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Euro startet schwächer in die neue Woche …

19.04.2010  |  Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet heute bei 1.3455 (07.45 Uhr), nachdem im asiatischen Geschäft Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3446 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY bei 92.00, EUR-JPY stellt sich in der Folge auf 123.80, während EUR-CHF bei 1.4325 oszilliert.

Am Freitag sorgten die Betrugsvorwürfe der SEC gegen Goldman Sachs bezüglich der Vermarktung von CDOs für nachhaltige Unruhe. Die Regierungen Deutschlands und Großbritanniens wollen die Geschäfte untersuchen und prüfen rechtliche Schritte gegen Goldman Sachs.

Der Finanzmarkt hat diesen Schritt gegen Goldman als Indikator interpretiert, daß auch weitere globale Spieler, die sich in diesem Segment tummelten, zumindest angreifbar sind.

Wir freuen uns, daß Herr Hoenig von der Fed vor dem aktuellen Hintergrund die "Volcker Rule" unterstützt. Es ist an der Zeit, der globalen Bankenaristokratie die Grenzen aufzuzeigen und in der Konsequenz ein granulareres System durch Zerschlagung dieser Teilnehmer zu gewährleisten, daß Nachhaltigkeit lebt. Die Struktur der globalen Bankenaristokratie ist ein elementarer Baustein für die Entstehung der globalen Finanzkrise.

In der Folge der Goldman Sachs Diskussion wurde der Finanzsektor abgestraft. Risikoaversion nahm zu. Der USD konnte vor diesem Hintergrund gegenüber dem Euro zulegen.

Nun ja, der USD ist ja auch ein "fundamentaler Anker der Stabilität" mit geplanter aggressiver öffentlicher Neuverschuldung bis 2020, US-Bundesstaaten, die vor dem Kollaps stehen, einer chronisch defizitären Leistungsbilanz, privater Überschuldung, zunehmenden Problemen im Gewerbeimmobiliensektor … und Goldman ist natürlich zuerst ein europäisches Problem ….

Bisweilen ergibt sich ein Eindruck, der metaphorisch wie folgt beschrieben werden kann. Um ein Cannabisproblem zu bereinigen, empfiehlt sich der Umstieg auf Morphium …. "Food for thought!"

Nach Ansicht der New York Times wird ein Effekt der Rettung Griechenlands sein, daß Investoren auch bei weiteren Schwächekandidaten testen wollen, in wie weit die Solidarität der Eurozone und insbesondere Deutschlands reicht.

Ja, dieser Eindruck ist richtig. Offensichtlich ist es dem Markt wichtiger, Solidarität zu testen, als die realen Daten angemessen zu diskontieren. Wir nehmen diese US- und angelsächsische Sichtweise des Marktes zur Kenntnis und fragen uns, ob diese Sichtweise nachhaltig belastbar ist. "Food for thought!"

Stark (EZB) sagte, daß er über die dramatische Zunahme der öffentlichen Defizite besorgt sei. Wir könnten uns bereits in der nächsten Phase der Krise befinden, einer Krise der Staatsdefizite, die der Finanzkrise und Rezession nachfolgt.

Es ist absolut irritierend, daß von der Elite häufig eine oberflächliche Sichtweise produziert wird. Diesbezüglich erlauben wir uns nachzuarbeiten. Die Aussage von Herrn Stark impliziert jetzt eine Verschärfung der Krise der Staatsdefizite. Ist das wirklich realistisch?

Zunächst ist zu klären, ob die Zunahme der Defizite im letzten Jahr einen primär strukturellen oder zyklischen Hintergrund hatte. Die Rezession führte zu Mindersteuereinnahmen und erhöhten Sozialausgaben. Ergo war der zyklische Hintergrund in der Zunahme der Defizite: bestimmend. Da sich die Weltwirtschaft seit dem 2./3. Quartal 2009 deutlich erholt und die globale Elite der Volkswirte diesem Prozeß durch nach oben angepaßte Prognosen hinterherhinkt, darf geschlußfolgert werden, daß sich hier eine sukzessive Entspannung in der Defizitentwicklung in einer Gesamtbetrachtung ergibt.

Das Thema der strukturellen Defizite darf nicht ausgeblendet werden. Zu prüfen ist, welche Region hier bezüglich der Gesundung aktiv ist. Dem geneigten Investoren bietet sich hier nur eine Region an. Die Eurozone geht aggressiv gegen Defizitsünder vor und übt Druck aus, der aktuell zu strukturellen Maßnahmen in Südeuropa führt. Die Umsetzung der strukturellen Maßnahmen wird in der ersten Phase die Rezession verlängern, um dann aber eine solidere Basis für die weitere Entwicklung zu eröffnen.

Der Blick auf die Staatsdefizite in der Gesamtheit läßt die Schlußfolgerung zu, daß der Höhepunkt dieser Krise hinter uns liegt. Dabei klammern wir die USA und Großbritannien aus. Deren Wirtschaftslage erfordert offensichtlich eine längere Phase der Niedrigzinspolitik als auch der Subventionierung durch Staatsdefizite.


Die Wirtschaftsdaten aus der Eurozone lieferten am Freitag leicht positive Akzente für den Euro:

Die Verbraucherpreise legten per März im Jahresvergleich um 1,4% (Prognose 1,5%) nach zuvor 0,9% zu. Seit dem Tiefstand bei -0,7% per Juli 2009 kam es damit zu einem Anstieg um mehr als 2%. Die Kernrate der Verbraucherpreise (ohne Alkohol, Tabak, Energie und Lebensmitte = Preise ohne Spaß) verzeichnete eine Zunahme um 1,0% nach zuvor 0,9%.

Das Risiko, daß die EZB zu spät reagiert, nimmt zu. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß Zinsmaßnahmen ihre vollen Auswirkungen erst nach 12 Monaten erreichen. Mithin ist eine Zentralbankpolitik antizipativ zu gestalten …. "Food for thought!"

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Die Handelsbilanz der Eurozone überraschte per Februar positiv mit einem Aktivsaldo in Höhe von 2,6 Mrd. Euro nach zuvor -9,0 Mrd. Euro.

Mit einer zu erwartenden Stärkung der deutschen Exporttätigkeit nach vorne schauend stehen hier in den kommenden Monaten tendenziell positivere Werte auf der Agenda.

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Aus den USA standen die Neubaubeginne per März auf der Agenda. Hier kam es in der annualisierten Darstellung zu einem Absatz von 626.000 nach 616.000 (revidiert von 575.000) Objekten. Die Prognose lag bei 610.000 Einheiten. Baugenehmigungen stellten sich auf 685.000 (Prognose 630.000) nach zuvor 637.000.

Mithin ergibt sich hier eine Aufhellung. Der Blick auf den Chart läßt jedoch keine Euphorie ob der aktuellen Entwicklung zu.

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Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Uni Michigan lieferte per vorläufiger Berechnung im April einen unerwarteten Rückgang von 73,6 auf 69,5 Punkte. Die Prognose war bei 75,0 Zählern angesiedelt. Mithin bleibt es bei dem Thema "Rumpelwirtschaft" (abgeleitet vom aktuellen Rumpelfußball des HSV) in den USA.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.3250-80 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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