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Europhorie

18.03.2012  |  Klaus Singer
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Es liegt im kurzfristigen (!) Interesse der deutschen Exportwirtschaft, dass alles so bleibt, wie es ist, von der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der PIIGS bis zur Kreditfinanzierung ihrer Leistungsbilanzdefizite. Hinzu kommt der schwache Euro, der ihre Wettbewerbsvorteile im außereuropäischen Kontext sichert. Und der ist nicht zuletzt durch die PIIGS-Krise weiterhin gedrückt.

Mit dem Kurs des "Fiskalpakts" wird keine merkliche Rückführung des doppelten Defizits von Leistungsbilanz und Staatshaushalt erreicht. Das hat schon die zugegeben extreme Entwicklung in Griechenland vorgemacht. Die PIIGS sind in den Jahren der Strukturhilfen der Eurozone in ihrer gesamten Wirtschaftsstruktur in besonderer Weise abhängig geworden von den wirtschaftlichen Aktivitäten ihrer jeweiligen Staatsapparate. Ziehen diese sich jetzt zurück, entsteht keineswegs automatisch Ersatz. Dies und die Importabhängigkeit der PIIGS verhindert eine neue Industriestruktur, die notwendig wäre, um die Lage herumzudrehen. Und so lange weiterhin "automatische" Kredite fließen, wird sich daran auch nichts ändern.

Irland scheint dem Turnaround noch am nächsten. Das irische Preisniveau ist in den zurückliegenden fünf Jahren im Vergleich zu den Wettbewerbern in der Eurozone um 15% gesunken. Die Wende konnte geschafft werden, weil Irland seit langem über ein leistungsfähiges Exportgewerbe verfügt, wie der hohe und weiter steigende Handelsbilanzüberschuss zeigt. Irland hat seine Außenschulden nahezu vollständig mit selbst gedrucktem Geld zurückgezahlt. Der Verlauf des irischen Target2-Saldos zeigt aber seit dem Negativrekord Ende 2010 bei minus 140 Mrd. Euro Tendenz zur Besserung: Aktuell liegt er bei rund minus 100 Mrd. Euro. Aus dem Schneider ist das Land damit nicht, aber im Vergleich zu den übrigen PIIGS-Kollegen steht es "glänzend" da.

Bisher konnte die massive Gabe von LTRO-Rauschmitteln erreichen, dass die Stimmung an den Finanzmärkten Richtung Euphorie läuft. Das schlägt sich auch im Preisverlauf des Krisenmetalls Gold nieder - just am Tag des LTROs kippte Gold um zeitweilig 100 Dollar ab (siehe hier).

EZB-Chef Draghi hat schon trompetet, dass er zufrieden ist mit dem Anstoß, den seine "dicke Berta“ (LTRO) gegeben hat. Jetzt sei die Politik dran - das ist nach aller Erfahrung der zurückliegenden Jahre nun keine positive Botschaft. Noch ziehen auch Makrohoffnungen aus den USA, aber auch hier gab es zuletzt nicht mehr nur gute Nachrichten.

Der zuletzt flache Verlauf der Bond-Renditen der PIIGS legt nahe, dass die "Europhorie“ abebbt (siehe Chart!). Und dann kann es schnell zu einer Kaskade an Gewinnmitnahmen kommen. Das dürfte für so manchen eine willkommene Gelegenheit zum Einstieg sein. Übergeordnet dürfte die Hoffnung auf Besserung noch überwiegen.

Störfeuer? Die könnten sich von der Angebotsseite beim Öl her ergeben, insbesondere von einer Verschärfung der Situation im Iran-Konflikt. Steigt der Ölpreis hingegen Nachfrage-getrieben weiter an, würde das eher als Bestätigung einer prosperierenden Weltwirtschaft gesehen. Was mögliches Störfeuer angeht, muss jetzt auch die Situation in China genauer verfolgt werden. Dass die hier entstandene Blase im Wege einer weichen Landung Luft ablässt, ist längst nicht ausgemacht.

Erwähnte Charts einsehbar unter: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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