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Spitzendaten aus der Eurozone ignoriert - EZB im Fokus!

08.04.2010  |  Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet heute bei 1.3335 (07.30 Uhr), nachdem im heutigen späten asiatischen Geschäft Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3316 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY bei 93.20. EUR-JPY stellt sich in der Folge auf 124.25, während EUR-CHF bei 1.4325 oszilliert.

Die Veröffentlichungen aus der Eurozone belegten gestern, daß der Konjunkturzug der Eurozone nachhaltig beschleunigt, wobei der Blick in den Rückspiegel bezüglich des 4. Quartals 2009 etwas nüchterner als zunächst unterstellt ausfiel.

Per 4. Quartal 2009 ergab sich in der Revision im Quartalsvergleich in der Eurozone ein Nullwachstum. Analysten hatten einen Anstieg um 0,1% unterstellt. Damit kam es im Jahresvergleich zu einem Rückgang um -2,2% (vor Revision -2,1%) nach -4,1% im dritten Quartal 2009. Diese Anpassung erachten wir als unwesentlich.

Der Chart (© Reuters) verdeutlicht, daß die konjunkturelle Erholung das dominante Thema ist. Ob die Amplitude 0,1% größer oder kleiner ist, mag für akademische Zirkel von gehobener Bedeutung sein. Wir fokussieren uns auf die wesentlichen Aussagen.
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Entscheidender ist der Blick nach vorne und in das "Hier" und "Jetzt", da Finanzmärkte grundsätzlich eine diskontierende Funktion haben sollten.

Der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich der Eurozone legte in der endgültigen Fassung von zuvor 51,8 auf 54,1 Punkte signifikant und unerwartet stark zu. Damit wurde der höchste Wert dieses Index seit November 2007 markiert. Zu diesem Zeitpunkt dominierte übrigens in den Volkswirt- und Analystenkreisen in der Tendenz konjunkturelle Hochstimmung, de im ersten Quartal 2008 in Euphorie und aggressiv nach oben angepaßten Wachstumsprognosen mündete.

Wie "erfrischend" ist doch da die aktuell im "Mainstream" obwaltende Konjunkturskepsis dieser Klientel. Weitere Schlagzeilen zu dieser Veröffentlichung lauten: Jobabbau neigt sich dem Ende zu - Zuversicht steigt - Zuwachs in Deutschland - Ende der Rezession in Spanien - Experten sehen nun zunehmende Chancen auf einen nachhaltigen Aufschwung.

Unten angeführt sind die Einzelindices aus den wesentlichen Ländern der Eurozone. Deutlich wird, daß auch Südeuropa in die Gänge kommt. Das hat übrigens für die Budgetsituation in diesen Ländern zumindest mittelfristig entspannende Auswirkungen! Der Devisenmarkt fokussierte sich jedoch lieber auf "eingetretene Pfade" denn auf "antizipierende" Funktionen ….

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Der Auftragseingang der deutschen Industrie setzte per Februar einmal mehr positive Akzente. Der Vormonatswert per Januar wurde von seinerzeit positiv überraschenden +4,3% auf +5,1% im Monatsvergleich revidiert.

Darüber hinaus kam es nicht den Markterwartungen entsprechend zu einem Rückgang der Aufträge um -0,7%, sondern es ergab sich im Monatsvergleich ein unverändertes Ergebnis! Im Jahresvergleich stellte sich eine Zunahme um 24,5% nach zuvor 20,5% ein. auch hier wird die Dynamik der Konjunkturbelebung deutlich.

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Nun erwarten "Experten" eine kräftige Frühjahrsbelebung. Ja, diese Zahlen sind ja auch nicht zu übersehen. Lesen können ja fast alle …

Die Erzeugerpreise der Eurozone legten per Februar im Monatsvergleich um 0,1% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um -0,5% nach zuvor -1,1%.

Auch in diesem Sektor verabschieden wir uns sukzessive von dem deflationären Preisumfeld. Der Chart liefert hier eindrucksvollen Beleg dieser von uns unterstellten Fortsetzung der gegebenen Tendenz.

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Heute ist der Finanzmarkt auf die EZB-Ratssitzung fokussiert. Eine Veränderung der Zinspolitik steht nicht auf der Agenda. Es wird bei einem Reposatz von 1% bleiben.

Meine kritische Haltung zu dieser Zinspolitik setze ich vor dem Hintergrund der global weitgehend homogenen Konjunkturbelebung gekoppelt mit Preissteigerungen am Rohstoffmarkt und sich abzeichnender Belebung des Investitionsgüterzyklus bei zu geringer Lagerhaltung und daraus resultierenden Preisüberwälzungsspielräumen als bekannt voraus.

Für Südeuropa sind nicht die Geldmarktsätze von primärer Bedeutung, sondern die Kapitalmarktzinsen! Rechtzeitige Anpassungen in der kurzfristigen Zinspolitik vor dem Hintergrund konjunktureller Stärke sichern ein niedriges Kapitalmarktzinsniveau, da Inflationskräften vorausschauend entgegen gewirkt wird. Dieser in der Historie belegbare Zusammenhang wird hier zumindest ansatzweise mißachtet.

Der Finanzmarkt kapriziert sich heute einmal mehr auf die Pressekonferenz. Wie geht die EZB mit Südeuropa bei Repos um? Wir erwarten, daß die EZB sich beim Ankauf von Wertpapieren bezüglich des Ratings der Papiere dauerhaft flexibel zeigt. Sie hat die Aufgabe die Funktionalität der Geldversorgung in der Eurozone aufrecht zu erhalten. Es gibt hier keine andere Sinn stiftende Alternative.

Es wäre vollständig unsinnig, die in den vergangenen Jahren durch Flexibilität und Intervention erzielten Stabilisierungserfolge nun auf einem Altar einer neuen Starrköpfigkeit zu opfern.

Das gilt um so mehr, als daß im Gegensatz zu London und Washington in der Eurozone strukturelle Maßnahmen in der Budgetsanierung umgesetzt werden, die eine Verbesserung der Lage in Südeuropa mittel- und langfristig forcieren. Dieser Aspekt fällt in der Diskontierung am Finanzmarkt erstaunlicherweise vollkommen unter den Tisch und darf als Ausdruck extrem hoher asymmetrischer Wahrnehmung oder aber auch nachhaltigen Manipulationswillens interpretiert werden.

Uns ist dieser Weg, den die Eurozone unter Führung der EZB und zuletzt auch der EUKommission einschlägt und eingeschlagen hat, ungleich lieber, als der Weg der USA und Großbritanniens, deren Finanzkohorten einen Angriff nach dem anderen gegen die Eurozone fahren. Der (quasi) direkte Ankauf der Staatsanleihen nach dem Modell US-Treasury/Fed ist ein Sündenfall erster Kategorie, von dem latent abgelenkt wird.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3250-80 neutralisiert den positiven Bias des Euros. Viel Erfolg


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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