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Bernanke wird vom Markt nicht gehört - Klare Worte zu den IWF Vorschlägen!

25.02.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute morgen bei 1.3465, nachdem heute im asiatischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3452 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 89.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 120.40, während EUR-CHF bei 1.4640 oszilliert. Ben Bernanke lieferte gestern einen Offenbarungseid bezüglich der Zinspolitik, der vom Devisenmarkt geflissentlich überhört wurde. "Chapeau!"

"Die US-Wirtschaft braucht weiterhin ultraniedrige Leitzinsen." - So der O-Ton. Dem ist nichts hinzuzufügen. Das deckt sich zu 100% mit unserer hier geäußerten Analyse der letzten Monate. Damit stimmt Bernanke implizit unserer Sichtweise zu, daß die USA den letzten Waggon des Konjunkturzugs darstellen, definitiv nicht die Lokomotive.

Der Teil der US-Wirtschaft, der an der Weltwirtschaft hängt (Produktion, Technologie), liefert derzeit gute Ergebnisse. Die Teile, die von binnenwirtschaftlichen Kräften abhängen bleiben dagegen schwach bis extrem schwach. Der US-Konjunkturmotor holpert auf 1- 2 Zylindern.

Ebenso sind wir erfreut, daß Bernanke unmißverständlich deutlich machte, daß die Anpassung des Diskontsatzes nichts mit einer veränderten Leitzinspolitik zu tun hat. Auch das wurde an dieser Stelle umgehend thematisiert, nachdem einige Marktkräfte eine andere Interpretationsvariante zunächst in den Vordergrund stellten. Zeitnahe sachliche Aufklärung findet sich halt nicht überall.

Kommen wir damit zum IWF. Gestern wurde sehr deutlich, daß der IWF Teil des US-zentrischen ordnungspolitischen Rahmens ist und damit eben auch ein Teil des US-Machtsystems (siehe "Endlich Klartext", Ordnungspolitik, Seite 33-91). Der IWF redet aktuell höheren Inflationszielen das Wort. Die weiche Finanzdroge Inflation soll etwas üppiger genossen werden.

Wir haben im Forex Report am 19.02.2010 bereits das US-Dilemma der Niedrigstzinspolitik einerseits und der Preisentwicklung andererseits aufgenommen.

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Diese Gegenüberstellung macht deutlich, daß Bernankes Gerede von "nicht nachhaltig anspringender" Preisinflation eher wie das Pfeifen im Walde klingt.

Jetzt muß ein glaubwürdiger Protagonist her, der das Thema Inflation neu definiert. Der IWF bietet sich in seiner Rolle im US-zentrischen Finanzsystem an.

Wir freuen uns, daß sowohl Herr Weber als auch Herr Stark nachhaltig gegen diese Neuausrichtung des IWF intervenieren.

Stabilitätspolitik ist der beste Katalysator für nachhaltiges Wachstum. Ein Aufweichen dieser Sichtweise mit einer Neuausrichtung zu höheren Inflationszielen wäre vergleichbar mit der Zinspolitik Greenspans, die die Erfolge des Aufblasens des Aktienmarkts und später des USImmobilienmarkts mit den bekannten Folgen hatten.

Die USA werden nicht darum herum kommen, bittere Medizin einzunehmen, wenn sie sich neu und zukunftsweisend aufstellen wollen. Neue "Drogen" (Opium statt Cannabis) sind der falsche Weg. Das zeigt uns die Erfahrung aus dem medizinischen Sektor. "Bittere Medizin" geht übrigens grundsätzlich nicht einher mit einer Höherbewertung der betroffenen Währung … "Food for thought!"

Wenden wir uns damit den gestrigen Veröffentlichungen zu. Hier ergaben sich für den Euro positive und den USD sehr negative Überraschungen.

Der Auftragseingang der Eurozone legte unerwartet um 0,8% im Monatsvergleich zu. Analysten hatten einen Rückgang um -1,0% erwartet. Im Jahresvergleich ergab sich in der Folge ein Anstieg um 9,5%.

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Der Absatz neuer Wohnimmobilien brach überraschend in den USA per Januar um 11% im Monatsvergleich auf 309.000 Objekte (annualisiert) ein und markierte damit einen historischen Tiefpunkt. Das Volumen an zum Verkauf stehenden Objekten erhöhte sich auf 9,1 Monatsumsätze. Das ist der höchste Wert seit letzten Frühjahr.

Die Situation ist schlicht weg und ergreifend prekär. Bernankes Einlassung, daß die USA ultraniedrige Zinsen brauchen, ist vor diesem Hintergrund durchaus verständlich. Marktsätze (siehe Preisinflationsdaten) sind für die USA definitiv unverträglich.

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Zusammenfassend läßt sich sagen, daß Bernankes Einlassungen als auch die Einlassungen des IWF nicht als USD stärkend interpretiert werden können.

Die überraschend positiven Daten der Eurozone und die extrem enttäuschenden Absätze neuer Wohnimmobilien in den USA sind gleichfalls nicht geeignet, als Argument für den USD mißbraucht zu werden. Trotzdem kam es zu ausgeprägter Euro-Schwäche. Diese Entwicklung hat einen faden Beigeschmack, der in Richtung "politischer" Suppe geht.

Bezüglich der heute anstehenden Veröffentlichungen verweisen wir auf die unten angeführte Datenbox. Wir werden uns morgen dezidiert mit den Ergebnissen beschäftigen.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3430-1.3450 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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