Rohstoffpreisschwäche oder doch Dollar-Stärke?
18.05.2012 | Eugen Weinberg
Energie
Rohöl bleibt stark unter Druck: Heute Morgen kostet Brent mit knapp 107 USD je Barrel rund 5 USD weniger als am Mittwoch. Ein Teil des Rückgangs erklärt sich zwar mit dem Kontraktwechsel am Mittwochabend, aber auch gestern gab Brent weitere 3 USD nach. Dass die Aufwertung des US-Dollar in der jüngsten Korrektur ein wesentlicher Belastungsfaktor war, zeigt der Vergleich der Ölpreise in US-Dollar und Euro (Grafik des Tages). In Euro kostet Öl noch immer rund 10% mehr als im Vorjahr, während Öl in US-Dollar billiger ist als vor einem Jahr.
Daneben belastet aber zweifellos auch die derzeit entspannte fundamentale Lage am Ölmarkt: Am Mittwoch hatte das US-Energieministerium für die Woche zum 11. Mai abermals einen kräftigen Anstieg der Rohöllagerbestände um 2,1 Mio. Barrel gemeldet. In Cushing erreichten die Ölvorräte mit 45,1 Mio. Barrel ein neues Rekordhoch. Anders als im Vorjahr, als bereits ab Mitte März die Vorräte wieder schrumpften, hat sich hier - wohl im Vorgriff auf die Öffnung der Seaway-Pipeline - der Lageraufbau bis zuletzt fortgesetzt.
Nachdem gestern die Umkehrung der Pipeline abgeschlossen wurde, soll diese am Wochenende befüllt werden. Erste Effekte auf die Lagerdaten dürften damit aber erst in der übernächsten Woche zu sehen sein. In einer ersten Phase können bis zu 150 Tsd. Barrel pro Tag von Cushing an die Golfküste transportiert werden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Raffinerien in Texas dann Zugriff auf das günstigere WTI-Öl haben, ist der berichtete deutliche Rückgang der Benzinvorräte, die nun unter den Fünfjahresdurchschnitt gefallen sind, mit Gelassenheit aufgenommen worden.
Edelmetalle
Der World Gold Council (WGC) hat gestern die “Gold Demand Trends” für das erste Quartal 2012 präsentiert. Demnach ist die globale Goldnachfrage in den ersten drei Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 5% auf 1.097,6 Tonnen zurückgegangen. Dies ist im Wesentlichen auf eine geringere indische Goldnachfrage zurückzuführen, nachdem im ehemals größten Goldkonsumentenland die Einfuhrsteuern auf Gold verdoppelt wurden und es in Folge dessen zu einem landesweiten Streik der Goldschmuckhändler kam.
Insgesamt fiel die weltweite Schmucknachfrage im Jahresvergleich um 6% auf 519,8 Tonnen, was auch den hohen Preisen geschuldet war. In US-Dollar gerechnet lag der durchschnittliche Goldpreis im ersten Quartal 2012 rund 22% über dem Niveau des Vorjahres. Auch die erneut sehr starke chinesische Goldnachfrage, die gegen den Trend um 10% auf ein neues Rekordhoch in einem Quartal von 255,2 Tonnen stieg, konnte den übergeordneten Rückgang nicht aufhalten.
Die Investmentnachfrage legte wieder um 13% auf 389,3 Tonnen zu, obwohl die Nachfrage nach Barren und Münzen deutlich rückläufig war. Die ETFs verzeichneten Zuflüsse von 51,4 Tonnen, nachdem es im Vorjahresquartal auf Netto-Basis noch zu Abflüssen gekommen war. Die Zentralbanken kauften im ersten Quartal weitere 80,8 Tonnen Gold. Dieser Trend dürfte sich in den nächsten Quartalen weiter fortsetzen. Generell sollte die Goldnachfrage im Jahresverlauf in Anbetracht des jüngsten Preisrückgangs wieder anziehen und somit den Preis stützen.
Industriemetalle
Schwache Aktienmärkte und vor allem der weiterhin sehr feste US-Dollar verhindern bislang eine nennenswerte Erholung der Metallpreise. Die Risikoaversion der Marktteilnehmer bleibt im Zuge der politischen Unsicherheiten in der Eurozone hoch. Allerdings werden offensichtlich bei manchen Metallen die niedrigen Preisniveaus mittlerweile als attraktive Einstiegsmöglichkeiten erachtet, was einen stärken Rückgang der Preise bislang verhindert.
Gemäß der neuen Monatsstatistik vom World Bureau of Metal Statistics (WBMS) befand sich der globale Kupfermarkt in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres mit rund 157 Tsd. Tonnen im Angebotsdefizit. Für denselben Zeitraum des Vorjahres wies WBMS noch einen Überschuss in ähnlicher Größenordnung aus. Das aktuelle Defizit ist auf eine im Jahresvergleich deutlich gestiegene Nachfrage zurückzuführen, während die Produktion nur moderat zulegte. Damit zeigt sich die Kupfernachfrage von den Unwägbarkeiten und Unsicherheiten der Staatsschuldenkrise in der Eurozone und der damit verbundenen hohen Risikoaversion der Marktteilnehmer noch relativ unbeeindruckt.
Allerdings wurden im ersten Quartal vor allem in China stark Lagerbestände aufgebaut, so dass es sich teilweise nicht um eine tatsächliche, sondern augenscheinliche Nachfrage handelt. An den anderen Metallmärkten bestanden zum Teil hohe Angebotsüberschüsse. Lediglich der globale Zinnmarkt war noch ausgeglichen.
Agrarrohstoffe
Am Horizont taucht ein Klimaphänomen auf, das generell die Agrarmärkte und besonders die Märkte für Genussmittel wie Zucker und Kakao beeinflussen dürfte: Nach Angaben des australischen Wetterdienstes könnte sich in der zweiten Jahreshälfte eine El Niño-Situation entwickeln, eine periodische Erwärmung des pazifischen Ozeans, die das Wetter in großen Teilen der Welt beeinflusst. Für Kakao hatte die Internationale Kakaoorganisation in einer Studie aus dem Jahr 2010 ermittelt, dass während El-Niño-Lagen die weltweite Kakaoproduktion aufgrund mangelnder Niederschläge in wichtigen Anbaugebieten um durchschnittlich 2,4% niedriger ist als bei neutralen Klimabedingungen.
Besonders betroffen ist nach dieser Analyse der weltweit drittgrößte Produzent Indonesien, der dann besonders unter Trockenheit leiden könnte. Aber auch in Westafrika mit den beiden Hauptanbauländern Elfenbeinküste und Ghana erhöht sich bei El-Niño die Wahrscheinlichkeit zu geringer Niederschläge mit der Folge einer eingeschränkten Produktion. Zuletzt war über zwei Jahre in Folge - wenn auch mit Schwankungen - das umgekehrte Klimaphämomen, La Niña, aktiv gewesen. La Niña wird mit Trockenheit in Teilen Südamerikas und erhöhten Regenfällen in Südostasien und Australien in Verbindung gebracht. Bei Kakao hatten gute Niederschläge in Westafrika zwei gute Ernten in Folge möglich gemacht, in 2010/11 wurde sogar ein Rekord aufgestellt. Derzeit weichen die Ausläufer von La Niña neutralen Bedingungen.
Rohöl bleibt stark unter Druck: Heute Morgen kostet Brent mit knapp 107 USD je Barrel rund 5 USD weniger als am Mittwoch. Ein Teil des Rückgangs erklärt sich zwar mit dem Kontraktwechsel am Mittwochabend, aber auch gestern gab Brent weitere 3 USD nach. Dass die Aufwertung des US-Dollar in der jüngsten Korrektur ein wesentlicher Belastungsfaktor war, zeigt der Vergleich der Ölpreise in US-Dollar und Euro (Grafik des Tages). In Euro kostet Öl noch immer rund 10% mehr als im Vorjahr, während Öl in US-Dollar billiger ist als vor einem Jahr.
Daneben belastet aber zweifellos auch die derzeit entspannte fundamentale Lage am Ölmarkt: Am Mittwoch hatte das US-Energieministerium für die Woche zum 11. Mai abermals einen kräftigen Anstieg der Rohöllagerbestände um 2,1 Mio. Barrel gemeldet. In Cushing erreichten die Ölvorräte mit 45,1 Mio. Barrel ein neues Rekordhoch. Anders als im Vorjahr, als bereits ab Mitte März die Vorräte wieder schrumpften, hat sich hier - wohl im Vorgriff auf die Öffnung der Seaway-Pipeline - der Lageraufbau bis zuletzt fortgesetzt.
Nachdem gestern die Umkehrung der Pipeline abgeschlossen wurde, soll diese am Wochenende befüllt werden. Erste Effekte auf die Lagerdaten dürften damit aber erst in der übernächsten Woche zu sehen sein. In einer ersten Phase können bis zu 150 Tsd. Barrel pro Tag von Cushing an die Golfküste transportiert werden. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Raffinerien in Texas dann Zugriff auf das günstigere WTI-Öl haben, ist der berichtete deutliche Rückgang der Benzinvorräte, die nun unter den Fünfjahresdurchschnitt gefallen sind, mit Gelassenheit aufgenommen worden.
Edelmetalle
Der World Gold Council (WGC) hat gestern die “Gold Demand Trends” für das erste Quartal 2012 präsentiert. Demnach ist die globale Goldnachfrage in den ersten drei Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 5% auf 1.097,6 Tonnen zurückgegangen. Dies ist im Wesentlichen auf eine geringere indische Goldnachfrage zurückzuführen, nachdem im ehemals größten Goldkonsumentenland die Einfuhrsteuern auf Gold verdoppelt wurden und es in Folge dessen zu einem landesweiten Streik der Goldschmuckhändler kam.
Insgesamt fiel die weltweite Schmucknachfrage im Jahresvergleich um 6% auf 519,8 Tonnen, was auch den hohen Preisen geschuldet war. In US-Dollar gerechnet lag der durchschnittliche Goldpreis im ersten Quartal 2012 rund 22% über dem Niveau des Vorjahres. Auch die erneut sehr starke chinesische Goldnachfrage, die gegen den Trend um 10% auf ein neues Rekordhoch in einem Quartal von 255,2 Tonnen stieg, konnte den übergeordneten Rückgang nicht aufhalten.
Die Investmentnachfrage legte wieder um 13% auf 389,3 Tonnen zu, obwohl die Nachfrage nach Barren und Münzen deutlich rückläufig war. Die ETFs verzeichneten Zuflüsse von 51,4 Tonnen, nachdem es im Vorjahresquartal auf Netto-Basis noch zu Abflüssen gekommen war. Die Zentralbanken kauften im ersten Quartal weitere 80,8 Tonnen Gold. Dieser Trend dürfte sich in den nächsten Quartalen weiter fortsetzen. Generell sollte die Goldnachfrage im Jahresverlauf in Anbetracht des jüngsten Preisrückgangs wieder anziehen und somit den Preis stützen.
Industriemetalle
Schwache Aktienmärkte und vor allem der weiterhin sehr feste US-Dollar verhindern bislang eine nennenswerte Erholung der Metallpreise. Die Risikoaversion der Marktteilnehmer bleibt im Zuge der politischen Unsicherheiten in der Eurozone hoch. Allerdings werden offensichtlich bei manchen Metallen die niedrigen Preisniveaus mittlerweile als attraktive Einstiegsmöglichkeiten erachtet, was einen stärken Rückgang der Preise bislang verhindert.
Gemäß der neuen Monatsstatistik vom World Bureau of Metal Statistics (WBMS) befand sich der globale Kupfermarkt in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres mit rund 157 Tsd. Tonnen im Angebotsdefizit. Für denselben Zeitraum des Vorjahres wies WBMS noch einen Überschuss in ähnlicher Größenordnung aus. Das aktuelle Defizit ist auf eine im Jahresvergleich deutlich gestiegene Nachfrage zurückzuführen, während die Produktion nur moderat zulegte. Damit zeigt sich die Kupfernachfrage von den Unwägbarkeiten und Unsicherheiten der Staatsschuldenkrise in der Eurozone und der damit verbundenen hohen Risikoaversion der Marktteilnehmer noch relativ unbeeindruckt.
Allerdings wurden im ersten Quartal vor allem in China stark Lagerbestände aufgebaut, so dass es sich teilweise nicht um eine tatsächliche, sondern augenscheinliche Nachfrage handelt. An den anderen Metallmärkten bestanden zum Teil hohe Angebotsüberschüsse. Lediglich der globale Zinnmarkt war noch ausgeglichen.
Agrarrohstoffe
Am Horizont taucht ein Klimaphänomen auf, das generell die Agrarmärkte und besonders die Märkte für Genussmittel wie Zucker und Kakao beeinflussen dürfte: Nach Angaben des australischen Wetterdienstes könnte sich in der zweiten Jahreshälfte eine El Niño-Situation entwickeln, eine periodische Erwärmung des pazifischen Ozeans, die das Wetter in großen Teilen der Welt beeinflusst. Für Kakao hatte die Internationale Kakaoorganisation in einer Studie aus dem Jahr 2010 ermittelt, dass während El-Niño-Lagen die weltweite Kakaoproduktion aufgrund mangelnder Niederschläge in wichtigen Anbaugebieten um durchschnittlich 2,4% niedriger ist als bei neutralen Klimabedingungen.
Besonders betroffen ist nach dieser Analyse der weltweit drittgrößte Produzent Indonesien, der dann besonders unter Trockenheit leiden könnte. Aber auch in Westafrika mit den beiden Hauptanbauländern Elfenbeinküste und Ghana erhöht sich bei El-Niño die Wahrscheinlichkeit zu geringer Niederschläge mit der Folge einer eingeschränkten Produktion. Zuletzt war über zwei Jahre in Folge - wenn auch mit Schwankungen - das umgekehrte Klimaphämomen, La Niña, aktiv gewesen. La Niña wird mit Trockenheit in Teilen Südamerikas und erhöhten Regenfällen in Südostasien und Australien in Verbindung gebracht. Bei Kakao hatten gute Niederschläge in Westafrika zwei gute Ernten in Folge möglich gemacht, in 2010/11 wurde sogar ein Rekord aufgestellt. Derzeit weichen die Ausläufer von La Niña neutralen Bedingungen.