Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Preise kurzfristig unter Druck, langfristig aufwärts gerichtet

21.04.2012  |  Eugen Weinberg
- Seite 3 -
Platin:

Platin verteuerte sich seit Jahresanfang trotz des jüngsten Preisrückgangs um 17% bzw. rund 240 USD und handelte zum Ende des letzten Quartals bei 1.640 USD je Feinunze. Ende Februar wurde im Zuge der Euphorie an den Aktien- und Rohstoffmärkten, aber auch aufgrund eines Streiks in Südafrika (s.u.) sogar kurzzeitig ein 5-Monatshoch von 1.737 USD je Feinunze erreicht. Dies war zudem auf die relative Attraktivität von Platin im Vergleich zu Gold zurückzuführen. Seit Beginn des börsennotierten Handels von Platin im Jahr 1987 war Platin mit wenigen Ausnahmen stets teurer als Gold, seit September 2011 dagegen ununterbrochen günstiger.

Die Preisdifferenz zwischen diesen beiden Edelmetallen betrug in der Spitze sogar mehr als 216 USD zugunsten von Gold. Dies hatte Schnäppchenjäger auf den Plan gerufen, die auf ein Zusammenlaufen der Preisdifferenz gesetzt haben. Daneben wurde auch in der Schmuckindustrie vermehrt Gold durch Platin substituiert. Folgerichtig hat Platin gegenüber Gold stark aufgeholt und war Mitte März zwischenzeitlich sogar wieder teurer als Gold.

Dass Platin zuletzt vermehrt in der Schmuckindustrie eingesetzt wurde, scheint kein vorübergehendes Phänomen zu sein. Schon in den vergangenen Jahren - klammert man das Jahr 2009 aus - ist der Anteil der Schmucknachfrage an der Gesamtnachfrage auf Netto-Basis gestiegen. Kamen im Jahr 2007 gemäß Daten von Johnson Matthey knapp 22% der Platinnachfrage aus der Schmuckindustrie, waren es 2011 fast 29% (Grafik 6). Nach der Automobilindustrie ist die Schmuckbranche damit die zweitwichtigste Nachfragekomponente für Platin. Dieser Trend wurde vor allem von China getrieben.

Das Reich der Mitte stand im letzten Jahr mit 1,69 Mio. Unzen für mehr als zwei Drittel der weltweiten Schmucknachfrage. Aufgrund des steigenden Wohlstands der Bevölkerung in China spricht vieles dafür, dass sich der Trend auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Neben China scheint Platin auch in Indien auf eine größer werdende Nachfrage zu stoßen. Vor allem bei jungen Frauen wird Platin immer beliebter. Absolut betrachtet spielte Indien mit einer Gesamtnachfrage von 93,2 Tsd. Unzen im letzten Jahr am Weltmarkt allerdings keine Rolle.

Die Automobilindustrie wiederum, in der Platin und Palladium in der Herstellung von Autokatalysatoren verwendet werden, befindet sich aktuell in eher schwierigem Fahrwasser, wobei regional unterschieden werden muss. Nach einem schwachen Start in das laufende Jahr erwarten die Automobilverbände für die EU im besten Fall einen stagnierenden Markt. Die Fahrzeugneuzulassungen sind in den ersten beiden Monaten des Jahres gemäß Daten des Verbands der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) im Jahresvergleich um 8,3% gefallen.

Der Vergleich wird allerdings etwas verzerrt, da z.B. in Frankreich eine Abwrackprämie im Vorjahr die Autoverkäufe unterstützt hat. Dennoch sind im letzten Jahr die Verkäufe EU-weit um 1,7% auf 13,11 Mio. Einheiten zurückgegangen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) zeigt sich für den westeuropäischen Markt für 2012 etwas pessimistischer und erwartet einen Rückgang der Autoverkäufe um 5% auf 12,1 Mio. Einheiten. Dieser soll jedoch durch ein stärker als bislang angenommenes Wachstum in den USA - +8% auf 13,7 Mio. Einheiten - ausgeglichen werden.

Der chinesische Automarkt soll 2012 ebenfalls um 8% wachsen, in Indien wird eine Wachstumsrate von 10% erwartet. Der japanische Automarkt erholt sich mit großen Schritten von den Naturkatastrophen des letzten Jahres. Alles in allem geht der VDA auf globaler Basis von einem moderaten Wachstum der Autoverkäufe von 4% auf 68 Mio. Einheiten aus. Im letzten Jahr betrug das Wachstum noch 6%.

Open in new window


Nachdem sowohl die kurzfristig als auch langfristig orientierten Finanzinvestoren im letzten Jahr im großen Stil Platin verkauft haben, hat sich der Trend seit Jahresbeginn wieder umgekehrt, was den Preis zusätzlich unterstützte. So wurden die Netto-Long-Positionen in den ersten drei Monaten des Jahres um 44% auf 16,3 Tsd. Kontrakte ausgeweitet. Und auch die von Bloomberg erfassten Platin-ETFs verzeichneten im ersten Quartal Zuflüsse von gut 107 Tsd. Unzen. Im letzten Jahr stand die Investmentnachfrage für 8% der gesamten Nachfrage. Auch hier dürfte die preisliche Attraktivität gegenüber Gold eine Rolle gespielt haben.

Auf der Angebotsseite sind im vergangenen Quartal einmal mehr die latenten Risiken in den Vordergrund getreten: Denn in Südafrika, dem mit einem Marktanteil von 75% mit Abstand größten Platinproduzenten der Welt (Grafik 7, Seite 4), kam es erneut zu einem langwierigen Streik. So sind die Arbeiter in der weltweit größten Platinmine, Rustenburg, in einen mehrwöchigen Ausstand getreten. Der Minenbetreiber Impala Platinum, der zu den größten des Landes zählt, "verlor" im Zuge dessen rund 100 Tsd. Unzen an Produktion. Nachdem der Streik von einem Gericht als unzulässig erklärt wurde und Impala Platinum daraufhin 17.200 Arbeiter entlassen hatte, kam es sogar zu gewalttätigen Ausschreitungen mit Toten und Verletzten.

Erst Anfang März konnte die Produktion nach einem sechswöchigen Stillstand wieder angefahren werden. Dies bedeutete jedoch nicht, dass der Konflikt endgültig beigelegt ist. Denn immer noch verhandelt der Minenbetreiber mit den Gewerkschaften über die Löhne der Arbeiter. Ein Wiederaufflammen des Streiks scheint also jederzeit möglich. Zugleich hat der Streik erneut die Macht der Gewerkschaften in Südafrika demonstriert. Diese sind sich untereinander aber offenbar nicht immer einig. So versuchen kleinere aufstrebende Gewerkschaften von der größten Gewerkschaft des Landes, National Union of Mineworkers, Mitglieder abzuwerben und eigene Vorstellungen durchzusetzen - eine gefährliche Entwicklung, die zukünftig zu einer noch höheren Streikgefahr beitragen könnte.

Da es fraglich ist, inwiefern die "verlorene“ Produktion im Laufe des Jahres wieder aufgeholt werden kann und weitere Streiks nicht ausgeschlossen werden können, könnte der globale Platinmarkt u.E. bereits in diesem Jahr wieder ein Angebotsdefizit aufweisen. In seinem letzten Halbjahresbericht im November ging Johnson Matthey noch von einem moderaten Überschuss aus. Hier dürfte es jedoch mit dem nächsten Bericht, der im Mai veröffentlicht wird, aufgrund der streikbedingten Produktionseinbußen und der robusten Nachfrage zu Revisionen kommen. Wir gehen weiter von steigenden Preisen im Jahresverlauf aus und erwarten Platin zum Jahresende bei 1.850 USD je Feinunze.

Open in new window





Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"