitik der Eurozone. Die strukturellen Defizitprobleme in der Südhälfte der Eurozone werden nun in der Folge endlich angemessen adressiert.

Damit ergibt sich im derzeitigen Umfeld die ernsthafte Möglichkeit, Nachhaltigkeitsansätze, die in Richtung Generationengerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit gehen, zu verankern. Genau an diesem Punkt kommt es zu einem qualitativen Unterschied zu Großbritannien und den USA. Dort redet man über Budgetsanierung und tut das Entgegengesetzte!

Mal schauen, wann die Kollegen in New York, London und partiell in Frankfurt diesen akuten Problemfeldern in den USA (Illinois, Kalifornien, NY … neben dem Federal Budget …) und in Großbritannien ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.

Bezüglich der Tatsache, daß die spekulativen Euro-Shortpositionen, die im Zuge der "PIIGS"- Debatte aufgebaut wurden, als aggressiv eingestuft werden müssen, ist dem Widerstandsfeld bei 1.3840- 70, das gestern nicht überwunden werden konnte, hohe Signifikanz zuzugestehen.

Von der US-Datenfront kam gestern Überraschendes. Die Lagerbestände im Großhandel sanken wider Erwarten per November um -0,8%, nachdem es in den beiden Vormonaten zu Zuwächsen gekommen war. Der Absatz im Großhandel legte per November um 0,8% zu.

In der Folge sank das Lagerbestands/Absatz Verhältnis auf nun noch 1.12 Monatsumsätze. Das ist der niedrigste Stand seit Juni 2008. Der historische Tiefstwert liegt bei 1,11 Monatsumsätzen. Mit anderen Worten sind die Lager leer. Das sind gute Aussichten für die zukünftige Produktion. Das gilt übrigens nicht nur für die USA!

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Heute steht die Veröffentlichung der US-Handelsbilanz per Dezember im Fokus des Finanzmarkts. Analysten erwarten ein Defizit in Höhe von 36,0 nach zuvor 36,4 Mrd. USD.

Mit der leichten Belebung der US-Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2009 ging eine Zunahme der Defizite einher. Diese Tendenz ist Ausdruck und Beleg des strukturellen Defizits in der Handelsbilanz der USA.

Im zeitlichen Umfeld des Tiefpunkts der Rezession ergaben sich in den USA per Mai 2009 Defizite bei "nur" knapp 26 Mrd. USD. Wir sehen den Defizitbereich zwischen 25- 28 Mrd. USD als Basis für zukünftige Zunahmen der Defizite im Rahmen der Fortsetzung einer im Vergleich zur globalen Entwicklung unterproportionalen Erholung in den USA an.

Nur eine Neukomposition der US-Wirtschaft mit einem verstärkten Fokus auf den produzierenden Sektor kann nachhaltig Abhilfe schaffen. Das ist jedoch ein Prozeß , der viele Jahre in Anspruch nehmen würde. Mit anderen Worten ist hier ein Aufgabenfeld, das von der US-Administration unverändert unterproportional bedient wird.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD favorisiert. Ein Überwinden des Widerstands bei 1.3840 - 70 dreht den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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