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Privater Schuldenschnitt in Griechenland erfolgreich!

09.03.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.30 Uhr) bei 1.3235, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im europäischen Handel bei 1.3166 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.60. In der Folge notiert EUR-JPY bei 108.05, während EUR-CHF bei 1.2055 oszilliert.

Die jüngste griechische Hängepartie ist beendet. Der Erfolg ist hinsichtlich der Debatte der letzten Tage, als "zarte Pflanzen der Panik“ den Markt eintrübten, als sehr ausgeprägt zu bezeichnen. Die Annahmequote bei dem Anleihetausch habe bei 85,8 Prozent gelegen.

Falls es zu einer Aktivierung der Umschuldungsklauseln bei den Anleihen nach griechischem Recht kommen sollte, würden 95,7 Prozent des gesamten Nennwertes der Bonds umgetauscht. Genau dieses Aktivierung der CACs ist angekündigt. Griechenland will die jüngst eingeführten Umschuldungsklauseln bei seinen Staatsanleihen aktivieren und damit noch unwillige Gläubiger zur Teilnahme am Schuldenschnitt zwingen. Die griechische Regierung teilte am Freitag in Athen mit, sie habe ihre internationalen Partner darüber informiert, dass die sogenannten Collective Action Clauses (CACs) bei den Papieren nach griechischem Recht greifen sollen.

Ziel war es, durch den Forderungsverzicht der Banken, Versicherer und Fonds die Verbindlichkeiten um insgesamt 107 Milliarden Euro zu verringern, damit sich das Euro-Land aus dem Würgegriff der eigenen Schulden befreien kann. Der Schuldenschnitt ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass Griechenland ein neues Hilfspaket seiner Euro-Partner im Volumen von 130 Milliarden Euro erhält.

Diese aktuellen Maßnahmen reduzieren die griechische Staatsschuld auf circa 250 Mrd. Euro. Übrigens Herr Prof. Dr. Sinn, das wäre der ultimative Boden des Fasses, da Sie ja in unsachlicher Manier latent über Griechenland als "Fass ohne Boden“ räsonieren. Das Scheitern der Eurozone, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Sinn, wäre das Fass ohne Boden …

Die Staatsdefizitquote beträgt nach dem umgesetzten Schuldenschnitt dann etwa 115% des BIP unterhalb des Ausgangswerts von 2007 vor der Krise. Hinsichtlich der Tatsache, dass circa 80% der Reformen seit Anfang 2010 umgesetzt sind, ist die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der "Notoperationen“ als erheblich zu klassifizieren. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass konjunkturelle Unterstützung seitens der EU geliefert werden wird.

  • Wesentlich ist, dass mit dieser Maßnahme Ansteckungseffekte für die weiteren Reformländer markant minimiert sind.

  • Die Haushaltsdefizite hatten in der Eurozone zuletzt einen maßgeblich konjunkturellen und nicht mehr strukturellen Hintergrund.

Einigen der Kollegen ist letzterer Aspekt, der fundamental von vehementer Bedeutung ist, in ihrem "Euo-Bashing“ entgangen. Mit dieser Maßnahme nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass angemessene Kapitalzuflüsse einen stabilisierenden Einfluss auf die Reformländer der Eurozone ausüben. Nachhaltige und sachlich begründete Hoffnungswerte sind an dieser Stelle berechtigt.

In dem Jahresausblick 2012 haben wir unterschiedliche Szenarien dargestellt. Das Basisszenario lag bei 60% Wahrscheinlichkeit. Es unterstellte eine abnehmende Virulenz der Defizitkrise der Eurozone an Mitte 2012 mit der Umsetzung des Fiskalpakts. Das Positivszenario mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% basierte auf einer Entspannung ab April 2012.

Die Gewichte haben sich deutlich zu Gunsten des Positivszenarios verschoben. Die Wertung liegt aktuell bei jeweils 45%. Dieser Ansatz darf als hanseatisch klassifiziert werden.

Wenden wir uns der EZB zu. Die EZB hat den Erwartungen entsprechend den Leitzins bei 1,00% belassen. Herr Draghi betonte die Konjunkturrisiken für die Eurozone. Die gibt es fraglos, vor allen Dingen in den Reformländern. Der jetzt vollzogene Schritt mit voraussichtlichen entspannenden Folgen für die Reformländer erscheint in dieser Sichtweise nicht berücksichtigt. Das von Herrn Draghi projizierte Inflationsbild ist sehr moderat hinsichtlich der Tatsache, dass in den letzten 12 Monaten die globale Wirtschaft maßgeblich durch das von der Eurozone ausgehende politische Risiko und nicht durch Sättigungseffekte unterdrückt war und als Folge erhöhtes Wachstumspotential gegeben ist. Mehr gibt es zu der gestrigen Sitzung nicht zu sagen.

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Die deutsche Industrieproduktion setzte per Berichtsmonat Januar mit einem Anstieg um 1,6% im Monatsvergleich (Prognose +1,0%) nach zuvor -2,6% (revidiert von -2,9%) positive Akzente. Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 2,1% nach zuvor 1,7%.

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Die deutsche Handelsbilanz lieferte per Januar einen Überschuss in Höhe von 14,2 Mrd. Euro (Prognose 13,5 Mrd.) nach zuvor 13,9 Mrd. Euro. Exporte nahmen im Monatsvergleich um 2,3% zu (Prognose 1,6%), während Importe einen Anstieg um 2,4% (Prognose 1,4%) verzeichneten. Gerade der Anstieg der Importe und Exporte bezeichnet eine sich wiederbelebende Konjunkturlage. Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind nach meiner Sichtweise profunder als derzeit vom Finanzmarkt diskontiert.

Nachfolgender Chart bildet die deutschen Exporte ab. Das Bild ist eindrucksvoll vor dem Hintergrund der Konjunkturschwäche, die sich in den letzten Monaten global ergab. Mehr ist hier nicht zu sagen.

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Die US-Arbeitslosenerstanträge legten per 3. März 2012 von revidiert 354.000 (zuvor 351.000) auf 362.000 zu. Dieser Anstieg ist als unprekär zu klassifizieren. Der Blick auf den langfristigen Chart verdeutlicht, dass es in den vergangenen Monaten zu einer erkennbaren positiven Entwicklung gekommen ist, die vor dem Hintergrund des Schuldenschnitts in der Eurozone zusätzliches Potential entwickeln wird.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2950 - 1.3330 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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