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EU und IWF gehen gegen spekulative Attacken aggressiv vor!

10.05.2010  |  Folker Hellmeyer
EUR/USD eröffnet heute bei 1.2910 (07.15 Uhr), nachdem im asiatischen Geschäft Höchstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2968 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY bei 92.60. EUR-JPY stellt sich in der Folge auf 119.65, während EUR-CHF bei 1.4250 oszilliert. Die europäische als auch die internationale Politik reagierten schlußendlich auf die Attacken, denen die Eurozone in den vergangenen Monaten ausgesetzt war.

Die Region, die sich im letzten Jahr als stabilste Defizitregion der industrialisierten Welt im Bereich der großen "Spieler" erwiesen hatte (Eurozone 6,3%, Japan 9,0%, USA 11,5%, UK 12,5% Neuverschuldung in % des BIP), kam trotz diesen Umstands und der Tatsache, daß die Eurozone als einzige Region weltweit diese Problematik mit drastischen Maßnahmen adressierte, unter massiven Spekulationsdruck, der konzertiert über London und NY (Hedge Funds, Investmentbanken, Spieler, Medien, Analyse) lief.

Dabei darf nicht nur, nein, es muß untersucht werden, ob es hier kartellrechtlich zu Gesetzesverstößen gekommen ist.


Es stellt sich die Frage nach dem "Warum" der spekulativen Attacken?

Weder aus der Problematik der Defizithöhe noch aus der Grundlage der Aktivität der Eurozone, das Problem zu adressieren, erschließt sich hier zunächst eine sinnvolle Antwort.
  • Fakt ist, daß die Eurozone in der ökonomischen Entwicklung und damit auch in den Defizitentwicklungen von einer Nord/Süd-Disparität gekennzeichnet ist. Dazu kommt das Problem, daß die Eurozone kein einheitlicher Staatsraum ist und damit die Handlungsfähigkeit der EZB im Vergleich zu anderen Regionen, wie USA oder UK eingeschränkt war. Mit anderen Worten lag ein ordnungspolitisches Defizit vor, daß die Qualität eines Achillesferse hat. Genau darauf projizierte sich die spekulative Attacke.

  • Fakt ist, daß darüber hinaus die Frage nach dem „Qui bono“ zu stellen ist. Wer profitierte? Das waren sowohl der USD und als auch das GBP, also die Währungen der Regionen, die das Defizitthema unadressiert ließen, obwohl die Dynamik des Problems in der Gesamtbetrachtung ungleich größer ist, als in der Eurozone. Mithin ergaben sich Spekulationen über ein politisches Interesse dieser Defizitländer, die Eurozone in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen, um die eigene Finanzierung zu sichern und von der Dramatik der eigenen Problematik abzulenken. Vor dem Hintergrund der Attacken gegen Osteuropa und Wien per 2009 kann man dieser Spekulation durchaus Gehalt zugestehen, man muß es jedoch nicht.


Die Maßnahmen, die am Wochenende durch IWF, EU-Finanzminister als auch die EZB, Fed, BoJ, SnB und BoE beschlossen wurden, verdeutlichen, daß das internationale politische Machtzentrum keine Verschärfung der systemischen Krise zulassen.

Frau Merkel sprach in den vergangenen Tagen vom Primat der Politik im Verhältnis zu den Märkten. Ja, so sieht das Primat der Politik aus. Es ist umfassend.

Hier stimmen wir Frau Merkel zu, nachdem wir sie in diesem Format zuvor sehr kritisch begleiteten.


Werfen wir einen Blick auf die Einzelmaßnahmen:

Die EU-Finanzminister und der IWF haben ein Rettungspaket mit einem Volumen von bis zu 750 Mrd. Euro für die Eurozone geschnürt, um damit der Spekulation gegen den Euro den Boden zu entziehen.

Das Volumen reicht aus, um die Eurozone in der Refinanzierung aus dem Fokus zu nehmen. Die EZB und die EU-Notenbanken haben angekündigt, erstmals seit Gründung der Währungsunion zum Ankauf von Staatsanleihen bereit zu sein. Sie beabsichtigen am öffentlichen und privaten Anleihemarkt im großen Stil aktiv zu werden und folgen damit dem Beispiel der Fed und der BoE oder der BoJ.

Der genaue Umfang des Ankaufsprogramms steht noch nicht fest. Die Intervention dient dazu, Markttiefe und Liquidität zu garantieren und damit den aktuellen Funktionsstörungen entgegen zu wirken.

Hier verschafft sich die EZB, den Spielraum, den sie im Vergleich zu Fed und BoE oder BoJ bisher nicht in Anspruch nahm. Bezüglich der Abwehr systemischer und vor allen Dingen in dieser Form sachlich nicht angemessener Attacken ist dieser Preis, der hier gezahlt wird nicht nur vertretbar, er ist zwingend erforderlich.

Fraglos ist damit ein Stück weit die Debatte eröffnet, wie unabhängig die EZB ist. Bei dieser Fragestellung ist jedoch zu berücksichtigen, daß bei einem (durch unfundierte Spekulation ausgelösten) Hausbrand das sofortige Löschen hilft und nicht eine Debatte über den ordnungspolitischen Rahmen, wie ein Löschvorgang aussehen könnte …

Die Bank of Japan hat mitgeteilt, daß sie Swaplinien mit anderen Zentralbanken wiederbelebt hat, um die Versorgung mit Fremdwährungen sicherzustellen. An der konzertierten Aktion sind die EZB, die BoE, die SNB und die Fed beteiligt.

Hier ergab sich in der letzten Woche eine angespanntere Liquiditätssituation, die sofort adressiert wurde. „Chapeau“

Die Daten von der Konjunkturfront aus Deutschland und den USA waren extrem positiv überraschend.

Um diese Entwicklung der Weltkonjunktur, respektive der Konjunktur der Industrienationen weiterhin zu ermöglichen und über die daraus resultierenden Steuereinnahmen, die Defizite zu reduzieren, bedarf es genau der politischen Ausrichtung, die wir am Wochenende erfahren durften.

Eine andere Gangart würde wie Weltwirtschaft ohne wirklichen Grund gefährden und damit die Defizitsituationen potentiell weiter verschärfen.

Am US-Arbeitsmarkt kam es per April zu 290.000 neu geschaffenen stellen. Die Prognose lag bei 200.000 Jobs. Der Vormonatswert wurde von 162.000 auf 230.000 neu geschaffene Stellen revidiert. Per Februar kam es zu einer Anpassung von -14.000 auf +39.000 Jobs. Mithin ist das Bild des US-Arbeitsmarkts deutlich positiver als im Konsensus antizipiert.

Die Arbeitslosenquote legte von 9,7% auf 9,9% zu, da sich mehr Menschen aktiv um arbeit bemühten. Auch diese Tendenz darf als ermutigend interpretiert werden, da sie andeutet, daß mehr Menschen eine reale Chance auf Beschäftigung erkennen.

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Die deutsche Industrieproduktion legte per März massiv um 4,0% zu. Analysten sind von einem Anstieg um mäßige 0,7% ausgegangen. Der Vormonatswert wurde von 0,0% auf -0,2% revidiert. Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 8,6% nach zuvor 5,2%.

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Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.3000 - 30 dreht den Bias auf "Positiv".

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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