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Chinas und Deutschlands PMIs und das "britische Problem“ -Protokolle der Fed geben USD Auftrieb

04.04.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.55 Uhr) bei 1.3195, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im asiatischen Handel bei 1.3184 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 82.65. In der Folge notiert EUR-JPY bei 109.00, während EUR-CHF bei 1.2040 oszilliert.

Gestern setzte der chinesische Einkaufsmanagerindex deutliche und positive Akzente. Per März legte der Index für den produzierenden Sektor deutlich auf 53,1 Punkte nach zuvor 51,0 Punkten zu und markierte den höchsten Wert seit einem Jahr. Die Prognose lag bei lediglich 50,5 Zählern. Wir freuen uns darüber und haben absolute Zuversicht in diese Daten. Schlussendlich nimmt die Industrieproduktion mit mehr als 10% im Jahresvergleich zu.

"Unsere Freunde“ in London bei der HSBC sehen das völlig anders. Per März konstatieren sie einen Rückgang ihre Einkaufsmanagerindex für Chinas produzierendes Gewerbe von zuvor 49,6 auf 48,3 Punkte. Damit impliziert dieser Index Kontraktion trotz mehr als 10% Wachstum der Produktion und einer Wachstumsprognose seitens der chinesischen Regierung von 8,4% für das erste Quartal 2012.

Es ist irritierend, was bezüglich der Einkaufsmanagerindices aus England kommt. Wir hatten zuletzt darauf verwiesen, dass es auch bei Deutschland Divergenzen zwischen dem IFO Index und dem PMI von "Markit“ für Deutschland gibt. Da Deutschland elementar für den europäischen Index ist, gilt das dann auch für den PMI der Eurozone.

O-Ton vom Forex Report am 26. März 2012: "Die Werte des IFO Index, der eine breite Befragungstiefe hat (7000 Unternehmen), widersprachen den Werten des britischen Instituts "Markit“ nahezu dramatisch in Tendenz und auch Niveau.

Nachdem in der vergangenen Woche "Markit“ Deutschland einen Wert von 48,1 nach zuvor 50,2 Punkten in der "Flash-Schätzung“ per März bescheinigte, dürfen wir heute eine Überprüfung der Qualität der "Markit“-Daten erwarten.

Werfen wir einen Blick auf die „Markit“-Daten in den vergangenen Monaten im Vergleich zu den IFO-Daten:

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"Markit“ sagt uns also, dass es der deutschen produzierenden Wirtschaft schlechter als im Dezember geht und das Kontraktion (Index geringer als 50) das Bild in Deutschland bestimmt. Mit anderen Worten müsste der deutsche IFO-Index unter den Dezemberwert von 107,3 Punkte fallen (Tendenz), um dieses Ergebnis von "Markit“ zu bestätigen.“

Nun schauen wir einmal, wie "Markit“ mit Großbritanniens Einkaufsmanagerindices umgeht, obwohl die makroökonomischen Daten zuletzt deutlich enttäuschten, übrigens ebenso wie die öffentlichen Haushaltsdaten. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe steht bei lockeren 52,1 Punkten per März nach zuvor 51,5 Zählern. Die Industrieproduktion sank zuletzt im Jahresvergleich um -3,8%!

Diese faktischen Divergenzen nehmen wir zur Kenntnis und sind erstaunt, dass diese offensichtlichen Brüche von der Gesamtbranche stillschweigend akzeptiert werden. An den Märkten werden die aktuellen Daten ohne angemessene Analyse umgesetzt und gegen Kontinentaleuropa oder auch China instrumentalisiert. Sowohl Kontinentaleuropa als auch China stellen Herausforderungen für die Machtachse London/NY dar. "Food for thought!“

Entscheidend wirkte sich gestern an den Märkten die Veröffentlichung des Protokolls des Offenmarktausschusses aus. In der Folge verlor der Euro gegenüber dem USD, Aktienmärkte tendierten schwächer, Bondmärkte schwächten sich ab und Edelmetalle verloren (natürlich) massiv.

(Reuters) - In der US-Notenbank sinkt zur Enttäuschung der Börsianer die Unterstützung für ein weiteres Konjunkturprogramm. Angesichts der wirtschaftlichen Aufhellung sprachen sich im März beim jüngsten Treffen des für die Geldpolitik entscheidenden Gremiums weniger Mitglieder für solche Schritte aus als noch im Januar, wie am Dienstag aus dem Sitzungsprotokoll der Federal Reserve hervorging. Die US-Börse reagierte mit leichten Kursverlusten, da einige Anleger auf Hinweise für eine neue Geldspritze der Fed spekuliert hatten. Für diese Investoren sei das Protokoll eine kalte Dusche, sagte Clark Yingst von Joseph Gunnar & Co.

Die Notenbanker diagnostizierten eine Beschleunigung des Wachstums, zeigten sich jedoch noch immer sehr besorgt über die hohe Arbeitslosigkeit. Der Ausblick habe sich zwar ein wenig verbessert, sei jedoch noch immer ähnlich wie im Januar, hieß es in dem Protokoll weiter. Die Spannungen auf den Finanzmärkten hätten zwar wegen der Entschärfung der Schuldenkrise nachgelassen, aber stellten noch immer ein Risiko für die Wirtschaft dar.

Ja, die US-Wirtschaft wächst - das wissen wir - sie wächst aber nur mit massivem Fiskaldoping. Im Gegensatz zu den USA hat die Eurozone die strukturelle Anpassung schon weitestgehend hinter sich. Was passiert eigentlich bei einer Anpassung des öffentlichen Defizits in den USA mit der US-Wirtschaft? Wieso wird der Mangel an Reformen nur in Europa als Malus für die Währung bewertet? Bei den USA scheint der Mangel an Reformen Katalysator einer höheren Bewertung zu sein …

Wenden wir uns den Fakten zu: Die Neuverschuldung lag im ersten Halbjahr des aktuellen Fiskaljahres (01.10.2011 - 31.3.2012) laut US-Finanzministerium in den USA bei exakt 791,8 Mrd. USD. Auf das Jahr hochgerechnet ist das eine Neuverschuldungsquote bei circa 10% des BIP. Stellen wir uns vor, das wäre Frankreich oder Italien ohne jedweden Reformansatz?

Die US-Neuverschuldung ist mangels Reformen in der Qualität als maßgeblich konsumtiv zu werten. Die voraussichtlich Neuverschuldung der Eurozone bei circa 3% des BIP ist dagegen investiv, da sie mit Reformen und mittelfristiger Erhöhung des Potentialwachstums korreliert ist.

Die aktuellen Bewertungen an den Märkten werfen Fragen über die Qualität der Analysen und der arktteilnehmer auf als auch Fragen über einen "politischen Bias“.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2980 - 10 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



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