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Hoppla, der IWF senkt deutsche Wachstumsprognose und dann noch Larry Summers …

31.03.2010  |  Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet heute bei 1.3405 (07.50 Uhr), nachdem im heutigen asiatischen-Handel Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3385 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 93.30. In der Folge notiert EUR/JPY bei 125.05, während EUR/CHF bei 1.4310 oszilliert.

Der Euro wurde durch die Südeuropa-Debatte gestern einmal mehr geschwächt. Dieses Thema diskontieren wir jetzt zum x-ten Mal und übersehen dabei, die Sparprogramme in Südeuropa und Irland, die nachhaltig sind als auch die globale Konjunkturlage, die auch ultimativ in Südeuropa und Irland Spuren hinterlassen wird.

Einerseits scheiterte Griechenland gestern mit einer Aufstockung einer 12-jährigen Anleihe um 1 Mrd. Euro, da die "Pricingspanne" etwas zu sportlich gestaltet wurde. Schlußendlich wurden als Konsequenz nur 390 Mio. abgesetzt.

Darüber hinaus hat der IWF deutlich gemacht, daß eine Rettung Griechenlands unter Inkludierung des IWF nur zu den Bedingungen des IWF erfolgen könnte. Das war so bisher nicht geplant. Hier besteht also zukünftig für den unwahrscheinlichen Fall der Fälle einer Inanspruchnahme Abstimmungsbedarf zwischen IWF und Eurozone.

Der IWF hat gestern die deutsche Wachstumsprognose per 2010 von zuvor 1,5% auf 1,2% und per 2011 von 1,9% auf 1,7% gesenkt. Der Aufschwung sei nach Ansicht des IWF in Deutschland moderat und fragil.

Zunächst sind wir bezüglich dieser Bewertung des IWF erheblich erstaunt. Offensichtlich ist der Sitz des IWF in Washington doch recht weit von Bremen, München, Stuttgart, Hamburg, Hannover, Köln oder Düsseldorf entfernt ….

Wir wissen nicht, was für Daten der IWF für diese Prognose extrapoliert. Wir wissen aber, daß die Trefferquote des IWF in den letzten Jahren unterproportional ausfiel. Das beruhigt dann wieder …
  • Uns gefällt der ZEW-Index oberhalb von 40 Punkten, der nachhaltige Expansion der deutschen Wirtschaft impliziert.

  • Uns gefällt der IFO-Index bei über 98 Punkten. Insbesondere gefällt die Tatsache, daß die Bewertung der aktuellen Lage zuletzt um knapp 5 Punkte anzog. Hier kommt Dynamik auf!

  • Uns gefällt, daß die Lager global zu leer sind, was uns von vielen Unternehmen gespiegelt wird. Hier besteht Handlungsbedarf!

  • Uns gefällt vor allen Dingen, daß der Investitionsgüterzyklus in Kürze wieder anspringen wird, da seit Sommer 2008 hier nichts mehr passiert ist und damit die längste Durststrecke seit Anfang der 50er Jahre in diesem Sektor gegeben ist. Wir verweisen auf unseren letzten Treasury Aktuell zu diesem Thema.

  • Uns gefällt, daß jetzt (langsam) die ersten deutschen Wirtschaftsinstitute die deutsche Konjunkturentwicklung positiver bewerten und sich unserer Bewertung annähern. Zu erwähnen sind hier das DIW, IW und das IFO-Institut.

Alle diese Dinge, die uns freuen, stehen im diametralen Gegensatz zu der Position des IWF. Wir halten an einer Minimumprognose für Deutschland per 2010 von 1,8% Wachstum fest und schließen Werte deutlich oberhalb der Marke von 2% nicht aus!

Die Prognose des IWF hat einen politischen Beigeschmack!

US-Präsident Obamas oberster Wirtschaftsberater Larry Summers erwartet, daß die USA schneller aus der Krise herauskommen als Europa. Hoppla, hier gilt es nachzuhaken!
  • Das mag für Südeuropa gelten, da dort bezüglich der Budgetdefizite Strukturpolitik umgesetzt wird, die die Rezession zunächst verlängert, dann aber mehr Zukunft (im Gegensatz zu den USA) offeriert.

  • Diese Einlassung gilt definitiv nicht für Gesamteuropa und schon gar nicht für Deutschland, wie zuvor bezüglich der IWF-Prognose dargestellt.

  • Diese Aussage ist auch im Hinblick darauf, daß nur der Teil der US-Wirtschaft reüssiert, der mit der globalen Wirtschaft verzahnt ist, als äußerst ambitioniert zu betrachten.

Wenn Herr Summers sich gerne in einem Mangel der Adressierung der US-Budgetdefizite sonnt und das damit künstlich induzierte Wachstum abfeiern will, das das Potentialwachstum der USA latent senkt, sehen wir in dieser Party eine Veranstaltung, die nicht teilnahmewert ist!

Bei Einlassungen von Herrn Summers ist darüber hinaus zu beachten, daß Herr Summers einer der Architekten der "Asset-Driven Economy" der USA in der zweiten Hälfte der 90er Jahre zusammen mit Robert Rubin und Alan Greenspan unter der Präsidentschaft Bill Clintons war. Klassisch galt und gilt immer noch, daß die Bewertung der Aktiva einer Volkswirtschaft der Konjunkturlage folgt.

Diese Herren haben jedoch über eine zu lockere Geld- und Zinspolitik die Preise der Aktiva (erst Aktien, dann später Immobilen) angeschoben, um die Konjunktur zu steuern. Sie haben das Konjunkturpferd von hinten aufgezäumt. Damit sind sie die wesentlichsten Architekten der globalen Finanzkrise.

Es erscheint viel sinnvoller zu sein, daß Herr Summers sich weniger unausgegorene Gedanken über die Konjunkturlagen in den USA und in Europa macht und sich vielmehr seiner Verantwortung für die globale Finanzkrise bewußt wird und daraus die notwendigen Schlußfolgerungen zieht!

Die US-Hauspreise sind laut dem "S&P Case/Shiller Home Price Index" per Januar im 20 Städtevergleich im Monatsvergleich um -0,4% gesunken nach zuvor -0,2% per Dezember 2009 in der nicht saisonal bereinigten Fassung.

Im Jahresvergleich übersetzt sich dieses Ergebnis in einen Preisrückgang um -0,7%. Die Prognose lag bei -0,8% nach zuvor -3,1%. Der beigefügte Chart verdeutlicht, daß die Preiserholungstendenz ausgehend vom Frühsommer 2009 gebrochen ist. Der Begriff Stabilität auf vermindertem Niveau trifft derzeit den Kern.

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Das US-Verbrauchervertrauen nach Lesart des "Conference Board" wurde einmal mehr seinem Ruf hoher Volatilität gerecht. Per März ergab sich ein deutlicher Anstieg von 46,4 auf 52,5 Punkte. Die Konsensusprognose war bei 50,0 Zählern angesiedelt. Damit wurde der massive Einbruch im Vormonat von 56,5 auf 46,4 Punkte zu guten Teilen konterkariert.

Der Blick auf den Chart verdeutlicht, daß sich seit Sommer 2009 eine Bandbreite zwischen 46 und 57 Punkten etabliert hat und, daß die Bewegungen innerhalb dieser Bandbreite stochastisch oszillieren. Ergo gibt es hier keine neuen nachhaltigen Erkenntnisgewinne.

Darüber hinaus zeigt der Chart im historischen Abgleich, daß auch das aktuelle Niveau als niedrig klassifiziert werden muß!

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Der "ABC News Money Magazine Consumer Comfort Index" sank in der Berichtswoche von zuvor -44 auf -45 Punkte. Dieser Index wird von uns bezüglich des Verbrauchervertrauens vorgezogen.

Dieses Chartbild ist noch ausdrucksstärker und steht im diametralen Widerspruch zu den Einlassungen von Larry Summers!

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Heute erlauben wir es uns bezüglich der zu veröffentlichenden Daten, nach vorne zu schauen und die Daten näher zu thematisieren.

Der deutsche Arbeitsmarktbericht eröffnet den Datenreigen. Per März wird erwartet, daß die saisonal bereinigte Quote unverändert bei 8,2% ausfallen wird. Dem widersprechen wir nicht. In der saisonal bereinigten Fassung soll die Anzahl der Arbeitslosen um 10.000 auf dann 3.443.000 geringfügig zulegen. Das schließen wir nicht aus. Noch weniger schließen wir aus, daß die Zahl besser als erwartet ausfallen kann.

Wir verweisen darauf, daß die Anzahl der Arbeitslosen seit dem Tiefststand (Basis 1993) per November 2008 bei 3.163.000 lediglich geringfügig angezogen ist. Auch die Halbierung der Kurzarbeiterzahlen hat daran bisher nichts geändert. Offensichtlich wirkt die konjunkturelle Dynamik positiver auf den deutschen Arbeitsmarkt als vom Konsensus unterstellt.

Diesbezüglich erlauben wir uns die Bundesagentur für Arbeit zu zitieren:

Die Nachfrage nach Arbeitskräften in Deutschland steigt: Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit legte im März kräftig zu - und liegt nun auf dem Niveau von Anfang 2006, der Startphase des letzten Aufschwungs.

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Was für Deutschland bezüglich des Arbeitsmarkts gilt, gilt leider nicht notwendig für die Eurozone. Hier antizipiert der Finanzmarkt eine Zunahme der saisonal bereinigten Arbeitslosenquote von 9,9% auf 10,0% per Berichtsmonat Februar. Positiv bleibt anzumerken, daß in den vergangenen Monaten regelmäßig der Vormonat nach unten revidiert wurde und damit das Szenario seit November unverändert bei 9,9% Arbeitslosigkeit ausfällt. Ergo war hier die Antizipation des Finanzmarkts regelmäßig zu negativ.

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Die Verbraucherpreise der Eurozone sollen laut erster Schätzung per März von zuvor 0,9% auf 1,1% zulegen. Die jüngsten Daten aus Deutschland und weiteren Gefilden der Eurozone implizieren ein deutlicheres Anziehen des Preisniveaus als antizipiert.

Mit einer weiteren Belebung der Konjunktur und sich daraus ergebenden Preisüberwälzungsspielräumen hinsichtlich (zu) geringer Lagerhaltung mag die zinspolitische Haltung der EZB zunehmend den Begriff ambitioniert verdienen. Das gilt um so mehr, als daß Zinspolitik antizipierend ausgerichtet sein sollte, da Zinsmaßnahmen erst nach circa 12 Monaten ihre volle wirtschaftliche Entfaltung erfahren.

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Aus den USA folgt der "ADP National Employment Report" per März, der Aufschluß über die Entwicklung der Beschäftigung in der Privatwirtschaft (also ohne öffentliche Beschäftigungsverhältnisse) geben soll. Hier erwartet der Finanzmarkt einen Anstieg in diesem Segment in der Größenordnung von 40.000 Jobs, nachdem im Vormonat noch 20.000 Jobs verloren gegangen sein sollen.

Wir sind gespannt sowohl auf die aktuelle Zahl als auch die Revision des Vormonatswerts. Revisionen fallen hier bisweilen signifikant aus. Entsprechend sind wir bei der Interpretation der Daten von ADP zurückhaltend.

Der nachfolgende Chart belegt aber fraglos, daß sich eine Stabilisierung am US-Arbeitsmarkt ergibt. Das ist grundsätzlich positiv einzuwerten.

Dennoch gilt weiterhin, daß im historischen Vergleich die Erholung des US-Arbeitsmarkts nachhaltig unterproportional ausfällt. Dabei war die Subventionierung des aktuellen Aufschwungs in den USA dramatisch hoch. "Food for thought!"

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Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago per März soll von zuvor 62,6 auf 61,0 Punkte fallen. Dieser Index hat seit September 2009 ausgehend von 46,0 Punkten eine signifikante Erholung gesehen. Mit Werten oberhalb der Marke von 60 Punkten impliziert der Index losgelöst von Schwankungen ein hohes Wachstum in dieser Region und in diesem Segment der Wirtschaft.

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Der Auftragseingang für die US-Industrie soll per Februar um 0,5% zugelegt haben. Im Vormonat ergab sich ein Anstieg um 1,7% im Monatsvergleich.

In diesem Sektor der US-Wirtschaft, der circa 10% - 11% der Gesamtwirtschaft ausmacht, setzt sich die Erholung weiter fort (siehe oben ISM Chicago).

Der Teil der US-Wirtschaft, der mit der globalen Konjunkturlage direkte Berührungspunkte hat, reüssiert. Leider gilt das nicht für die maßgeblich über den Konsum angetriebene Gesamtwirtschaft der USA…

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3250-80 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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