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Pakt für Griechenland steht, Merkel setzt sich durch - Kommt das US-Defizit ...

26.03.2010  |  Folker Hellmeyer
Pakt für Griechenland steht, Merkel setzt sich durch - Kommt das US-Defizit in den Fokus?

EUR/USD eröffnet heute bei 1.3350 (07.25 Uhr), nachdem im asiatischen Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3268 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 92.50. In der Folge notiert EUR/JPY bei 123.50, während EUR/CHF bei 1.4290 oszilliert.

Der Nothilfeplan für Griechenland steht. Frau Merkel hat sich umfänglich durchgesetzt. Ihr ging es darum, einen leichten Zugang zu Hilfen zu erschweren, um damit den Anpassungsdruck für Griechenland so hoch wie möglich zu halten. Dieser Ansatz ist grundsätzlich zu begrüßen.

Die Erfahrung innerhalb Europas hat in den letzten Jahrzehnten gezeigt, daß eine "Laissez faire" Haltung grundsätzlich ausgenutzt wurde und strukturelle Anpassungen verwässerte.

Der Nothilfeplan kommt nun nur zustande, wenn alle 16 Mitgliedsländer der Eurozone den Notfall Griechenlands anerkennen. Genau diese Regelung ermöglicht es, den Druck auf Griechenland äußerst hoch zu halten.

In einem gestern geführten Gespräch mit einem nicht unerheblichen Unternehmer in Griechenland hätten Frau Merkels Ohren geklungen. Auch von dieser Seite wurde eine harte Hand eingefordert, um Änderungen in Griechenland zu erzwingen. Dabei geht es für Griechenland nicht nur um Mehrwertsteuer, Pensionsalter und Budgets, sondern um eine maßgebliche Effizienzsteigerung in der Verwaltung, die "sportlicheres" Wachstum und damit eine potentiell dauerhafte Erhöhung der Steuereinnahmen ermöglicht!

So weit also "Chapeau" Frau Merkel. Bis hierhin stimmen wir und Europa Ihnen umfänglichst zu. Sünder müssen zahlen. Europa muß auch beißen und nicht nur bellen!

Frau Merkel setzte sich aber auch mit der Forderung durch, daß der IWF an einer Rettungsaktion maßgeblich teilnimmt. Dieses Thema wurde hier bereits in den Vortagen aufgegriffen. Aus deutscher fiskalischer Sicht mag dieser Ansatz zunächst verständlich sein, da Deutschland bei einer rein europäischen Lösung mit 27% des Pakets belastet wäre. Mit der Inkludierung des IWF verkürzt sich dieser Einsatz. Ist es aber wirklich Ziel führend wegen ein paar Mrd. Euro einen Teil der Souveränität der Eurozone aufzugeben? Eine Teilnahme des IWF bedeutete genau das! Das Argument, daß der IWF ein hohes Maß an Erfahrung habe und stringent seine Agenda durchsetze nehmen wir an dieser Stelle als Nebengeräusch wahr. Es gibt viele Schwellenländer, die dazu konträren „Input“ liefern könnten … EZB-Präsident Trichet sagte, daß die Inkludierung des IWF in dem Griechenland Nothilfeplan "very very bad" sei. Ja, dem stimmen wir hier umfänglich zu.

Frau Merkel wies in dieser Debatte Charakterzüge Maggie Thatchers auf. Gut, mit der Handtasche wurde nicht ostentativ "gearbeitet" und sie rief auch nicht "I want my money back!".
  • Fakt ist, daß Frau Merkel mit dem Verhalten der letzten Wochen viele „Füße“ in der Eurozone in Mitleidenschaft gezogen hat.

  • Fakt ist, daß Ressentiments gegen Thatcher nicht vergleichbar sind mit den Ressentiments gegenüber deutschen Protagonisten.

Es könnte sein, daß sich aus diesem harschen Antritt Merkels mittelfristig ein Echo für Deutschland ergeben könnte, das in der deutschen Boulevardpresse mit weniger Jubelstürmen begleitet würde als der jetzige vermeintliche Sieg.

Frau Merkel hat vielleicht auch nicht berücksichtigt, daß vor noch wenigen Jahren die deutsche Regierung veranlaßte, das Defizitverfahren gegen Deutschland zu verwässern. Man sieht sich immer mindestens zweimal im Leben. Hier sind Rechnungen aufgemacht worden, die noch zu begleichen sein werden.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt darf an dieser Stelle jedoch nicht vernachlässigt werden. Die Wahrscheinlichkeit, daß Griechenland dieses Nothilfeprogramm in Anspruch nehmen wird, klassifizieren wir als gering ein.
  • Griechenland setzt ein massives Sparprogramm um, das Traktion in der Budgetfrage entwickeln wird.

  • Die Weltwirtschaft erholt sich nachhaltig und damit wird sich die Defizitproblematik entschärfen. Schließlich hatte die Zuspitzung des Problems primär einen zyklischen Hintergrund.

Wenden wir uns damit den USA zu. Bernanke verdeutlichte, daß die US-Wirtschaft weiterhin auf akkomodierende Politikansätze angewiesen sei. Hier wird deutlich, daß die USA am hinteren Ende des internationalen Konjunkturzugs mitfahren.

Von daher sind die Sorgen bezüglich der nicht adressierten Budgetdefizite in den USA von Ben Bernanke und Timothy Geithner (siehe Rubrik "Letzte Nachrichten") nur allzu verständlich.

Im Gegensatz zu der Eurozone hören wir in dieser Frage aus den USA ein deutliches "Weiter so!" in der Defizitpolitik, obwohl die USA die Marke von 94% (Griechenland 115%) des BIP Ende 2010 erreicht haben werden. US-Präsident Obama hat eine Fortführung der Defizite bis 2020 in Aussicht gestellt.

Mit diesen Tatsachen und Aussichten sind die Finanzmärkte, insbesondere unsere Freunde in den in NY und London ansässigen Hedge Funds, gut beraten, sich ein neues "Opfer" für ihre Spekulationsattacken auszusuchen, da die aktuelle Daten- und Faktenlage weder ein Scheitern der "PIIGS" noch der Eurozone kurzfristig ermöglicht.

Die Defizite der USA und Großbritanniens bieten hier Steilvorlagen, die natürlich nur genutzt werden können, wenn es keine Betriebsblindheit gibt …

Kommen wir zu den Veröffentlichungen des gestrigen Tages:

Die Geldmenge M-3 der Eurozone legte per Februar im Monatsvergleich um 0,1% zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Rückgang um -0,4% nach zuvor +0,1% ein.

Kredite an Gebietskörperschaften legten im Jahresvergleich um 8,4% nach 9,1% zu. Kredite an die Privatwirtschaft verzeichneten eine Kontraktion in der Größenordnung von -0,4% nach zuvor - 0,6%. Hintergrund der Kontraktion sind einerseits eine schwache Kreditnachfrage aber auch andererseits eine "Unlust" freundlicher Kreditvergabe seitens der Banken.

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Die US-Arbeitslosenerstanträge per 20. März sanken von zuvor 456.000 (revidiert von 457.000) auf 442.000. Die Prognose war bei 450.000 angesiedelt. Dieser Rückgang erfreut, ohne einen nennenswerten Erkenntnisgewinn über die Arbeitsmarktsituation in den USA zu begründen.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.3480-10 neutralisiert den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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