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Eurozone steht wieder unter Beschuss - Stiglitz warnt vor zu großen Sparbemühungen!

11.04.2012  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.53 Uhr) bei 1.3095, nachdem im Verlauf der letzten 24 Handelsstunden Tiefstkurse im US-Handel bei 1.3055 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 80.85. In der Folge notiert EUR-JPY bei 105.90, während EUR-CHF bei 1.2015 oszilliert.

Die Eurozone steht wieder unter Beschuss. CDS Spreads für Spanien (circa 100 Basispunkte in den letzten vier Wochen) und Italien weiteten sich drastisch aus, obwohl es keine belastenden neuen Nachrichten gibt.

In der Folge sanken die Aktienmärkte, der Bund Future gewann weiter an Boden. Der deutsche Steuerzahler erhält hier eine massive Subvention durch die Reformländer. Heute wird sich der deutsche Steuerzahler am Kapitalmarkt im 10 jährigen Laufzeitband zu voraussichtlich 1,65% mit 5 Mrd. Euro bedienen bei einer Verbraucherpreisinflation der Eurozone bei 2,70%. Das ist doch ein gutes Geschäft oder? Danke Tula, danke Dimi, Dank an Jose, danke Alberto und Dank an Sean vom deutschen Steuerzahler. Im Nehmen waren wir schon immer gut ...

  • Es interessieren keine Fakten der Reformen in der Eurozone. Das Reformwerk ist in seiner Dimension historisch einmalig.

  • Es interessiert auch keine sachliche Diskontierung der Reformen in die Zukunft mit erhöhtem Potentialwachstum für die Reformländer und damit für die Eurozone.

  • Es interessiert nicht, dass die strukturellen Haushaltsdefizite (Notwendigkeit Onkologe) weitgehend bereinigt sind und die Reformländer lediglich von konjunkturbedingten Haushaltsdefiziten (Notwendigkeit Hausarzt) geplagt werden (u. a. Sichtweise von Harvard Ökonom Martin Feldstein).

  • Es interessiert nicht, dass die Neuverschuldung der Eurozone als Folge der Reformen in der Grundtendenz einen investiven Charakter aufweist im Gegensatz zu den USA und Japan die maßgeblich mit konsumtiver Verschuldung mangels Reformpolitik konfrontiert sind.

  • Es interessiert auch nicht, dass die Neuverschuldung der Eurozone 2012 voraussichtlich bei 3% des BIP liegen wird, während USA (siehe heutige Datenbox "Federal Budget März -196 Mrd. USD = 60% der Gesamtverschuldung Griechenlands nach Schuldenschnitt), UK und Japan bei 7% - 10% liegen werden.

  • Weiterhin interessiert auch nicht, dass die öffentliche Gesamtverschuldung der Eurozone (85% des BIP) gegenüber USA (100% des BIP), Japan (230% des BIP) und UK (95% des BIP) am geringsten ist.

Alle diese Aspekte, die massiv für die Zukunftsfähigkeit der Eurozone sprechen und deutlich gegen die reformunfähigen USA als auch Japan wirken müssten, werden vollständig vom Finanzmarkt, dessen Richtungen aus London und NY im Zweifelsfall auch mit aggressiven (falschen) Gerüchten oder kartellrechtlich anfechtbaren Absprachen forciert werden, ignoriert.

Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass diese Entwicklungen seitens der Politik der Eurozone mehr oder weniger stillschweigend toleriert werden. Gerade die letzten zwei Jahre sind Lehrstunden einer mangelnden Markteffizienz im Sinne einer sachlichen Diskontierung und einer Machtauseinandersetzung, die zu Lasten der Eurozone "gespielt“ wird.

Falls einige Damen und Herren in Berlin oder Brüssel aus dem politischen Sektor diesbezüglich Rücksprache halten wollen, biete ich das hiermit unter meiner Telefonnummer an. Nicht alle Informationen sind geeignet, über das Format des Forex Reports weitergeleitet zu werden.

Es gibt ja auch gute Ökonomen, deren Äußerungen auch "Sinn“ machen, keine Frage! Joseph Stiglitz meldete sich zu Wort. Er warnte die europäischen Regierungschefs, die Krisenstaaten zu noch größeren Sparbemühungen zu drängen. „Demokratien können nur ein begrenztes Maß an Einschnitten vertragen, ohne dafür Erfolge zu sehen.“ - So der O-Ton des Nobelpreisträgers.

Wir stimmen ihm zu. Reformen sind insbesondere dann erfolgreich, wenn das Augenmerk auch auf einer gewissen konjunkturellen Stabilität liegt. Diesbezüglich geht Italien unter Monti einen bemerkenswerten und nachahmenswerten Weg.

Nach der Implementierung der Reformen gilt es jetzt, die Konjunktur der Reformländer in Gang zu bringen, um die Skaleneffekte aus den Veränderungen der Geschäftsmodelle auch zu realisieren. Es gilt, den Leidensdruck der durch die Reformen belasteten Menschen nicht unnötig zu verlängern. Es müssen Erfolge sichtbar werden.

Das Sperrfeuer aus London und NY an den Finanzmärkten, das reale Investitionen in den Reformländern verhindern hilft, ist zu eliminieren. Mehr ist hier nicht zu sagen!

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.2980 - 10 neutralisiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank



Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.



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