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EUR/USD testet Unterstützung, US-Gesundheitsreform und angespannte Defizitlage …

22.03.2010  |  Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet heute bei 1.3510 (07.35 Uhr), nachdem im US-Handel am Freitag die Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3504 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 90.50. In der Folge notiert EUR/JPY bei 122.20, während EUR/CHF bei 1.4355 oszilliert.

Der US-Kongreß hat die Gesundheitsreform in den USA mit einer knappen Mehrheit beschlossen. Positiv ist hier anzumerken, daß Präsident Obama sich damit durchgesetzt hat. Seine Gesundheitsreform hat zwar nicht die von ihm geplante Ausformung, dennoch gilt es festzuhalten, daß damit ein Programmpunkt seiner Präsidentschaftsagenda erfolgreich abgearbeitet ist. Damit ergibt sich in den USA eine Versicherungspflicht. 32 Mio. US-Amerikaner, die bisher unversichert waren, werden nun in den Genuß einer Versicherung kommen. Bezüglich einer Stabilisierung der Gesellschaft ist dieser Umstand als positiv einzuwerten.

Es griffe aber zu kurz, nur den Blick auf positive Aspekte zu richten und den Preis dieser Maßnahmen zu ignorieren. Die öffentlichen Haushalte werden durch diese Gesundheitsreform in den USA erheblich belastet. Diese Belastung kommt grundsätzlich zur Unzeit, da sich die Budgetdefizite ohnehin derzeit jenseits der Marke von 10% des US-BIP bewegen. Die zusätzlichen Kosten der Reform werden aktuell auf 1.000 Mrd. USD in den nächsten 10 Jahren geschätzt. Mithin wird Budgetdefizitsituation durch diese neu geschaffene Gesetzeslage verschärft. Bezüglich der Verläßlichkeit von Planzahlen bei Sozialkosten ist weiteres Unsicherheitspotential hinsichtlich deutlich höherer Defizitgrößen nicht von der Hand zu weisen. Diesbezüglich sei an die deutsche Pflegeversicherung erinnert. Im Gesetzgebungsverfahren sind die Zahlen meist rosa und färben sich im Verlauf tiefrot!

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Finanzmarkt in der Tendenz geneigt sein wird, Betrachtungen zum US-Budgetdefizit auf kleiner Flamme zu kochen und dagegen das Thema Griechenland (2,6% des BIP der Eurozone) weiter auf hoher Flamme kochen möchte.

Asymmetrische Betrachtungen und Bewertungen haben bisweilen längere Halbwertzeiten. Sie sind jedoch nie geeignet, Grundlage belastbarer Trends darzustellen.

Herr Lipsky vom IWF hat sich auch zu dem Thema Budgetdefizite während einer Rede in China am Wochenende zu Wort gemeldet. Herr Lipsky vom IWF warnte, daß die industrialisierten Länder bezüglich der Staatsverschuldung vor großen Problemen stünden. Auch ein Rückführung der fiskalischen Stimuli würde die Probleme nicht im erforderlichen Maß entspannen. Alle Industrienationen mit Ausnahme Kanadas und Deutschlands würden per 2014 Budgetdefizite um 100% des BIP oder mehr ausweisen.

Erst einmal freuen wir uns, daß Deutschland als Schwergewicht der Eurozone hier außen vor ist. Das läßt wiederum Rückschlüsse auf die relative Bonität der Eurozone zu. Wir teilen die Sichtweisen des IWF jedoch nicht in Gänze. Spanien mit derzeit 53% Staatsverschuldung müßte sich schon sehr anstrengen, um die 100% Marke zu erreichen. Gleiches gilt auch für Irland ausgehend von 62%. Mit anderen Worten ist die Betrachtung Lipskys bezüglich der Eurozone offensichtlich etwas oberflächlich …

Am Freitag standen keine Wirtschaftsdaten zur Veröffentlichung an. Heute ist der Datenkalender erneut dünn. Es steht lediglich der "Chicago Fed National Activity Index" per Berichtsmonat Februar auf der Agenda. Für den Berichtsmonat ist keine Konsensusprognose erhältlich. Im Vormonat kam es zu einer Zunahme von -0,58 auf +0,02 Punkte. Der aussagefähigere 3-Monatsdurchschnitt verbesserte sich von -0,47 auf -0,16 Punkte. Mit den jüngsten Werten etabliert sich dieser Index an der 0,0 Punkte Marke, der ein klares Ende der Rezession signalisiert, mehr jedoch nicht! Das wirft Fragen bezüglich des von dem BEA (Bureau of Economic Analysis) mit 5,9% Wachstum per 4. Quartal 2009 stürmisch ausgewiesenen Wachstums bezüglich der Datenqualität auf. „Food for thought!“ Der Blick auf den Chart belegt die Stabilisierung dieses Index, der als Sammelindex von 85 Einzelindikatoren ein umfassendes Bild der US-Wirtschaft abgibt.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das nach wie vor den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3500-1.3530 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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