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Weiter im Abwärtssog

24.05.2012  |  Eugen Weinberg
Die Korrektur an den Rohstoffmärkten setzt sich fort. Der CRB-Rohstoffindex fiel gestern auf den tiefsten Stand seit September 2010 und hat seit Monatsbeginn knapp 9% verloren. Insbesondere der feste US-Dollar, welcher gegenüber dem Euro auf das höchste Niveau seit knapp zwei Jahren stieg, setzt die Rohstoffpreise unter Druck. Solange die Flucht aus Risikoanlagen anhält, dürfte dieser anhalten. Das niedrigere Preisniveau lässt allerdings physisches Kaufinteresse aufkommen, welches einem starken Preisrückgang entgegenstehen sollte.

Energie

Der Brentölpreis fiel auf ein 5-Monatstief von 105,4 USD je Barrel. WTI ging erstmals seit 7 Monaten unter der Marke von 90 USD je Barrel aus dem Handel. Der deutlich niedriger als erwartet ausgefallene Anstieg der US-Rohöllagerbestände um 883 Tsd. Barrel konnte die Preise ebensowenig stützen wie der erneut kräftige Rückgang der US-Benzinvorräte um 3,3 Mio. Barrel. Die Lagerbestände in Cushing stiegen in der Woche vor der Inbetriebnahme der umgekehrten Seaway-Pipeline um 1,7 Mio. Barrel. Sie dürften damit aber den Hochpunkt erreicht haben. Denn ab sofort können täglich bis zu 150 Tsd. Barrel Rohöl von Cushing an die US-Golfküste abfließen.

Auch der Umstand, dass die Atomgespräche mit dem Iran gestern ohne Ergebnis blieben und auf heute vertagt wurden, konnte die Ölpreise nicht nennenswert unterstützen. Laut IEA-Chefin van der Hoeven fehlen dem Ölmarkt derzeit täglich 300 Tsd. Barrel iranisches Öl. Wenn die Sanktionen vollständig in Kraft treten sollten, könnten sogar bis zu 1 Mio. Barrel pro Tag betroffen sein. Vor wenigen Wochen noch hätten derartige Aussagen den Ölpreis kräftig steigen lassen. Dies zeigt, wie stark sich die Marktstimmung inzwischen geändert hat.


Edelmetalle

Der Goldpreis konnte die Marke von 1.530 USD je Unze erneut erfolgreich verteidigen. Sollte die Bodenbildung in den kommenden Tagen anhalten, würde sich das charttechnische Bild erheblich verbessern und die derzeit abwartenden Anleger in den Markt zurückkehren. Einige von ihnen scheinen die Preisschwäche bereits zu nutzen, um ihre Positionen auszubauen. So hat der größte Gold-ETF, SPDR Gold Trust, nach dem starken Abfluss am Dienstag für gestern Zuflüsse von knapp 3 Tonnen gemeldet. Insgesamt reagieren die mehrheitlich langfristig orientierten Gold-ETF-Anleger auf die Preisturbulenzen bemerkenswert gelassen. Denn obwohl der Goldpreis von der Spitze im September 2011 bereits rund 20% abgegeben hat, stiegen die Bestände des SPDR Gold Trust im gleichen Zeitraum um knapp 36 Tonnen bzw. 3%.

Die gegenwärtige Preisschwäche nutzen offensichtlich auch die Zentralbanken der Schwellenländer aus, um ihre Goldreserven auszubauen. So hat der IWF vermeldet, dass im April die türkische Zentralbank 29,7 Tonnen zugekauft hat. Auch die Zentralbanken Mexikos, Kasachstans und der Ukraine haben einige Tonnen Gold zugekauft. Wir sehen die Zentralbanken als stabilisierendes Element am Goldmarkt und rechnen mit zunehmenden Goldkäufen, sollte der Goldpreis Richtung 1500 USD je Unze fallen.


Industriemetalle

Die Metallpreise bleiben im allgemeinen Abwärtssog: Kupfer fiel gestern kurzzeitig auf 7500 USD je Tonne, Aluminium auf 2000 USD je Tonne zurück. Der weitere Rückgang des von HSBC erhobenen Einkaufsmanagerindex für China von 49,3 auf 48,7 belastet heute zusätzlich die Stimmung. Dieser Index notiert allerdings bereits seit November unter 50 und liegt damit deutlich unter dem Niveau des offiziellen PMIs. Der physische Markt ist allerdings offensichtlich an einigen Stellen knapper als offizielle Lagerzahlen und aktuelle Preisniveaus vermuten lassen:

Rio Tinto Alcan fordert mit Verweis auf einen engen Markt von japanischen ALuminiumkäufern für das 3. Quartal eine Prämie von 200 USD je Tonne bzw.10% des heutigen LME-Preises bzw. rund 70% mehr als in diesem Quartal. Es wäre bemerkenswert, wenn sich diese Forderung angesichts der noch immer fast rekordhohen LME-Lagerbestände bei Aluminium durchsetzen lässt.

Auch die LME-Zinkvorräte sind mit 940 Tsd. Tonnen so hoch wie seit 1995 nicht mehr. Zwar wurde gestern gemeldet, dass die Zahl der gekündigten Lagerscheine um 18% auf knapp 73 Tsd. Tonnen gestiegen sei. Damit dürften die Abflüsse so hoch ausfallen wie seit November nicht mehr. Eine Trendwende bei den seit Mitte Dezember um 30% gestiegenen Zinkvorräten ist aber kaum zu erwarten. Denn dank eines kräftig steigenden Angebots dürfte im laufenden Jahr laut Prognose der Blei- und Zink Study Group ILZSG der Überschuss am Markt mit 250 Tsd. Tonnen fast ebenso hoch ausfallen wie im Vorjahr.


Agrarrohstoffe

Der Rohzuckerpreis ist in dieser Woche erstmals seit mehr als 20 Monaten unter die Marke von 20 US-Cents je Pfund gefallen. Neben der schlechten Marktstimmung und dem festen US-Dollar, welcher den Produzenten in Brasilien und Indien Preiszugeständnisse erlaubt, belastet das beträchtliche Überangebot den Preis. Laut Internationaler Zuckerorganisation dürfte das laufende Erntejahr 2011/12 einen Angebotsüberschuss von 6,5 Mio. Tonnen aufweisen. Bemerkenswert ist, dass das Überangebot im Erntejahr 2011/12 trotz einer fallenden Zuckerproduktion im weltgrößten Produzentenland Brasilien zustande kam. Sollte Brasilien seine Produktion in diesem Jahr wieder steigern, könnte der Marktüberschuss 2012/13 die bislang erwarteten 3 Mio. Tonnen übertreffen.

Diese Erwartung macht sich auch in der Marktpositionierung der spekulativen Finanzanleger bemerkbar. Die Netto-Long-Positionen fielen Anfang Mai auf das niedrigste Niveau seit Ende 2007. Ein Großteil der Nachrichten sollte mittlerweile eingepreist sein. Die Nachfrage dürfte bei den niedrigen Preisen anziehen und somit das Überangebot abbauen. Auch wenn die Preise angesichts der Marktstimmung kurzfristig noch etwas nachgeben dürften, rechnen wir mit einer baldigen Rückkehr über die Marke von 20 US-Cents. Die scheint auch die Terminkurve zu antizipieren, welche durchgehend ansteigt, was bei Zucker in der Vergangenheit selten der Fall war.

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