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Diskontsatzanhebung in den USA - Eine neue Form der "Cash-Burn Rate"

19.02.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.3465, nachdem im asiatischen Handel Tiefstkurse im Bereich von 1.3445 gehandelt wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 91.90. in der Folge notiert EUR-JOPY bei 123.85, während EUR-CHF bei 1.4660 oszilliert.

Die Ankündigung der Fed, daß der Diskontsatz von 0,50% auf 0,75% per 19. Februar angehoben wird, hatte gestern merkliche Auswirkungen. Der Euro fiel zunächst wie ein Stein von mehr als 1.3610 innerhalb kurzer Zeit auf 1.3442. Der Markt interpretierte diese Maßnahme als Indikation einer Leitzinswende. Schauen wir auf die Fakten:

Das Diskontfenster stellt eine Notfallliquiditätsquelle dar, die im Zuge der Krise durch die Fed mit verringertem Zinsabstand zur Zielrate der Fed Funds ausgestattet wurde, um dem seinerzeitigen Liquiditätsengpass entgegen zu wirken und die Akzeptanz dieses bis dato wegen seines Notcharakters gemiedenen Instruments zu erhöhen. Mithin hat das Diskontfenster primär eine Liquiditätsfunktion und keine Leitzinsfunktion. Dieses Wissen sollte bei Finanzmarktteilnehmern gegeben sein. Am Devisenmarkt scheint dieses Wissen jedoch die Qualität einer "Lücke" aufzuweisen.

Mit der Beruhigung an den Finanzmärkten und damit einhergehend einer bestenfalls geringen Inanspruchnahme steht jetzt eine Normalisierung des Abstands zum Leitzins laut der Fed auf der Agenda. Damit ist dieser Schritt so einzuschätzen, wie die Einstellung der Ankaufsprogramme für MBS per März. Es ist zu begrüßen, daß diese massiven Interventionen zurückgefahren werden. Es ist im Zuge einer besseren Finanzmarktfunktionalität sogar geboten, um zukünftige "Bubbles" zu verhindern.

Bullard (Fed) wies darauf hin, daß diese Maßnahme damit keine Implikation für die weitere US-Leitzinspolitik darstellt. Nach Bullards Ansicht setzt der Markt eine zu hohe Erwartung auf einen Leitzinsanstieg in diesem Jahr. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Das gilt auch vor dem Hintergrund, daß nur der Teil der US-Wirtschaft rund läuft, der an der globalen Wirtschaft hängt. Mit einem breiten und dauerhaften Anstieg des USD wird genau dieser positive Katalysator der US-Wirtschaft unterminiert. Diesbezüglich ist Bullards Einlassung nicht nur verständlich, nein, sie verdeutlicht, daß der Fed dieser Zusammenhang nur allzu klar ist. Vor dem Hintergrund der Diskussion über die US-Zinspolitik macht es Sinn, sich auf die gestrige Veröffentlichung der US-Erzeugerpreise zu kaprizieren.

Die Erzeugerpreise legten per Januar im Monatsvergleich um 1,4% zu. Die Prognose lag bei 0,8%. Im Jahresvergleich kam es damit zu einem Anstieg um 4,6% nach zuvor 4,4%. Die heute auf der Agenda stehenden Verbraucherpreise sollen einen Anstieg im Jahresvergleich um 2,8% nach zuvor 2,7% liefern (Fed Funds Zielrate 0,00 – 0,25%).

Diese Preisdaten verdeutlichen, daß die Fans und Freunde des USD, eine hohe Freude an realer Kaufkraftvernichtung ihrer Anlagen in Kauf nehmen oder sogar genießen.

Analogien zu der "Cash-Burn Rate" im Fieber des "Neuen Markts" oder der antiautoritären Kreditvergabe im Rahmen der US-Wohnimmobilienkrise sind nicht zufällig! Was hier dem Markt verkauft wird, hält keinem Nachhaltigkeitsstandard auch nur ansatzweise stand.

Die aktuelle Ausprägung der Marktideologie zeigt, daß die Leichtigkeit und Sportlichkeit der Analysen, die Begleiterscheinung des Krisenjahrzehnts war, unverändert reüssieren!

Die Einlassungen Bullards implizieren darüber hinaus, daß die US-Wirtschaft, insbesondere die Binnenwirtschaft, angemessene Marktsätze nicht verträgt. Wir überlassen es unseren Kollegen in New York und London, aber auch partiell in Europa, aus dieser Konstellation USDAnlageattraktivität ableiten zu wollen.

Die Freunde des Euros sind dagegen mit einem Leitzins in der Eurozone von 1% konfrontiert.
  • Die deutschen Erzeugerpreise lagen per Januar bei -3,4%.
  • Die Verbraucherpreise der Eurozone stellen sich zuletzt auf 0,9%.
  • Die Erzeugerpreise der Eurozone lagen per Januar bei -2,9%.

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Dieser Unterscheid zu der US-Konstellation ist nicht nur markant, er ist offensichtlich und nicht übersehbar! "Food for thought!"

Die US-Daten lieferten gestern ein gemischtes, aber überwiegend doch positives konjunkturelles Gesamtbild.

Die US-Arbeitslosenerstanträge stellten die Portion Wasser im Wein. Sie sind per 13. Februar 2010 von zuvor 442.000 auf 473.000 angestiegen. Die Prognose lag bei 450.000. Mithin bleibt es bei stochastischen Bewegungen in der bekannten Bandbreite zwischen 425.000 und 500.000, die eine Stabilisierung, aber keine nachhaltige Erholung am US-Arbeitsmarkt implizieren.

Die US-Frühindikatoren nach Lesart des „Conference Board“ sind per Januar erwartungsgemäß um 0,5% gestiegen. Der Vormonatswert wurde von 1,1% auf 1,2% nach oben revidiert. Dieser Index bewegt sich seit März 2009 auf positivem Terrain und impliziert damit eine Fortsetzung der Erholung in den USA.

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Der Philadelphia Fed Survey per Februar unterstreicht die Erholung im produzierenden Gewerbe der USA, das circa 10% des BIP ausmacht. Der Index legte von zuvor 15,2 auf 17,6 Punkte zu. Die Prognose war bei 17,0 Zählern angesiedelt.

Der Auftragsindex legte von 3,2 auf 22,7 Punkte zu. der Beschäftigungsindex nahm von 6,1 auf 7,4 Punkte zu. Der Index, der Auskunft über Investitionspläne gibt, verbesserte sich von 16,8 auf 26,8 Punkte!

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3430-1,3450 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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